Der Doppelpost ist Absicht, um eine Abgrenzung zu meinem Post vorher zu schaffen.
9.) Über CD/DVD-Player und warum Plattenspieler doch nicht besser klingen...
Analog vs. Digital
Ein analoges System besitzt zu jedem Zeitpunkt einen Wert. Zwischen jedem Wert liegen unendlich viele weitere Werte.
Eine Schallplatte ist z. B. ein analoges Medium, weil in ihrer Rille das aufgenommene Musiksignal (theoretisch) unendlich fein enthalten ist.
Ein digitales System ist zeit- und wertdiskret, d. h. es gibt nur ganz bestimmte Zeitpunkte, deren Abstand voneinander die
Abtastrate ist, an denen nur einzelne Werte exisiteren. Man spricht von
Zeit- und Amplitudenquantisierung. Bei der CD sind es 44,1kHz und 16Bit (PCM).
Jetzt würde natürlich jeder sagen, "klar, analog ist besser weil es unendlich fein auflöst". Um das zu widerlegen, ein kleiner Exkurs in die Theorie der digitalen Signalverarbeitung.
Alles wie gehabt
Ich will hier niemanden mit Formeln quälen, wer das möchte, gerne eine PN an mich, dem schick ich ein PDF.
Beginnen wir mit der Zeitquantisierung, das ist der wichtigste Faktor, ohne den die digitale Übertragung gar nicht funktionieren würde.
Für den Laien ist es schwer verständlich (und ist für micht verständlich, dass es schwer verständlich ist
), wie aus wenigen Abtastwerten wieder das ursprüngliche Signal entstehen soll. Besonders am Extrempunkt, der Obergrenze der Abtastung. Wie soll aus zwei Abtastwerten (die Abtastfrequenz ist immer doppelt so hoch wie die höchste zu übertragene Frequenz; warum, dazu gleich) wieder etwas werden? Das kann doch nicht sein?
Die Antwort liegt wie so oft in der Mathematik. Nach
Shannon's Abtasttheorem ist es nämlich möglich, unter drei Bedingungen:
- das abzutastende Signal muss durch einen idealen Tiefpass bandbegrenzt sein, und zwar auf die Hälfte der Abtastfrequenz
- die Abtastung muss mit Dirac-/Deltaimpulsen erfolgen
- am Ausgang des D/A-Wandlers muss ein idealer Rekontruktionstiefpass das sogenannte Aliasing unterdrücken.
Aliasing entsteht, weil sich das ursprüngliche Spektrum des abgetasteten Signals periodisch über die Frequenz wiederholt.
Ein sehr anschaulisches Beispiel (nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern seltsamerweise von jemandem, der überhaupt keinen Plan von der Materie hat):
es hat wohl jeder schon einmal erlebt, wenn er an der Ampel stehend den anfahrenden Autos auf die Felgen schaut, dass die sich immer schneller drehen und plötzlich still zu stehen scheinen, um dann wieder zu beschleunigen.
Das ist Aliasing, unser Auge kann 25 Einzelbilder pro Sekunde auflösen (arbeitet also zeitdiskret), dreht sich die Felge gerade so, dass die Speichen jede 1/25 Sekunde an der Stelle der vor ihr liegenden ist, sehen wir ein Standbild. Dreht sie sich ein wenig schneller, sehen wir wieder eine langsame Bewegung.
Ich schrieb oben etwas von "ideal". Wie ja jeder wissen sollte, gibt es in der Natur nichts ideales. Es gibt keinen idealen Tiefpass (in der Systemtheorie gibt es ihn schon, er ist nur nicht realisierbar), es gibt keine Dirac-/Deltaimpulse (in der Theorie schon, nur eben nicht realisierbar).
Dennoch ist das ganze nicht hinfällig, man greift halt auf eine Annäherung zurück. Es wird jetzt mit Sprüngen abgetastet, denn die sind realisierbar.
Das hat zur Folge, dass das Spektrum mit der sinc-Funktion bewertet wird (sinc(x)=sin(x)/x), sinus cardinalis, manchmal auch mit "si" abgekürzt). Um das ursprüngliche Signal wieder zu rekonstruieren, muss man es also durch einen Filter mit umgekehrter sinc-Funktion schicken. Das wird heutzutage fehlerfrei auf digitalem Wege (FIR-Filter, Finite Impulse Response) erledigt.
Also ist die Zeitquantisierung kein Problem, kommen wir zur Amplitudenquantisierung.
Keine Treppchen
Eine große Verständnishürde ist die Amplitudenquantisierung. Dort wird gerne von Analogverteidigern auf die Treppchenbildung verwiesen. Diese ist auch tatsächlich vorhanden, allerdings nur direkt nach der Wandlung von Digital und Analog. Greift man an dieser Stelle mit einem Oszilloskop das Signal ab, erkennt man hinauf- und hinabgehende Treppenstufen.
Diese Treppchen werden aber durch den nachfolgenden Rekonstruktionstiefpass wieder glattgebügelt, sind also kein Problem.
Problematischer sind da schon die Quantisierungsfehler. Eben wegen der Quantisierung kann nicht jeder Wert exakt abgespeichert werden. Der Fehler existiert aber nur im niederwertigsten Bit. Dabei interessiert, wie groß denn der Abstand zwischen Nutzsignal und Fehler ist.
Dazu muss man sich erstmal über die max. Dynamik eines digitalen Signals im klaren sein: eine CD hat mit 16Bit eine max. Dynamik von 96dB, das entspricht ziemlich gut dem Dynamikumfang des Ohres (100dB, in jungen Jahren; nimmt mit dem Alter ab). 100dB bedeuten einen Unterschied zwischen dem leisesten und dem lautesten Geräusch von 1:100.000, 96dB ungefähr 1:63.100. Der max. Fehler beträgt - das lässt sich errechnen - bei 3dB, also haben wir einen Abstand von 93dB oder 1:44.668. Dieser Wert wird allerings nie ausgenutzt, um nach oben noch genügend Luft zu haben, die max. Dynamik bei Aufnahmen auf CD liegt bei ca. 90dB.
Das Problem an diesem Fehler ist, dass er in dieser Größenordnung immer existiert - ob jetzt das Signal laut oder leise ist. Bei extrem leisen Musikpassagen kann es also passieren, dass die Musik völlig im Rauschen untergeht. Um dem entgegenzuwirken wird die Dynamik bei der Aufnahme komprimiert, die leisen Stellen werden lauter abgespeichert als wirklich vorhanden, bei der Wiedergabe wird das wieder rückgängig gemacht. Früher machte man das noch analog und nannte es Emphasis. Das Verfahren wird auch bei Cassetten benutzt und nennt sich da Dolby B/C/S.
Inzwischen macht man das vollständig digital, und zwar indem man erst mit einer höheren Bitrate aufnimmt und dann auf 16Bit herunterkodiert (HDCD ist so ein Verfahren, und es funktioniert bestens). Im ISDN-Netz arbeitet man ähnlich, das Telefon kodiert 12-bittig, das Netz überträgt 8-bittig.
Und jetzt zum Duell: Analog gegen Digital
Die Eckdaten der CD sind uns jetzt bekannt:
Frequenzgang: 20-22.050Hz
Dynamik: 96dB (in der Praxis weniger)
Rauschabstand: 93dB (in der Praxis weniger)
Dagegen das beste analoge System, Mehrspurbandmaschinen:
Frequenzgang: 10-25.000Hz
Dynamik: max. 70dB
Rauschabstand: max. 70dB (bei analogen Systemen entsprechen sich Rauschabstand und Dynamikumfang)
Die Schallplatte kommt hier nicht mal annähernd mit.
Heißt: ein eindeutiges 2:1 für die CD.
1 Punkt für analog? Und dann auch noch der so wichtige Frequenzgang?
Dazu noch eine ernüchternde Erkenntnis über unser Ohr: bei 18.000Hz ist bei 20jährigen spätestens Schluss, darüber hören wir nichts mehr. Und auch das Spektrum von Instrumenten ist viel zu begrenzt, um da oben auch überhaupt noch eine Rolle zu spielen. Also völlig unwichtig.
Damit also ein klarer Zu-Null-Sieg für die CD.
Unterschied zwischen CD-Playern
Tja, meine lieben HighEnd-Manufakturen, leider sind Eure ach so teuren CD-Player kaum besser als ein 50€-Modell.
Zumindest über den Digitalausgang. Denn die Laufwerke lesen praktisch fehlerfrei aus, Kratzer auf der Oberfläche werden von der Fehlerkorrektur "eindeutig" wieder zurückgerechnet (außer bei extremen Fehlern, aber dann muss die CD ungefähr 3 Jahre im Dreck gelegen haben). Und die digitale Übertragung ist auch unglaublich störsicher, da brennt nichts an.
Über den Analogausgang gibt es doch noch ein paar Unterschiede, aber ob die eine Preisspanne von 50-10.000€ rechtfertigen?
Ich möchte jetzt nicht davon abraten, mehr für einen CD-Player (bei DVD-Playern gilt, zumindest beim Ton, das gleiche) auszugeben. Die etwas teureren bestechen meist durch bessere Verarbeitung, bessere Verarbeitung und besseres Aussehen. Koreanische Plastikbomber soll sich keiner hinstellen.
Nur irgendwann verwandelt sich ein angemessener Preis in schlichte Halsabschneiderei, vor allem wenn man diese Dinger dann mal aufschraubt. Kaum andere Technik drin als in einem halbteuren Gerät.
Nepper, Schlepper, Bauernfänger
Inzwischen besitzt fast jeder einen CD-Player, der Markt ist gesättigt. Ein gesättigter Markt ist für die Industrie aber eine Katastrophe, sie können nichts mehr absetzen.
Also muss etwas neues her! Und da kommt es doch sehr entgegen, dass kaum jemand genau über die Digitaltechnik Bescheid weiß. Und schon gar nicht über unsere eingeschränkten Fähigkeiten, zu hören.
Da werden dann ganz flugs neue Tonformate definiert (DVD-A, SACD), die mit einer Dynamik von weit über 100dB und einem auf bis zu 100kHz ausgeweiteten Frequenzgang (nochmal zur Erinnerung: wir hören bestenfalls bis 20.000kHz, bei einem Dynamikumfang von 100dB).
Man schwört die Fachpresse auf die neuen Formate ein, dass die auch schön in den Himmel gelobt werden. Und wenn dann ein Organ wie die Stiftung Warentest die absolut korrekte Aussage tätigt, dass nämlich die neuen Formate "nur was für Fledermäuse" wären, dann werden diese altehrwürdige Verbraucherschützer in Grund und Boden gestampft, es werden ihnen mangelnde Hörfähigkeiten und schlechte Testaufbauten bescheinigt (hab hier die passende Stereoplay liegen, da klingt richtig die Panik heraus
).
Und diese Fachpresse bequatscht auch ständig ihre Leser, dass die Schallplatte ja doch noch besser ist, diese "Wärme", "Luftigkeit", eben "Analogität". Wer diesen Post hier gelesen hat, weiß, was er davon halten kann.
Jetzt aber noch etwas zu den neuen Formaten.
DVD-A
DVD-A ist die eigentliche Nachfolgerin der CD, da sie auf der gleichen Technik beruht. Sie hat eine höhere Abtastrate (192kHz bei Stereo, 96kHz bei Mehrkanal). Die Daten sind nicht in der gleichen Form wie auf der CD gespeichert, sondern mittels MLP (Meridian Lossless Packaging) komprimiert. Komprimierung verringert natürlich die Möglichkeiten zur Fehlerkorrektur, trotzdem ist die Anfälligkeit sehr gering.
Der größte Vorteil gegenüber der CD: sie ist in der Lage, Mehrkanalton (max. 5 Kanäle + LFE) zu speichern.
SACD
Die SACD ist eine gemeinsame Entwicklung von Sony und Philips (die zusammen auch die CD entwickelt haben), allerdings mit völlig anderer Technik. Es ist das sogenannte PWM-Verfahren (Pulse Width Modulation, im Gegensatz zu PCM bei der CD, Pulse code Modulation), von Sony DSD genannt. Dabei wird das analoge Eingangssignal mit einer hochfrequenten Dreiecksspannung verglichen, am Ausgang stehen dann lauter 0 und 1. Vereinfacht kann man sagen, dass eine 1 ein steigendes, eine 0 ein fallendes Signal beschreiben.
Die D/A-Wandlung ist furchtbar einfach, ein simpler Tiefpass 2. Ordnung reicht aus.
Für PWM existiert allerdings kein Abtasttheorem, man kann also nicht mit abosluter Sicherheit sagen, dass das was vorne reingekommen ist wieder exakt dem Ausgang entspricht.
Auch die SACD ist in der Lage, Mehrkanalton zu verarbeiten.
Fazit
Um es kurz zu machen: die CD reicht für unser Ohr auf jeden Fall aus, vor allem wenn man bedenkt, dass die wenigsten Musikaufnahmen deren Fähigkeiten voll ausnutzen.
Darüber hinaus arbeitet sie mit weniger Fehlern als eine Schallplatte, und ist auch lange nicht so störanfällig.
Die neuen Formate haben ihre Vorteil allein in der Fähigkeit, Mehrkanalton abzuspeichern.
Gruß
Morgoth