Sofortprogramm gegen Killerspiele geplant
Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen will mithilfe eines Sofortprogramms den Schutz der Jugendlichen vor den sogenannten „Killerspielen“ stärken. Der Entwurf sieht unter anderem vor, alle Medien, die gewalthaltig sind, ohne vorherige Prüfung verbieten zu können.
Als gewalthaltig werden jedoch bereits jene Spiele, Videos und DVDs angesehen, die auf einen die Gewalt darstellenden Inhalt setzen. Die bisherige Praxis sah jedoch nur eine Indizierung von Medien vor, die als gewaltverherrlichend anzusehen sind; was nicht immer auch auf ein gewalthaltiges Medium zutreffen muss . Dies bedeute, dass die neue Definition der zu indizierenden Medien ein größeres Spektrum abdecke als bisher, also auch mehr der Unterhaltungsprodukte ein Verbot zu fürchten hätten. Im Zuge eines solchen dürften die indizierten Videos, DVDs oder Computerspiele nicht mehr an Personen unter 18 Jahren verkauft werden und zudem weder beworben noch in frei zugänglichen Geschäften angeboten werden.
Mit diesem klaren „Signal für Hersteller und Händler“ soll das Bewusstsein geschult werden, dass „diese Medien“ nicht „in die Hände von Kindern und Jugendlichen“ gehörten, so von der Leyen. Die entsprechende Gesetzesinitiative soll noch vor der Sommerpause verabschiedet werden.
Gänzlich andere Auswirkungen könnte zudem der aktuell dem Bundesrat vorliegende Gesetzesentwurf aus Bayern nach sich ziehen. In diesem wird nämlich vorgeschlagen, den Artikel 15 des Jugendschutzgesetzes entscheidend zu verkürzen. Gestrichen werden soll jener Passus, der den Verleih von indizierten „Trägermedien“ zumindest „in Ladengeschäften, die Kindern und Jugendlichen nicht zugänglich sind“ erlaubt. Dies würde jedoch bedeuten, dass neben sämtlichen Computerspielen, die keine Altersfreigabe für Jugendliche besitzen, auch jeder Horrorfilm ab 18 und jedes Video sowie jede DVD mit pornografischem Inhalt aus den Videotheken verschwinden müsse. Pornografie ist derzeit nämlich per se indiziert und mit einer Altersfreigabe ab 18 Jahren versehen. Entsprechende Vorstöße, die eine Freigabe pornografischer Inhalte für Jugendliche ab 16 fordern, dürften auf wenig Gegenliebe stoßen.
Begründet wurde der gestrichene Passus seitens der bayerischen Staatsregierung, indem darauf verwiesen wurde, dass es durchaus gängige Praxis sei, dass volljährige Personen die pornografischen Inhalte in der Videothek ausleihen und an Jugendliche weitergeben würden. Um diese Kette zu durchdringen, sei also das Verleihverbot notwendig. Fraglich ist jedoch, inwieweit der Gesetzesentwurf in dieser Form verabschiedet wird. Schließlich würde ein entsprechendes Gesetz nicht nur Jugendliche schützen, sondern auch eine Vielzahl Deutscher betreffen, die mit dem Ausleihen entsprechender Videos, speziell der pornografischen, eine potente Sparte der Filmindustrie bedienen. So ist Deutschland nach den Vereinigten Staaten der zweitgrößte Markt für Pornografie auf der Welt. Pro Monat erscheinen hier etwa 1.000 neue DVDs mit indiziertem Inhalt; der jährliche Umsatz betrage geschätzt etwa 800 Millionen.
Es erscheint in diesem Zusammenhang nicht unberechtigt, wenn viele Videotheken bei einem Verbot des Verleihs indizierter Medien ihre Existenz bedroht sehen. Das so zurückgehende Angebot in der Videothek führe dazu, dass sich sowohl Erwachsene als auch Jugendliche „in Zukunft einfach mehr Filme und Spiele illegal aus dem Internet ziehen“, so Heidi Grün, Chefin einer großen Münchner Videothek. Im bayerischen Sozialministerium sehe man die Interessen des Jugendschutzes jedoch vor denen des Kommerzes. Zudem könne man auch von Videotheken eine „ethische Fundierung“ verlangen.
Fraglich erscheint angesichts der sich anbahnenden Gesetzesinitiativen und -entwürfe, wo die Mündigkeit Erwachsener berücksichtigt wird. Diesen scheint derzeit nämlich mehr Selbstbestimmung abgesprochen zu werden als der ohnehin strenge Jugendschutz in Deutschland verbessert wird. Immerhin beträfe eine Regelung nach bayerischem Vorbild jeden Volljährigen, wohingegen die Zahl der Jugendlichen, die zusätzlich geschützt wird, nur schätzbar und damit vage wäre.