Hyte Y60 im Test: Aquarium für Hardware von Mini-ITX bis E-ATX

Jan Wichmann
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Hyte Y60 im Test: Aquarium für Hardware von Mini-ITX bis E-ATX

Das PC-Gehäuse Hyte Y60 zieht mit seiner außergewöhnlichen Form, den drei Glaselementen und einer vertikalen Grafikkartenaufnahme über Riser-Kabel die Blicke auf sich. Doch nicht alle Aspekte des Y60 können mit dem ersten Eindruck mithalten. Wer es leise mag, muss bei der Hardware Abstriche machen.

Die hierzulande noch unbekannte Firma Hyte präsentiert mit dem Y60 ein fünfeckiges Computergehäuse mit einer dreiseitigen Glasfront. Zur diesjährigen CES 2022 vorgestellt, findet es nun seinen Weg in den deutschen Handel. Mit seiner Aufmachung nimmt das Y60 unstrittig das Lian Li PC-O11 Dynamic Mini (Test) ins Visier. Hinter der Firma Hyte verbirgt sich der Systemintegrator iBuypower, der unter der Flagge Hyte nun Lifestyle-Komponenten anbieten will.

Auffällige Form mit viel Glas und vielen Lufteinlässen

Mit seinem fünfseitigen Design ist das Y60 eine auffällige Abwechslung im sonst biederen Gehäusemarkt. Die zur Front gewandten Seitenteile sind dabei aus 4 mm starkem Sicherheitsglas gefertigt. Das vordere Glaselement und das linke Seitenteil können entnommen werden. Beide Glasteile liegen ohne Dämpfung blank am Gehäuse an, sodass am Einschub die Gefahr für Kratzer besteht. Die einzelnen Glaselemente sind zudem rahmenlos verbaut, was jedoch auch dazu führt, dass sich an den Übergängen kleine Luftschlitze wiederfinden.

Ober- und unterhalb der Glasfront ist ein etwa 4,5 cm breiter Metallsteg, der im unteren vorderen Bereich das I/O-Panel beheimatet. Hier werden ein USB-C-3.1-Port (10 Gbit/s, 20-Pin-Key-A-Header), zwei USB-A-3.0-Steckplätze (5 Gbit/s) und ein kombinierter Kopfhörer-Mikrofon-Anschluss geboten. Die Position ist überaus gut und wesentlich besser als beim Widersacher Lian Li PC-O11 Dynamic Mini gewählt, da das Gehäuse zumeist gut sichtbar auf Schreibtischhöhe platziert werden dürfte, sodass die Anschlüsse im Sitzen erreicht werden.

Deckel und rechte Gehäusewand bestehen beinahe ausschließlich aus Lufteinlässen. Die Anordnung der Lufteinlässe im Streifendesign setzt einen optischen Akzent. Der Boden des Y60 ist vielmehr ein Sockel, in dem Lüfter und Kabel untergebracht werden. Um die Lüfter zu erreichen oder gar nur den Staubfilter zu reinigen, muss das Gehäuse jedoch auf die Seite gelegt werden. Die Rückseite kommt neben den obligatorischen Einschüben mit einer Besonderheit daher. Die eigentlichen Erweiterungsslots sind auf das Low-Profile-Format limitiert und die Grafikkarte wird in die Vertikale verbannt. Hierzu aber später mehr.

Hinsichtlich Wertigkeit und Verarbeitung trügt der doch positive Ersteindruck des Y60. Geblendet von der ungewöhnlichen Formgebung, fallen Makel erst beim genauen Betrachten auf. Was die Wertigkeit anbelangt, wirkt das Hyte Y60 wie „schnell zusammengeschustert“. Deckel und hinteres Seitenteil sind einzig durch den von innen vollflächig aus Kunststoff bestehenden Staubfilter halbwegs verwindungsstabil. Die einfache Materialstärke der Stahlelemente beträgt 0,8 mm. Massivere Bauteile wie etwa der längs verlaufende Rahmen messen etwa 1,4 mm Materialstärke. Die Art und Weise der Staubfilter und die Masse an Kunststoff schmälern den allgemeinen Wertigkeitseindruck. Die Staubfilter können zudem nicht einzeln entnommen werden, sodass jede Rille einzeln umständlich mittels Pinsel gesäubert werden muss. Gekrönt wird all das von gleich mehreren auffälligen Spaltmaßen und schief sitzenden Anschlüssen. Zumindest sind keine scharfen Kanten oder schlechten Nietpunkte auszumachen.

Geräumiger Innenaufbau mit Vertikalzwang

Der Innenraum teilt sich, wie mittlerweile beinahe üblich, in zwei Kammern. Die vordere Kammer dient der Hardware, wobei insbesondere die Grafikkarte erwähnt werden muss. Mit Ausnahme weniger Low-Profile-Karten ist der Einbau der Grafikkarte lediglich vertikal möglich. Bieten andere Gehäuse dies zumeist optional an, ist es beim Hyte Y60 von Haus aus so vorgesehen. Das hierfür benötigte PCIe-4-Riser-Kabel ist im Lieferumfang bereits enthalten. Die Grafikkarte wird so mit ihrer gesamten Flanke zur Schau gestellt, was jedoch auch Einschränkungen mit sich bringt. Ist die maximale Länge von 375 mm weniger von Belang und genügt für nahezu jedes aktuelle Grafikkartenmodell, so ist die maximale Tiefe von 75 mm ein entscheidender Faktor. Hyte selbst empfiehlt zur bestmöglichen Kühlung sogar eine maximale Tiefe von 60 mm, da die Karte ansonsten direkt an der Glasseitenwand stehen würde.

Hyte Y60 im Test: Innenraum mit vormontiertem PCIe-Riser
Hyte Y60 im Test: Innenraum mit vormontiertem PCIe-Riser
Hyte Y60 im Test: Innenraum mit vormontiertem PCIe-Riser
Hyte Y60 im Test: Innenraum mit vormontiertem PCIe-Riser
Hyte Y60 im Test: Gehäuse Rückseite
Hyte Y60 im Test: Gehäuse Rückseite
Hyte Y60 im Test: Deckeleinsatz mit Lüfter-Bracket
Hyte Y60 im Test: Deckeleinsatz mit Lüfter-Bracket

Ansonsten bietet die Hardware-Kammer wenig Ungewöhnliches. Aufgenommen werden Platinen bis maximal E-ATX. Kabeldurchlässe sind ausreichend und gut positioniert vorhanden. Übereck und zur rechten Gehäuseseite gewandt, lassen sich zwei Lüfter verbauen. Die hintere Kammer dient der Unterbringung des Netzteils, der Festplatten und der Kabel.

Belüftungsoptionen

Ohne direkte frontseitige Luftzufuhr ist das Hyte Y60 wie schon das Lian Li PC-O11 Dynamic Mini bauformbedingt vorrangig auf die Nutzung einer (AiO-)Wasserkühlung ausgelegt. Insgesamt fasst das Y60 bis zu acht 120-mm-Lüfter. Zur Unterbringung von Radiatoren eignen sich jedoch lediglich die Plätze an der rechten Gehäusewand oder im Deckel. Die beiden Lüfterplätze im Boden sind auf maximal 25 mm in der Höhe beschränkt.

An der rechten Seite können höchstens 280-mm-Radiatoren verbaut werden. Die Tiefenbeschränkung von 150 mm ist dabei zu vernachlässigen. Im Deckel darf der Radiator bis zu 360 mm groß sein. Für die Montage kann ein im Deckel verschraubtes Bracket entnommen werden. Oberhalb der Lüfterhalterung stehen rund 28 mm zur Verfügung, während unterhalb rund 26 mm bis zum Mainboard Platz sind.

Einbau und Alltagserfahrungen

Der Hardware-Einbau gelingt beim Y60 nicht vollends reibungslos. Beim Einsetzen des Mainboards muss auf das Riser-Kabel geachtet werden, was zu verschmerzen ist. Nach dem Festziehen der Mainboard-Schrauben fällt jedoch auf, dass der Hecklüfter ab Werk so montiert ist, dass das Kabel direkt in das Anschluss-Panel des Mainboard reicht – ärgerlich. Dessen ungeachtet sind die Kabel des I/O-Panels ausreichend lang bemessen. Sie sollten jedoch unbedingt vor dem Einbau der Grafikkarte angeschlossen werden, da die Erreichbarkeit danach nahezu unmöglich ist.

Als widerspenstig stellen sich hingegen die unteren Lüfterplätze heraus. Beide nehmen entweder 120- oder 140-mm-Lüfter auf. Sind ab Werk 120-mm-Modelle verbaut, sollten sie im Testdurchlauf gegen 140-mm-Exemplare getauscht werden. Dies gestaltete sich jedoch schwieriger als erhofft. Beim Ansetzen des Lüfters auf die dafür vorgesehenen Bohrungen konnte zunächst immer nur eine Seite (oben oder unten) verschraubt werden, während die Schrauben auf der gegenüberliegenden Seite nie griffen. Nach dem Abnehmen des Ventilators zeigt sich neben den Bohrungen abgekratzter Lack, sodass davon auszugehen ist, dass die Bohrabstände minimal zu knapp bemessen sind. Mit etwas Kraft konnten die Lüfterrahmen im Test jedoch in die richtige Position gebracht werden. Grund zur Kritik gibt auch der Festplattenkäfig, der über keine Festplattenentkopplung verfügt – der Lian-Li-Kontrahent bietet das hingegen. Aufgrund der größeren Außenmaße kann das Y60 zumindest beim Platzangebot in der hinteren Kammer punkten. Zwar gibt es keine Kabelschächte, doch sind ausreichend Ösen zum Fixieren mittels Kabelbinder vorhanden. Eine Blende, um die Kabel zu verdecken, würde dem Y60 aber sehr gut stehen.

Hyte Y60 im Test: Lüfterkabel blockiert Heckpanel
Hyte Y60 im Test: Lüfterkabel blockiert Heckpanel
Hyte Y60 im Test: Bohrungen für Lüfter im Boden weichen leicht ab
Hyte Y60 im Test: Bohrungen für Lüfter im Boden weichen leicht ab
Hyte Y60 Datenblatt
Hyte Y60 Datenblatt (Bild: Hyte)

Schon beinahe peinlich ist der Fakt, dass Hyte sein Y60 anscheinend selbst nicht richtig kennt. Laut Datenblatt nimmt das Y60 CPU-Kühler mit einer Höhe von maximal 160 mm auf. Im Test fand mühelos ein be quiet! Dark Rock Pro 4 (Höhe 163 mm) Platz. Grob geschätzt dürfte selbst ein Noctua NH-D15 (Höhe 165 mm) hineinpassen. Ein falsches Datenblatt hält direkt potentielle Käufer ab, was seitens Hyte unbedingt angepasst werden sollte. Ebenso falsch, wenn auch nicht ganz so dramatisch, ist die Angabe zur Lüfterbestückung. Im Datenblatt führt der Hersteller für den Deckel einzig drei 120-mm-Lüfter auf. Real können jedoch auch zwei 140-mm-Lüfter verstaut werden.

Hyte Y60 Lian Li PC-O11 Dynamic Mini Lian Li O11 Dynamic Evo
Mainboard-Format: E-ATX, ATX, Micro-ATX, Mini-ITX ATX, Micro-ATX, Mini-ITX E-ATX, ATX, Micro-ATX, Mini-ITX
Chassis (L × B × H): 456 × 285 × 462 mm (60,04 Liter)
Seitenfenster
420 × 270 × 380 mm (43,09 Liter)
Seitenfenster
465 × 285 × 459 mm (60,83 Liter)
Seitenfenster
Material: Kunststoff, Stahl, Glas Stahl, Aluminium, Glas
Nettogewicht: ? 8,50 kg 12,70 kg
I/O-Ports / Sonstiges: 1 × USB 3.1 (USB 3.2 Gen 2) Type C, 2 × USB 3.0 (USB 3.2 Gen 1), HD-Audio 1 × USB 3.1 (USB 3.2 Gen 2) Type C, 2 × USB 3.0 (USB 3.2 Gen 1), HD-Audio
Beleuchtung (RGB)
Einschübe: 2 × 3,5"/2,5" (intern)
2 × 2,5" (intern)
2 × 3,5"/2,5" (intern)
4 × 3,5" (intern)
9 × 2,5" (intern)
Erweiterungsslots: 7
(Low Profile)
7 8
Lüfter: Heck: 1 × 120 mm (1 × 120 mm inklusive)
Deckel: 2 × 140 mm oder 3 × 120 mm (optional)
Seitenteil rechts: 2 × 140/120 mm (optional)
Boden: 2 × 140/120 mm (2 × 120 mm inklusive)
Heck: 1 × 120 mm (optional)
Deckel: 2 × 140 mm oder 3 × 120 mm (optional)
Seitenteil rechts: 2 × 140 mm oder 3 × 120 mm (optional)
Boden: 2 × 140 mm oder 3 × 120 mm (optional)
Staubfilter: Deckel, Netzteil, Boden, Seitenteil Boden
Kompatibilität: CPU-Kühler: 160 mm
GPU: 375 mm
Netzteil: 235 mm
CPU-Kühler: 170 mm
GPU: 370 mm
Netzteil: 165 mm
SFX-Formfaktor
CPU-Kühler: 167 mm
GPU: 422 mm
Netzteil: Unbeschränkt
Preis: ab 196 € ab 114 € ab 152 €