Betreiber haftet für Forenbeiträge
In einem Urteil gegen heise online bestätigte das Hamburger Landgericht eine einstweilige Verfügung, die es heise online verbietet, Forenbeiträge zu verbreiten, in denen dazu aufgerufen wird, den Server-Betrieb eines Unternehmens durch massenhaften Downloads eines Programms zu stören.
Im konkreten Fall hatten im Forum von heise Mitglieder ein Script veröffentlicht, durch das der Download-Services des Unternehmens Universal Boards gefährdet werden konnte. Der Anwalt von Universal Boards verlangte per Abmahnung es zu unterlassen, „an der Verbreitung von 'Leserkommentaren' mitzuwirken“, in denen dazu aufgerufen wird den Server seines Mandanten in die Knie zu zwingen. Nachdem heise online durch die Abmahnung Kenntnis von dieser Sache erlangte, wurden die entsprechenden Beiträge unverzüglich gelöscht.
Allerdings wies heise online die geforderte Verpflichtung von sich, da man nach eigener Ansicht erst nach Kenntnis der rechtswidrigen Beiträge handeln muss. Dies wies das Hamburger Landgericht nach einer einstündigen mündlichen Verhandlung mit der Erklärung zurück, dass der Verlag allein durch die Verbreitung haftbar zu machen sei, ob er von den geäußerten Beiträgen Kenntnis hat oder nicht, denn der Verlag könne die Texte vorher schließlich automatisch oder manuell prüfen. Der Art und Weise, wie heise online sein Forum betreibe, fordere ein rechtswidriges Verhalten der Nutzer geradezu heraus, so der Richter. Der Einwand von heise online, dass eine automatische Filterung erwiesenermaßen nicht funktioniere und eine manuelle Prüfung jedes Beitrags angesichts von über 200.000 Beiträgen im Monat nicht möglich ist, lies das Hamburger Landgericht nicht gelten. Damit zwingt das Hamburger Landgericht faktisch jeden Betreiber von Foren, Blogs, Gästebüchern und sogar Chaträumen alle Beiträge vor Veröffentlichung auf mögliche Rechtsverstöße zu prüfen.
Dass dieser Schnellschuss des Hamburger Landgerichtes äußerst kurzsichtig und mit normalem Menschenverstand kaum vereinbar ist, leuchtet wohl jedem ein. Viel peinlicher jedoch ist, dass das Urteil des Hamburger Landgerichts offenbar in krassem Gegensatz zum geltenden Recht sowie einer EU-Richtlinie steht. So heißt es im §11 des Gesetz über die Nutzung von Telediensten:
„Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern
1. sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird, oder
2. sie unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben.“
Dieser scheinbar verspätete Aprilscherz des Hamburger Landgerichts wäre wohl perfekt gewesen, wenn man als Strafe gegen die Betreiber von heise online Tod durch den Strang oder Ähnliches ausgesprochen hätte. So bleibt die Fragen offen, was die Richter zu diesem skurrilen Urteil bewegt hat. Der Heise Zeitschriften Verlag hat bereits angekündigt, nach Erhalt der Urteilsbegründung Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Hamburger Landgerichts einzulegen.