Joost: Fernsehen im digitale Wandel der Medienwelt
2/5Joost auf einen Blick
Verbreitung
Joost vereint im Prinzip all das, was Zenström und Friis in ihren bisherigen Projekten verwirklicht haben. Im Hinblick auf die Übertragung unterscheidet es sich im Vergleich zu vielen anderen Angeboten in der Anwendung einer P2P-Lösung. Quasi nach Kazaa-Vorbild werden die Inhalte nicht zentral gespeichert und dann verteilt, sondern von den Benutzern zur Verfügung gestellt. Sobald man als Benutzer beispielsweise Show X angesehen hat, wird man automatisch zum Bereitsteller des Inhalts für den nächsten Benutzer, der sich für die Show interessiert.
Vor- & Nachteile von P2P
Die Verwendung dieser P2P-Lösung, wie sie beispielsweise auch bei Sharing-Applikationen wie BitTorrent zum Einsatz kommt, hat Vor- und Nachteile. Zum einen kommt es ab einer bestimmten Anzahl von Usern kaum noch zu Performance-Problemen. Im Gegenteil: Je „älter“ und damit häufig auch verbreiteter das Material ist, desto schneller die Übermittlung. Dabei werden die Inhalte ausschließlich von professionellen Medien zur Verfügung gestellt, wodurch zumindest der Theorie nach nur (technisch) qualitativ hochwertiges Material über Joost ins Wohnzimmer gelangt. Die Inhalte in der Beta-Version bestätigen dies bisher weitgehend. Außerdem erfüllen die Inhalte mit der P2P-Lösung à la Joost das Kriterium der stetigen Verfügbarkeit: Der Zuschauer ist frei von Zeitdruck – der Begriff „Sendezeit“ verliert seine Relevanz, weil das Material zu jeder Zeit und von jedem Ort mit Breitband-Internetzugang abgerufen werden kann.
Auf der anderen Seite kann ein Dienst wie Joost aufgrund der zugrundeliegenden Verbreitungstechnik von Hause aus nur schwer mit tagesaktuellen Inhalten glänzen. Vom Einstellen eines Clips bis zu einer passablen Verbreitung wird es immer einige Zeit dauern, sodass Joost nach aktuellem Stand wohl eher nicht die Tagesschau ablösen wird. Und auch das Datenaufkommen sollte man nicht unterschätzen: Laut offiziellen Angaben frisst Joost bei dauerhafter Benutzung in der Stunde zwischen 300 und 400 MByte (320 herunter, 100 hoch), sodass man mit schwächeren DSL-Anbindungen die Inhalte unter Umständen eben doch nicht ruckelfrei genießen kann. Um letzterem Problem entgegen zu wirken, kommt bei Joost mit H.264 (MPEG-4 Part 10) ein Codec zum Einsatz, der die Verbreitung unter vergleichsweise kleinem Datenaufkommen garantiert. Im Test mit einer DSL 6000 Anbindung konnten sich die genannten Zahlen mit rund 180 MByte in der Stunde nicht bestätigen und bewegen sich in einem annehmbaren Rahmen.
Bedienung
Nachdem die knapp zehn MByte große Installationsdatei ausgeführt wurde, kann Joost nach der Erstellung eines Accounts umgehend benutzt werden. Allerdings bedarf es zum Herunterladen der Installationsdatei einer Einladung eines anderen Betatesters. Bei der Anmeldung werden mit dem Vor- und Nachnamen sowie dem Alter und Geschlecht vergleichsweise wenig Daten erhoben.
Joost wird im Wesentlichen über zwei Punkte bedient: „My Channels“ und „My Joost“. Beide werden während der Benutzung immer dann eingeblendet, wenn während einer Wiedergabe die Maus bewegt wird.
Über „My Channels“ stehen dem Benutzer alle in der Beta verfügbaren Sender zur Verfügung. Praktisch: Wer sich bereits jetzt von der Masse der angebotenen Inhalte erschlagen fühlt, kann über eine recht solide funktionierende Suchfunktion gezielt nach Inhalten suchen. Außerdem können die zu Beginn verfügbaren, nach Themen sortierten Kanäle beliebig erweitert werden. So liefert der Button „Channel-Catalog“ eine detaillierte, nach Genres sortierte Liste mit weiteren Sendern, die ebenfalls mit einer Suchfunktion durchforstet werden können. Auf diese Weise lässt sich mit etwas Geduld schnell ein eigenes Channel-Portfolio erstellen, in dem nur noch Inhalte wiedergegeben werden, die den persönlichen Interessen entsprechen.
Wieder im Bereich My Channels angelangt kann man entweder einen Sender starten oder sich zunächst Informationen zu den Inhalten anzeigen lassen. Über einen dritten Menüpunkt gelangt man in eine Übersicht, in der aufgelistet wird, aus welchen Showelementen sich der Kanal zusammensetzt.
Der Bereich „My Joost“ stellt das Web-2.0-Rückgrat von Joost dar. Hier können zunächst primär Freunde eingeladen werden; sofern diese auch gleichzeitig online sind, kann über ein integriertes Fenster auch gechattet werden. Über den Button „Widget Menu“ gelangt man zu einer Übersicht über die interaktiven Community-Features von Joost, als da wären: News Ticker (RSS), Instant Messaging, eine Uhr, die Invite-Funktion, die Möglichkeit, Inhalte zu bewerten, ein Channel-Chat, in dem anderen, einem unbekannten Zuschauern geschrieben werden kann, eine Blog-Funktion sowie ein schwarzes Brett.
Insgesamt gestaltet sich die Steuerung von Joost übersichtlich und ansehnlich.