Mehrheit der Deutschen ist für Bundestrojaner
Nach den Festnahmen dreier Islamisten am 6. September, die Bombenanschläge im großen Stil vorbereitet haben sollen, stieg die Zahl der Befürworter der Online-Durchsuchung verdächtiger Einzelpersonen deutlich. In noch stärkerem Maße nahm gar die Zahl der Gegner des sogenannten Bundestrojaners ab.
So zeigt eine Studie im Auftrag der ARD, dass mittlerweile 58 Prozent der Deutschen Durchsuchungen von Privat-PCs via Internet befürworten, wenn dies zur Bekämpfung des Terrorismus dient. Nur 36 Prozent der Befragten seien weiterhin gegen Online-Durchsuchungen. Vor dem 6. September, also noch bevor die Festnahme der drei Islamisten bekannt gegeben wurde, stimmte nur jeder zweite für eine Online-Durchsuchung; 47 Prozent der Deutschen waren dagegen.
Die seit wenigen Tagen wieder in das Bewusstsein der Deutschen zurückgekehrte stete Terrorgefahr auch hierzulande ist für das neue Umfrageergebnis aber wohl weniger verantwortlich. So gaben nur 18 Prozent der befragten an, sich unsicher zu fühlen, 81 Prozent hingegen sehen sich hierzulande nicht direkt durch eine abstrakte wie reale Terrorgefahr bedroht. Der Zusammenhang zwischen den vereitelten Anschlägen und den Online-Durchsuchungen könnte ohnehin weitergehen und den Einsatz des Bundestrojaners nicht nur für die Zukunft nahe legen, sondern auch für die Vergangenheit bestätigen. So merkte ein baden-württembergischer Beamter an, dass die Amerikaner selbstverständlich „permanente Online-Durchsuchungen“ durchführen. Dies sei auch in diesem Fall geschehen, wie der Beamte gegenüber der Welt verdeutlicht hat. „Die Deutschen lehnen so etwas ab. Vor Anschlägen geschützt werden wollen sie aber trotzdem.“
Offiziell ging die Kooperation der deutschen mit den amerikanischen Behörden nicht über eine sehr gute Zusammenarbeit beim Informationsaustausch hinaus; mehr noch gehe das Auffinden und die Festnahme der drei Islamisten ausschließlich auf das Konto deutscher Behörden, heißt es aus dem Weißen Haus. Woher jedoch entscheidende Informationen kamen, die die Amerikaner geliefert haben, wollte auch Innenminister Schäuble nicht direkt beantworten: „Ich weiß nicht, woher unsere Partnerdienste die Informationen haben, aber wir haben von ihnen ganz wichtige Informationen bekommen, die unsere Sicherheitsbehörden in die Lage versetzt haben, diese erfolgreiche Aktion durchzuführen.“
Unter Umständen hat sich das Bundeskriminalamt hierzulande aber auch gar nicht so sehr auf Informationen jenseits des Atlantiks berufen müssen. Immerhin wurde auch in Nordrhein-Westfalen bereits Ende letzten Jahres ein neues Verfassungsschutzgesetz durchgewunken, das Online-Durchsuchungen ermöglicht – durch den Verfassungsschutz selbst. In jedem Fall erscheint die Überwachung der Internetaktivitäten durch Behörden im Fall der drei mutmaßlichen Islamisten mehr als wahrscheinlich – und wenig verwunderlich für Sicherheitsexperten.
Dass da natürlich auch Befürworter und Kritiker des Bundestrojaners wieder in ihr Horn blasen, war abzusehen. So untermauerte Innenminister Schäuble einmal mehr, dass vor allem vor dem Hintergrund der vereitelten Terroranschläge in „eng begründeten Fällen“ Online-Durchsuchungen notwendig seien. Kritiker des Trojaners verweisen hingegen darauf, dass es (offiziell) auch ohne zu einer Abwehr der Bombenanschläge reichte.
Verschiedene Medien zeichnen unterdessen den kriminellen Charakter nach, der auch die Internetaktivitäten der drei festgenommenen Islamisten auszeichnen soll. So will das Boulevardblatt Bild erfahren haben, dass die mutmaßlichen Attentäter nicht direkt über E-Mails kommuniziert haben, sondern ihren elektronischen Schriftverkehr stets nur in einem „Entwürfe“-Postfach eines E-Mail-Anbieters abgelegt hätten. Die E-Mails seien dann, da jeder die Login-Daten des Accounts kannte, gelesen worden, ohne sie verschickt zu haben. Ferner vermeldet die Süddeutsche Zeitung, dass sich die Mitglieder der Terrorzelle in ungeschützte W-LAN-Netzwerke eingeklinkt und so unter fremder IP-Adresse Kontakt mit Personen in Pakistan aufgenommen haben sollen. Dies wurde mit Hilfe des us-amerikanischen Geheimdienstes zwar schnell bemerkt, die Überwachung des E-Mail-Verkehrs der Terrorverdächtigen durch deutsche Behörden fand, laut Süddeutscher Zeitung, dennoch nach kurzer Zeit ein Ende. So hätten die drei Anhänger der Islamic Jihad Union (IJU) in der Endphase ihres Projektes den E-Mail-Verkehr verschlüsselt und so die Fahnder blind gemacht – „Da hätte uns ein Trojaner geholfen, um da einzudringen.“