Crysis Warhead im Test: Die bildhübsche Neuauslage aus Deutschland

 6/6
Sasan Abdi (+1)
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Fazit

Dieser Test brachte erwartungsgemäß häufig Formulierungen à la „im Vergleich zum Vorgänger“ hervor. Der Grund hierfür ist darin zu finden, dass „Crysis Warhead“ sich in jeder Hinsicht direkt mit „Crysis“ vergleichen lässt, da es wie angekündigt eher ein Zwischenspiel zu einem zweiten Teil der Reihe darstellt. Das bei „Crysis“ so dominante Spannungsfeld „Grafik – Performance“ ist aufgrund einer leicht überarbeiteten visuellen Umsetzung auch für die Fortsetzung der Reihe relevant. Auch mit Blick auf die anderen in diesem Test beleuchteten Aspekte offenbaren sich einige Parallelen. Dementsprechend gestaltet sich „Crysis Warhead“ als ein solide aufgebohrtes Standalone-Add-on, das mit einer neuen, gewohnt kurzweiligen und handlungstechnisch flachen Umsetzung aufwartet. In Sachen Technik haben die Macher von Crytek dagegen erneut alles richtig gemacht, denn wer nach einem „S.T.A.L.K.E.R.: Clear Sky“ die Nase von Bugs und Ungereimtheiten gestrichen voll hat, wird sich über die runde technische Umsetzung von „Warhead“ sowie den verbesserten Mehrspieler-Modus erst recht freuen.

Abgesehen von diesen grundlegenden Dingen stellen sich somit abschließend wie schon bei „Crysis“ zwei höchst individuelle Fragen. Die eine betrifft den eigenen Anspruch an die Ausreizung der technischen Möglichkeiten. Denn wer „Warhead“ tatsächlich im absoluten Maximum genießen möchte, wird trotz einiger Optimierungen nicht umhin kommen, neben den zurecht moderaten Anschaffungskosten von rund 30 Euro für das Spiel auch in eine entsprechende Hardware-Ausrüstung zu investieren. Die zweite Frage bezieht sich dagegen auf die Ausgestaltung der Handlung: Es soll noch immer Spieler geben, die sich im Shooter-Genre mit einem lauen Plot abspeisen lassen – schließlich käme es ja nur auf die Action an. Dem soll an dieser Stelle von einem natürlich subjektiven Standpunkt aus deutlich widersprochen werden. Nach dem inhaltlich sehr konventionellen „Crysis“, dem allein die Grafikpracht reichte, um in die „Hall of Fame“ der Spiele einzuziehen, hätte es für „Warhead“ etwas mehr bedurft, um Selbiges erneut zu erreichen. Ein spannender, weniger typischer Plot hätte hierzu sehr hilfreich sein können. Das Fehlen jeglicher Innovation macht – man erinnere sich an das Vorwort zu diesem Test – in dieser Hinsicht jegliche Chance zunichte.

Crysis Warhead im Test

Und so bleibt „Crysis Warhead“ ein gutes aber keinesfalls herausragendes Spiel. Letzten Endes ist der Titel – wie schon der Vorgänger – eine höchst individuelle Sache. Wer tatsächlich nur auf Action Wert legt, wird bestens bedient, sollte aber aufhören, Innovation zu fordern. Da die aufkommenden inhaltlichen Unklarheiten in diesem Fall weitgehend irrelevant sind, gilt dies auch für all jene, die „Crysis“ nicht gespielt haben. Wer dagegen auch auf inhaltlichen Tiefgang hofft, wird mit „Warhead“ erneut schlecht bedient. Ob die gute technische Umsetzung dies in jedem Fall zu überspielen vermag, ist fraglich, aber nicht ausgeschlossen.

Umso besser, dass Crytek kürzlich die baldige Verfügbarkeit einer „Warhead“-Demo angekündigt hat.

Persönliches Fazit von Andreas Frischholz:

Allzu viele Erwartungen hatte ich nicht an „Crysis Warhead“. Spätestens nachdem bekannt wurde, dass die ungarische Zweigstelle von Crytek für den Titel verantwortlich ist und die Geschichte nicht weitergeführt, sondern lediglich aus der Sicht eines anderen Soldaten erzählt wird, rechnete ich mit einer äußerst lieblosen und trägen Fortsetzung. Zu meinem großen Erstaunen gefällt mir „Crysis Warhead“ recht gut, in vielen Teilen sogar wesentlich besser als das Ur-Crysis. Das liegt in erster Linie an dem deutlich charismatischeren Protagonisten sowie den aufwändiger inszenierten Gefechten gegen die Koreaner.

Während man in „Crysis“ noch einen recht spröde wirkenden Ja-Sager verkörperte, entspricht „Psycho“ eher dem Klischée eines US-amerikanischen Supersoldaten: Dicke Lippe, eigensinniges Handeln – auch über die Vorschriften und Befehle hinaus – und doch mit einer grundfesten Moral gegen das Böse ankämpfend. Das ist nun nicht unbedingt kreativer als das Bekannte aus dem ersten Teil, sorgt aber für mehr Atmosphäre, zumal auch ein größeres Augenmerk auf die Charaktere außerhalb der Spezialeinheit gelegt wird. Die Story an sich dreht sich in erster Linie um den Kampf gegen die Koreaner, was dem Spiel zu Gute kommt – die Kämpfe gegen menschliche NPCs gehen flotter von der Hand als jene gegen die Alien-Invasoren, zudem fallen die Passagen in schwerelosen Alien-Schiffen weg, die von Vielen als die schwächsten Abschnitte im ersten Crysis ausgemacht wurden.

Eine der größten Schwächen in „Crysis Warhead“ ist allerdings, dass es den Entwicklern nicht gelingt, die Geschehnisse von „Crysis“ transparent in die neue Geschichte zu übertragen. Wer „Crysis“ nicht kennt, wird mit diversen Story-Lücken konfrontiert, allein der Anfang wirkt bereits recht konfus und auch im weiteren Spielverlauf erfährt man nicht viel über den Kampf zwischen den Amerikanern, Koreanern und Alien. Außerdem handelt es sich wirklich um eine Parallel-Story, Überschneidungen mit dem ersten Teil – die für ein deutliches Atmosphäreplus sorgen könnten – fehlen jedoch fast vollständig. Wenn sie dann aber zu erkennen sind, wirken sie eher unausgegoren und zusammenhanglos. Außerdem fällt die Spielzeit des Single-Players noch kürzer aus als in „Crysis“ und mit Ausnahme von zwei neuen Waffen und Fahrzeugen sind auch keine Neuerungen in das Spiel integriert worden. Dafür hat Crytek den Multiplayer-Part aufgebohrt, der eine höhere Anzahl von Spielmodi bietet und als kleine Entschädigung für den kurzen Single-Player angesehen werden kann.

Dennoch lohnt sich der Kauf für all’ diejenigen, die bereits den ersten Teil mochten oder einfach auf der Suche nach einem flotten Action-Spiel sind, das im optischen Bereich immer noch Maßstäbe setzt. Spieler, die den Fokus in erster Linie auf eine ausgeprägte Story legen, sollten lieber erst die Demo anspielen.

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