Intel Core 2 Quad Q8200s und Q9550s im Test: Der blaue Riese wird grün

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Volker Rißka
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Woher kommt die TDP von 65 Watt?

Quad-Core-CPUs von Intel mit einer TDP von 65 Watt waren bisher nur für den Server-Bereich vorgesehen. Mit den drei Modellen Core 2 Quad Q9550s, Q9400s und Q8200s sind sie seit Ende Januar 2009 auch im Desktop-Portfolio zu finden. Wir haben uns durch die Spezifikationen gearbeitet und mehrere Male mit Intel gesprochen, um herauszufinden, inwiefern sich diese Prozessoren von den bisherigen Modellen unterschieden. Denn greift man allein zu den bereitgestellten PDF-Dokumenten und Specification Updates, wird man nicht schlau. Denn laut diesen sind die drei Quad-Core-CPUs mit 65 Watt identisch zu den bisherigen drei Modelle. Mit der Spannung geht der Prozessor variabel um, als maximale Stromstärke vertragen alle Modelle 100 Ampere. Doch woher kommt die Klassifizierung in die einzelnen TDP-Sektionen?

maximale Verbrauchswerte seitens Intel
maximale Verbrauchswerte seitens Intel

Nach vielen E-Mails und längeren Telefonaten mit Intel sind wir nun schlauer. Aber auch die offiziellen Herren mussten dazu weiter ausholen (und weitere Kollegen befragen), um das gesamte Prozedere verständlich darzustellen. Denn im Prinzip sind alle Quad-Core-Prozessoren auf einem Wafer erst einmal gleich. Durch verschiedene automatisierte Verfahren wird dann beispielsweise mit einer Art „Bürste“ festgestellt, wie viel Ampere (Icc) ein zukünftiger Prozessor maximal vertragen kann. Dabei erfolgt direkt auf dem Wafer bereits die erste Einstufung, denn schafft ein „Die“ 140 Ampere, wird aus ihm ein QX9770, bei 125 Ampere eine QX9650, alle anderen mit maximal 100 Ampere werden die handelsüblichen Quad-Core-Prozessoren. In weiteren Tests wird dann über die Güte der Prozessoren entschieden, wobei hier auch die Einstufung in die TDP-Klasse erfolgt. Sehr hochwertige Prozessoren werden in die niedrigste Klasse eingeordnet und entsprechend höher ausgepreist, als alle weiteren Prozessoren, die in der Standard-Klasse ihren Platz finden. Der Aufpreis für die 65-Watt-Modelle ist laut Intel also deshalb so hoch, weil aus allen hergestellten Quad-Core-Prozessoren mit der Icc von 100 Ampere nochmals die besten Prozessoren ausgewählt werden.

Dieses Auswahlverfahren ist bei AMD ähnlich. Bereits vor knapp einem Jahr hatten wir zu diesem Thema bei den Phenom-Prozessoren berichtet, da wir in Form des Phenom X4 9850 Black Edition einen echten Stromfresser am Start hatten. AMD hatte uns damals bereits erklärt, wie die Prozessoren vorab ausgewählt und getestet werden und so am Ende ihre Bezeichnung bekommen. Auch dort kommen alle Phenom von einem Wafer, und es wird festgestellt, wie viel Strom und Spannung sie vertragen. In diesem Zusammenhang hatte uns AMD erklärt, dass man den Weg über die Spannung geht. Modelle mit geringerer Spannung werden auch als geringer getaktete Modelle verkauft, selbst wenn sie in den Tests auch höhere Taktraten schaffen. Beim „Binning“ rutschen aber immer mal wieder sehr gute Prozessoren durch das Raster, mit denen sich bei sehr geringen Spannungen echte Übertaktungserfolge zeigen, während alle weiteren handelsüblichen Prozessoren längst die Grätsche gemacht haben.

Da erste englischsprachige Tests gezeigt hatten, dass ein neues „s“-Modell von Intel in einem kompletten System teilweise nur minimal weniger verbrauchen kann als ein herkömmliches Modell, haben wir auch Intel dazu näher befragt. Laut Intel beruhen diese Testergebnisse eben genau auf der beschriebenen Vorab-Auswahl. So kann es zum Beispiel so sein, dass man beim bisherigen Modell Core 2 Quad Q9550 vor einigen Monaten oder gar einem Jahr bereits ein extrem hochwertiges Modell bekommen hat, das heute locker in der 65-Watt-Spezifikation einen Platz finden würde. Der Unterschied zum neuen Modell dürfte deshalb in Messungen äußerst marginal ausfallen. Gleiches gilt natürlich auch für CPUs im neueren E0-Stepping, die auch bereits seit über einem halben Jahr verfügbar sind. Aber es kann auch genau in die andere Richtung gehen, wenn man vor Monaten einen „heißen“ Prozessor erworben hat, der sich an der Obergrenze orientiert und vielleicht fast ein QX-Modell geworden wäre – dann werden die Unterschiede deutlich sichtbar.

Letztlich hat Intel in den letzten Wochen kurz vor der offiziellen Freigabe der CPUs einfach an einer bestimmten Stelle zusätzlich eine Grenze gezogen. Die TDP-Angabe von 65 Watt soll dem Kunden heute garantieren, dass sich dieser Prozessor thermisch quasi genau wie ein Dual-Core-Modell verhält. Deshalb stuft Intel eben diese drei Prozessoren nicht nur in die gleiche TDP-Klasse sondern auch in die gleiche PCG-Kategorie (früher FMB – Flexible Motherboard), die die Anforderung an die Stromaufnahme des Prozessors auf einem Mainboard beschreibt, ein.

Intel Spec Finder
Intel Spec Finder
Q9550 PCA 05A
Q9550 PCA 05A
Q9550s PCA 06
Q9550s PCA 06
QX9650 PCA 05B
QX9650 PCA 05B
E8600 PCA 06
E8600 PCA 06

Diese Einstufungen in der TDP und PCG macht es Intel möglich, die Quad-Core-Prozessoren auch für das Mini-ITX-Format fit zu machen. Mit den neuen Vorgaben können kleine aber sehr potente Plattformen zusammen gestellt werden. Dafür musste Intel die eigenen Boards nicht einmal einem BIOS-Update unterziehen, durch die gleiche PCG-Einstufung wie bei den Dual-Cores passen die drei Quad-Core-Prozessoren problemlos unter anderem auf Intels DQ45EK im Mini-ITX-Format. Genau in dem Bereich der kleinen PCs sieht Intel neben den Netbooks die größten Zuwachsraten. Und nicht nur Intel agiert in dem Segment. Mit Nvidia will zum Ende des Jahres ein zweites Schwergewicht der Hardwarebranche seine kleine Ion-Plattform fit für Prozessoren der Klasse Core 2 Duo machen. Wer sagt uns denn, das Ion nicht auch mit einem Quad-Core-Prozessor fertig werden kann?

Intels Quad-Core-Prozessoren für ITX-Mainboards
Intels Quad-Core-Prozessoren für ITX-Mainboards
Intel DQ45EK
Intel DQ45EK
Ion ab Ende 2009 auch mit Core 2 Duo
Ion ab Ende 2009 auch mit Core 2 Duo
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