1.222 PDF-Seiten: Datensammelwut von Facebook visualisiert
Dass Soziale Netzwerke, allen voran das weltweit größte, nicht von Liebe und Luft leben, sondern aus den Daten, die sie sammeln, Kapital schlagen, ist allgemein bekannt. Wie viele Daten tatsächlich allerdings auf den Servern lagern, scheint den meisten Nutzern nicht klar zu sein. Einer hat nachgefragt, Facebook hat geantwortet.
Max Schrems, ein Jurastudent aus Österreich, hat bei Facebook um alle Daten gebeten, die das Netzwerk über ihn gesammelt hat. Er gründete die Initiative „Europe versus Facebook“ und forderte die Herausgabe der Datensätze so lange, bis Facebook ihm eine CD mit 1.222 PDF-Seiten über ihn schickte. (Ein Auszug der CD (PDF) mit teilweise geschwärztem Inhalt ist online abrufbar.) Hierbei zeigte sich, dass das Netzwerk nicht nur alte Fotos und Textnachrichten über Max kennt, die dieser eigentlich gelöscht zu haben glaubte. Das Netzwerk merkt sich auch die genauen Zeitfenster des Facebookzugriffs, den Ort des Zugriffs, wenn verfügbar die Positionsdaten bei Fotos, angenommene und abgelehnte Freundschaftsanfragen und vieles mehr.
Visualisierung der Daten durch Open Data City für Berliner Tageszeitung TAZ, Daten von Max Schrems.
Schrems hat den kompletten Datensatz, den er von Facebook übermittelt bekam, der Berliner Tageszeitung TAZ zur Verfügung gestellt, die ihrerseits eine Visualisierung in Auftrag gegeben hat. Daraus ist ein kleines Video entstanden, das die Zusammenhänge für den Laien verständlich darstellt.
Im Kern liefert das Video allerdings keine neuen Erkenntnisse für jene, die wissen, dass Facebook viele Informationen über seine Nutzer speichert. Das weiß auch Schrems, der sich von der Übermittlung seines Datensatzes mehr erhofft hat, etwa Erkenntnisse darüber, welche biometrischen Informationen Facebook über ihn gesammelt hat und was mit den gespeicherten Daten genau passiert. Er fordert, dass das Netzwerk, das von der Transparenz seiner Nutzer lebt, in diesen Punkten selbst transparenter wird. Um dies auch durchzusetzen, hat Schrems Beschwerde beim irischen Datenschutzbeauftragten eingereicht, weil Facebook in Irland seinen europäischen Firmensitz hat.
Hinter den Bemühungen steht der Wunsch, Facebook zu mehr Datensparsamkeit, Transparenz, Opt-in- statt Opt-out-Verfahren bei sensiblen Datenschutzeinstellungen und zur generellen informationellen Selbstverwaltung des Nutzers zu zwingen. Ob es hierzu kommen wird, hängt zum einen von den Ergebnissen des „Audits“ ab, das der irische Datenschutzbeauftragte gestartet hat und welches bis Ende des Jahres abgeschlossen sein soll. In diesem will er sich von Facebook zeigen lassen, welche Daten konkret gesammelt werden und ob dies mit den europäischen Datenschutzbestimmungen konform geschieht. Zum anderen muss in Politik und vor allem der Gesellschaft selbst aber auch das Bewusstsein dafür gestärkt werden, wie mit den eigenen Daten und denen anderer umzugehen ist. Oft fehlt es nämlich an dem Hintergrundwissen dafür, dass das Markieren von Personen auf Fotos oder das automatische Durchsuchen von Postfächern oder Telefonbüchern durch Facebook eben nicht nur Features sind, die dem Nutzer helfen, sondern die auch und vor allem Facebooks Datenkatalog komplettieren.