Polen stoppt ACTA-Ratifizierung
Am vergangenen Donnerstag gab Polens Premierminister Donald Tusk in Warschau bekannt, dass sein Land das ACTA vorerst nicht ratifizieren werde. Er begründete dies unter anderem damit, dass bei den Verhandlungen die Ansichten von Internetnutzern kein ausreichendes Gehör gefunden hatten.
Des Weiteren meinte er, dass das Abkommen nun auf seine Vereinbarkeit mit dem polnischen Recht hin überprüft werde und jegliche Zweifel ausgeräumt werden müssten. Seinen Meinungswechsel erklärte er, als dass er, bedingt durch sein Alter (54), das Abkommen zuerst aus einer Perspektive des 20. Jahrhunderts heraus betrachtet habe. Nun aber teile er die Meinung jener, die schon von Anfang an meinten, dass der momentane Stand von ACTA nicht der endgültige sein könne.
In Polen hatte sich im Januar erheblicher Unmut über dieses Abkommen breit gemacht, der sich – für ein internetbezogenes Thema eher ungewöhnlich – in teilweise umfangreichen Protesten in mehreren Städten niederschlug. Datenschützer taten ihre Bedenken kund, zudem wurden von Abkommensgegnern verschiedene Regierungswebseiten lahmgelegt, um auf diese Weise ihren Unmut zu artikulieren. In Zuge dessen reagierte zuerst Staatspräsident Bronisław Komorowski, indem er eine Prüfung des Abkommens hinsichtlich seiner Eingriffsintensität in Bürgerrechte anforderte.
Dass nun der Premier die metaphorische Reißleine zog, wird, so vermuten manche Beobachter, auch damit zusammenhängen, dass sich seine Wählerschaft zu einem größeren Teil aus jüngeren, internetaffinen Bevölkerungsschichten zusammensetzt, welche er auf diese Weise wieder besänftigen könnte.
Gleichwohl die EU-Kommission und viele Mitgliedsstaaten bereits unterzeichneten, bedarf es zum Einen noch der Unterschrift von fünf weiteren Staaten, zum Anderen aber auch der Zustimmung aller nationalen Parlamente und des Europäischen Parlamentes.