Unkontrollierte Vorratsdatenspeicherung in Österreich
In Österreich wurde im April die Vorratsdatenspeicherung eingeführt, begleitet von großem Protest der Bürgerrechtsbewegung. Deren Befürchtungen scheinen sich nun zu bestätigen: Die Datenberge bei den Providern werden offenbar nicht kontrolliert, zudem sollen die Vorratsdaten auch bei Urheberrechtsdelikten genutzt werden.
Die Initiative für Netzfreiheit (IfNf) untersuchte (PDF-Datei), ob die zur Speicherung von Verbindungs- und Standortdaten verpflichteten Provider die gesetzlichen Sicherheitsauflagen einhalten. Das erstaunliche Ergebnis der Bürgerrechtler: Bislang hat offenbar niemand geprüft, ob die Vorratsdaten entsprechend der gesetzlichen Regelungen gespeichert werden und ob diese nach Ablauf der sechsmonatigen Speicherfrist auch wieder gelöscht werden. Verantwortlich für die Kontrollen ist die Datenschutzkommission, allerdings habe bis heute keine Überprüfung der technischen Infrastruktur stattgefunden.
Ohnehin ist es fraglich, ob bei der Datenschutzkommission überhaupt ausreichende Kapazitäten vorhanden sind, um alle 140 Provider zu überprüfen, die zur Vorratsdatenspeicherung verpflichtet sind. Bestätigt wird der IfNf-Bericht von Eva Souhrada-Kirchmayer, geschäftsführendes Mitglied der Datenschutzkommission. „Bisher wurden keine Überprüfungen getätigt“, erklärt sie gegenüber Futurezone. Allerdings mussten die Datenschützer bis jetzt auch noch nicht tätig werden. Gesetzlich ist eine Überprüfung erst vorgeschrieben, wenn eine Beschwerde oder ein begründeter Verdacht vorliegt.
„In der Praxis ist die Datensicherheit der Vorratsdaten bis heute mehr als fragwürdig“, sagt Josef Irnberger, Sprecher der Initiative für Netzfreiheit. Zudem befürchten die Bürgerrechtler aufgrund der zweifelhaften Sicherheitslage, die Daten könnten bereits „in falsche Hände“ gelangt sein. Begehrt sind die Vorratsdaten auf alle Fälle.
Vorratsdatenspeicherung gegen Urheberrechtsverletzungen
So fordert etwa der Verein Anti-Piraterie (VAP), Rechteinhabern bei der Verfolgung von Urheberrechtsdelikten den Zugriff auf die Vorratsdaten zu gewähren – allerdings nur über einen Zeitraum von drei Monaten. Bislang ist das nicht möglich, weil die Vorratsdatenspeicherung nur bei „schweren Straftaten“ angewendet werden darf, nicht aber in zivilrechtlichen Verfahren wie etwa Urheberrechtsverletzungen. Beim VAP zeigt man sich zuversichtlich, dass eine entsprechende Regelung kommt, zumal sich die zuständige Justizministerin bereits vor einigen Jahren für eine solche Regelung ausgesprochen hat.
Die Bürgerrechtler vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung warnen indes vor dieser „Vorratsdatenspeicherung 2.0“. Sie sehen ihre Befürchtungen bestätigt, dass die ursprünglich als reines Anti-Terror-Instrument angekündigte Datenspeicherung zunächst verallgemeinert für „schwere Straftaten“ eingeführt wurde und nun sukzessiv auf zusätzliche Bereiche erweitert wird.
Mangelhaft gesicherte Datenberge, eine schrittweise Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung – beides zählt in Deutschland zu den Argumenten der Gegner der anlasslosen Datensammlung. Auch wenn die Vorratsdatenspeicherung hierzulande wohl erst nach der Bundestagswahl im kommenden Herbst wieder zum Thema auf der politischen Tagesordnung wird, zeigt die Entwicklung in Österreich, dass die Vorbehalte – entgegen den Beschwichtigungen seitens der Befürworter – nicht komplett aus der Luft gegriffen sind.
Mit Dank an fruel für den Hinweis zu dieser Meldung!