Telekom-Chef kritisiert NSA-Aufklärung der Regierung
Telekom-Chef René Obermann kritisiert die NSA-Aufklärung von der Bundesregierung und der EU-Kommission. Dass die Politik nicht aktiv gegen die Überwachungsprogramme vorgeht, bezeichnet er im Handelsblatt als fahrlässig. Und fordert, schnellstmöglich einen einheitlichen europäischen Datenschutz einzuführen.
Nach Ansicht von Obermann müsse Europa „ruhig mal selbstbewusst die gemeinsamen Regeln nach außen tragen“. So sollen EU-Bürger mehr Rechte wie etwa den Anspruch auf eine geschützte Privatsphäre erhalten, die sich im Zweifel auch einklagen lassen. Auf diese Weise würde man US-Unternehmen wie Google und Facebook unter Druck setzen. Vor diesem Szenario warnen die Internetriesen in dem heute veröffentlichten offenen Brief an die US-Regierung und fordern, die NSA-Überwachung einzuschränken.
Diese habe mittlerweile ein Ausmaß erreicht, dass Obermann als „sogar demokratiegefährdend“ einstuft. „Die Spitzeleien haben das Vertrauen in zwei Grundpfeiler unserer Gesellschaft, die freie Kommunikation und die Privatsphäre, erschüttert“, so Obermann. Daher hat er auch kein Verständnis für die „Leisetreterei“ der politisch Verantwortlichen in Berlin und Brüssel.
Die Kritik von Obermann ist nicht neu, ähnlich äußerte er sich bereits Ende November in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. In einem Gespräch mit Chaos-Computer-Club-Sprecher Frank Rieger forderte Obermann, die EU müsse das Safe-Harbor-Abkommen auf eine völlig neue Grundlage stellen. Das Abkommen regelt, unter welchen Bedingungen US-Unternehmen persönliche Daten von Europäern in die USA übermitteln dürfen. Doch: „Das, was wir heute haben, ist das Papier nicht wert, auf dem es steht“, sagte der Telekom-Chef.
Dementsprechend verärgert dürfte Obermann gewesen sein, als die EU-Kommission vor kurzem ankündigte, dass das Abkommen trotz zahlreicher kritischer Bewertungen weiter läuft. Stattdessen hat man sich mit US-Vertretern darauf verständigt, im kommenden Jahr ein Datenschutzabkommen mit den USA auszuhandeln. Unterstützt wird dieser Kurs von der Bundesregierung, die zudem bei der von Obermann geforderten EU-Datenschutzreform auf die Bremse tritt.
Bessere Verschlüsselung im Mobilfunk
Die Telekom reagiert derweil mit verbesserter Sicherheitstechnologie auf die Enthüllungen. Um das Überwachen von Handy-Gesprächen zu erschweren, will der Konzern als erster Anbieter das Mobilfunknetz mit der Verschlüsselungssoftware A5/3 ausstatten, meldete die Wirtschaftswoche am Wochenende. Bis Ende des Jahres sollen alle Basisstationen im Mobilfunk mit der neuen Software ausgestattet sein.
Damit liegt die Telekom einige Monate hinter dem ursprünglichen Zeitplan. Bei zwei älteren Modellen verursachte die neue Verschlüsselungssoftware Störungen. Betroffen sind 50.000 Kunden, für die zunächst eine Spezialsoftware entwickelt werden musste. Mit dieser konnte im November ein Praxistest erfolgreich absolviert werden.
Bislang hatte die Telekom die ältere Version A5/1 im Einsatz. Diese bezeichnet man aber als zu unsicher, selbst „halbwegs technisch versierte Hobbybastler“ könnten für rund 100 Euro Abhörstationen errichten. Mit diesen sollen sich Handy-Telefonate selbst auf 100 Meter Entfernung gezielt abhören lassen.