Sechs Monate PlayStation 4: ein Rückblick und Ausblick

Max Doll
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Ein halbes Jahr nach der Markteinführung kann die PlayStation 4 zwar noch nicht auf eine bewegte Geschichte zurückblicken, dafür aber erhebliche Erfolge für sich verbuchen. Bei der Xbox One verhält es sich anders herum. Wir werfen einen Rückblick auf die ersten sechs Monate „PS4“ und wagen einen Ausblick.

Sieben Millionen an Endkunden abgesetzte PlayStation 4 stehen fünf Millionen Xbox One gegenüber, die nur den Handel erreicht haben – und das trotz anfänglicher Lieferschwierigkeiten. Unzweifelhaft ist Sonys Konsole über die letzten sechs Monate der größere Erfolg im Handel zuzusprechen, was sich auch an der immer noch lückenhaften Verfügbarkeit, aber auch am Ausbleiben von Sonderangeboten zeigt: Die PlayStation 4 verkauft sich auch zur Preisempfehlung. Entsprechend verwundert es wenig, dass Sony vor wenigen Tagen bereits die Gewinnzone erreicht, also auch Kosten für Entwicklung und Marketing bereits eingespielt hat.

Das Verbinden mit Freunden und das Teilen von Inhalten ist eine Kernkomponente der PlayStation 4. PlayStation 4 verbindet – ganz dem Trend der Gesellschaft folgend – und ist vor allem auf Spiele-Enthusiasten ausgelegt.

ComputerBase-Test der PlayStation 4

Spielkonsole

Die Komponenten des Erfolgs? Neben dem bis zur Trennung von Xbox und Kinect im Mai um 100 Euro günstigeren Preis und klaren Botschaften für eine klar umrissene Kernzielgruppe – „This is for the players“ – punktet die Konsole auch mit der rund 40 Prozent höheren Rohleistung. Einfach nur spielen, keine Experimente und, von Ausnahmen wie Watch Dogs abgesehen, zumeist Full-HD-Auflösung sind zusammen mit zeitgemäßen Möglichkeiten zum Teilen der gemachten Erlebnisse auf fruchtbaren Boden gefallen. Mehr Performance zum kleineren Preis waren attraktiver als eine Gestensteuerung, für die es keine Spiele gibt. Dass sich die Rohleistung in, wenngleich nicht zwingend beim Spielen bemerkbar macht, ist weniger ausschlaggebend: Die Rahmendaten und das Konzept sind Punkte, die in öffentlichen Wahrnehmung herausstechen.

Wie die Xbox One hat Sony allerdings eine Menge Multimedia in der Hinterhand, allzu groß sind die Unterschiede zwischen beiden Plattformen in ihrer Grundkonzeption nicht gewesen. Auch das japanische System hat den Nutzer dabei stark eingeschränkt und in Richtung der plattformeigenen, kostenpflichtigen Dienste gedrängt.

Software

Dass sich nach wie vor weder MP3s noch CDs abspielen lassen, was bei der Konkurrenz immerhin über Umwege möglich ist, hat Ankündigungen der ersten Stunden bisher unerfüllt gelassen: Die Software-Updates haben bislang vor allem kleinere Optimierungen von Nutzerführung und Features eingepflegt, darunter die optionale Deaktivierung von HDCPI in Spielen oder weitere Möglichkeiten zum Teilen der Spielerfahrungen. Trotz vorhandenen Verbesserungspotentials hat diese Politik der kleinen Schritte bislang keine negative Auswirkungen gehabt, der Konzern sich teils auf seinen Lorbeeren gebettet.

Positive Schlagzeilen

Denn Microsoft, das scheint das zweite Geheimnis des Erfolges zu sein, beherrschte negative Schlagzeilen weit besser: NSA und Kinect-Konzept, die leidige DRM-Debatte, viele Kehrtwenden und die Vermarktung als Multimedia-Konsole mit Quasi-Zwang zu Live-Gold – mithin das immer noch nicht endgültig klar herausgestellte Konzept der Xbox One – haben den Absatzzahlen der aktuellen PlayStation geholfen. „Spielen ohne Zwang“ mit optionaler Kamera und austauschbarer HDD waren genau die richtigen Argumente zur richtigen Zeit. Nutzer konnten dabei trefflich vergessen, dass auch Sony gewisse Daumenschrauben angezogen hat. Anders gesagt: Während Microsoft die Xbox One erst zu dem machen musste, was Nutzer wollten und was der Konzern versprochen hat, beispielsweise im Bezug auf Multimediafunktionen, hat Sony ein solches Produkt seit sechs Monaten unverändert im Angebot.

Sony PlayStation 4 im Test
Sony PlayStation 4 im Test

Das Konzept „Spielkonsole“ wird Sony auch künftig weiter und in größeren Schritten verfolgen als bisher. Ein VR-Headset, das als „Projekt Morpheus“ entwickelt wird, wurde bereits beim Design der Konsole berücksichtigt und arbeitet mit dem Lichtbalken des Gamepads zusammen. Für ältere Spiele kommt zudem ein Streaming-Dienst, der Spiele der Vorgängerkonsole auf den Fernsehbildschirm bringt.

Spiele

Mehr exklusive Spiele im Blockbuster-Format hat derzeit Microsoft im Angebot. Auf der PlayStation 4 warten lediglich Killzone: Shadow Fall, Knack und Infamous: Second Son – und nirgends ein „must have“. Im Indie-Segment ist Sony aufgrund des frühzeitigen Werbens um Entwickler hingegen spürbar besser aufgestellt. Insbesondere die Möglichkeit für Studios, ohne Publisher zu veröffentlichen („self publishing“), findet Anklang.

Beide Plattformen haben noch viele hochkarätige Serien in der Hinterhand. Auf der Xbox sollen ein MMO-Fable, Halo 5 inklusive eines erwarteten HD-Remakes von Halo 1 bis 4 aber auch neue Marken wie Sunset Overdrive und Quantum Break von Remedy erscheinen. Sony portiert dagegen The Last of Us und lässt an Uncharted arbeiten. Deep Down und Shadow of The Beast sollen weitere Kaufanreize liefern. Auch hier poliert Sony das Image eines spielerorientierten Konzerns: The Order: 1886 und Driveclub, die im nächsten Jahr respektive im Oktober 2014 erscheinen, wurden aufgrund von Qualitätsbedenken verschoben.

Was große Produktionen in diesem und nächsten Jahr angeht, halten sich beide Plattformen also etwa die Waage. Insgesamt macht sich jedoch bemerkbar, dass Sony frühzeitig auf Indie-Entwickler zugegangen ist: Von kleinen Studios wird die PlayStation 4 enthusiastischer bestückt als die Xbox One. Ankündigungen weiterer Spiele für beide Konsolen werden aber schon auf der bevorstehenden E3 im nächsten Monat erwartet.

PlayStation 4: Dualshock 4 und Xbox One Controller
PlayStation 4: Dualshock 4 und Xbox One Controller

Ausblick

Vor einem halben Jahr bot die PlayStation 4 noch keinen ultimativen Kaufanreiz. Geändert hat sich daran nichts, auch weil sich an der Konsole selbst nichts geändert hat. Insofern gilt wie bei der Xbox One: Zumindest wenn sie nicht das einzige Spielgerät im Haus sein soll, lohnt sich ein Kauf derzeit nicht. Dies gilt gerade, da Microsoft zunehmend unter Druck geraten ist; mit der Ankündigung eine Xbox One ohne Kinect gibt der Konzern sein Alleinstellungsmerkmal, die bessere Gestensteuerung, auf, um über den Preis zu punkten. In Anbetracht einer möglichen Rabattschlacht erscheint es weiterhin ratsam abzuwarten.

Am 22. Mai erschienen: Sechs Monate Xbox One: ein Rückblick und Ausblick

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