The Last of Us Remastered im Test: Noch schöner und besser auf der PlayStation 4
2/3The Last of Us Remastered auf einen Blick
Alte Stärken
Ein mutierter Pilz verwandelt Menschen in willenlose Zombies, die Gesellschaft erodiert, das Militär herrscht über das, was nicht von marodierenden Banden und Widerstandskämpfern regiert wird. Typisch für Zombiegeschichten dieser Art gibt es zumindest eine immune Person: Der Teenager Ellie, der auf der Suche nach einem Impfstoff für die Zombie-Seuche quer durch die Überreste der Vereinigten Staaten gebracht werden muss. Reisebegleiter: Der verbitterte Schmuggler Joel.
Soweit, so Standard. Dennoch entfaltet der Road-Movie Stück für Stück eine ungeheure Dramatik, die Präsentation entzieht sich Klischees und vermeidet geschickt Kitsch, der Anspruch ist seriös und erwachsen. So wie sich die Beziehung zwischen Ellie und Joel entwickelt, entwickelt sich auch die des Spielers zu den beiden Protagonisten, die sich als oskarreife Digitalbegleiter entpuppen. Ellie überrascht immer wieder mit menschliche Animationen, die man von einem KI-Begleiter so nicht erwartet: Sie schaut mal interessiert hierhin, mal gelangweilt dorthin und spielt im Großen und Ganzen überzeugend den Menschen. An den gelegentlichen Aussetzern, insbesondere den von Zombies ignorierten Sprinteinlagen in Schleichpassagen, hat sich aber nichts geändert.
Auf dieser Grundlage besetzt Naughty Dog die Meta-Ebene der Erzählung. Immer wieder ruft Ellie mit unschuldigen Fragen in Erinnerung, wie wenig selbstverständlich die gegenwärtigen Selbstverständlichkeiten unseres Lebens sind. Dass Kleinigkeiten unseres Alltages das Resultat friedlicher menschlicher Gemeinschaft sind, die von Überlebenskampf entbunden Zeit und Muße für zweckentbundenen Zeitvertreib hat. Dass Natur und Zivilisation keine höhere Ordnung als das Animalische kennen, der Mensch mit seinem Hang zur brutalen Barbarei – deren Darstellung sich durch das gesamte Werk zieht – nicht ausgenommen. Dass quasi jeder Dialogzeile Relevanz zukommt, versteht sich da schon fast von selbst.
Die Krone setzt sich The Last of Us aber erst mit dem Ende auf, das ohne Frage mit einem Spec Ops: The Line konkurrieren kann und nicht wenige Spieler sprachlos zurücklässt. Gemessen an den daraus entsprungenen Diskussionen im Internet lässt sich das grandiose Finale abhängig der eigenen Werte auf viele verschiedene Weisen erleben; eine Einladung zu Reflexion und Diskussion die Videospiele nur selten hervorbringen. Wie angekündigt zeigt Naughty Dog dem Medium auf, wie eine gute Erzählung aussehen kann.
So viele der Handlung gewidmeten Worte braucht es nicht ohne Grund: Atmosphäre und Story machen einen wesentlichen Teil der Spielerfahrung aus. Es ist auch ein Jahr nach dem Erscheinen des Spiels ziemlich einmalig, wie Naughty Dog die Balance zwischen Anspannung und Entspannung, zwischen Flucht und melancholischem Stöbern in den Eingeweiden einer glücklicheren Vergangenheit trifft. Ähnlich Uncharted ist auch The Last of Us ein Gemälde, nur mit ungleich düsterem Tenor und einer großen Portion Ernst – das Händchen für Orte und Stimmungen wird erneut glücklich genutzt.
Etwas revolutionär Neues findet sich in The Last of Us zwar nicht, wohl aber eine Umsetzung von Bekanntem auf hohem Niveau. Das Gameplay bildet darin keine Ausnahme. Konträr zur Geschichte gewinnt es aber gerade durch die Beschränkung auf das Wesentliche an Reiz: Es gibt ein Crafting-System, das die Survival-Atmosphäre anheizt, aber mit nur wenigen Komponenten und Gegenständen arbeitet – Verbandszeug oder Molotov-Cocktail? Dabei vermeidet das Spiel die Bioshock-Falle, das Plündern und die Exploration sind zwar ständiger Begleiter, aber nicht überdominanter Bestandteil des Spiels.
Improvisieren als großes Motto steht auch den Kämpfen ins Gesicht geschrieben. Gerade die höheren Schwierigkeitsgrade geizen mit Rohstoffen und Munition, sodass schleichendes, vorsichtiges Vorgehen viel wichtiger wird. Jeder Fehltritt strapaziert die knappen Ressourcenvorräte weiter und endet potentiell tödlich. Dass die Kämpfe stets unterschiedlich verlaufen, birgt einen besonderen Reiz. Spannung wird durch schlaue Mechaniken erzeugt, denn nicht jeder Zombie kann ohne Weiteres per Quicktime-Event von hinten erledigt oder nach Umklammerung abgeschüttelt werden – das „Game Over“ lässt sich nicht immer vermeiden.
Sowohl Zombies als auch der menschliche Abschaum, der Joel und Ellie ans Leder will, reagieren nicht nur aggressiv auf den Spieler, sondern zwingen dazu, in Bewegung zu bleiben. Wenn der Versuch zu schleichen misslingt, entwickelt das eine hektische, in der Regel panische Dynamik, deren Inszenierung ganz natürlich hervorkommt.
Teil der Remastered-Ausgabe ist der Einzelspieler-DLC „Left Behind“, der wie alle Inhalte des Season Pass bereits auf der Blu-Ray beiliegt. Es mutet an wie Zauberei: Ein kurzer DLC, der sich nicht anfühlt wie ein Versatzstück aus Überbleibseln der Entwicklung des Basisprogramms, sondern eigenständige Akzente setzt und eine abgeschlossene, runde Erzählung beinhaltet. Der Schwerpunkt verschiebt sich dabei auf ruhige Exploration und einen Ausflug in die jüngere Kindheit von Ellie, auf neue Elemente und Perspektiven, die sich mit jedem weiteren Satz aufs Neue eröffnen. Und den Kontrast zwischen melancholischer Schönheit und situativer Unbeschwertheit einerseits, der ständigen Todesgefahr und dem Überlebenskampf andererseits auf die Spitze treibt.
Neue Schönheit
Ganz einfach hat sich Naughty Dog die Arbeit nicht gemacht. Die „Remastered“-Fassung ist mehr als nur ein „HD-Remake“ des Spiels: Zu den Vorzügen der Überarbeitung zählen höher aufgelöste Texturen, eine Auflösung von 1080p bei 60 Bildern pro Sekunde, die deutlich angehobene Sichtweite und die verringerte Bewegungs- und Tiefenunschärfe. Den vorgerenderten Zwischensequenzen haben sich die Entwickler ebenfalls angenommen, was das ein oder andere Staunen ins Gesicht zaubert.
An der für Licht und Schatten genutzten Technik haben die Entwickler jedoch nichts geändert, dennoch macht sich die höhere Auflösung und Texturqualität positiv bemerkbar. Vereinzelt stimmt zwar die Belichtung nicht ganz, was etwa in hellen Texturen an unbeleuchteten Orten resultiert, allerdings sind diese Stellen die Ausnahme. Im Spiel selbst fallen sie nicht auf. Die visuelle Qualität der Neufassung schwankt gleichsam, was auch an den Objekten liegt, deren Polygonzahl nicht erhöht wurde. So sieht die Remastered-Version an manchen Stellen atemberaubend schön aus, an anderen durchschnittlich – verglichen mit anderen Spielen der aktuellen Konsolengeneration. Dies wird auch dadurch deutlich, dass nicht sämtliche Texturen bei der PS4-Fassung hochauflösend sind.
Dabei liegen fast immer feste 60 Bilder pro Sekunde an. Optional kann ein die Bildwiederholrate auf stets stabile 30 fps bei erhöhter Schattenqualität fixiert werden. Gegenüber der mit der visuellen Pracht des Spiels spürbar kämpfenden PlayStation 3 wirken sich die noch nicht maximal ausgereizte Leistungsreserven unter anderem auf die Steuerung aus, sodass die Remastered-Edition auch spielerisch zur besseren Wahl wird.