P8 Lite im Test: Huawei macht keine halben Sachen
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Huawei verbaut im P8 Lite das System-on-a-Chip Kirin 620 aus der eigenen Chipschmiede HiSilicon. Dabei handelt es sich um das kleinste Modell der ersten 64-Bit-Generation von HiSilicon, die auf Cortex-A53-Kerne von ARM vertraut. Das big.LITTLE-Prinzip mit einer Kombination aus leistungsstarken und energiesparenden Kernen wird beim Kirin 620 nicht verwendet, stattdessen kommen acht gleiche Cortex-A53 zum Einsatz. Der Maximaltakt liegt bei 1,2 GHz, was sich in einer vergleichsweise niedrigen Single-Core-Leistung widerspiegelt.
Der Cortex-A53 wird bei den Premium-SoCs von Qualcomm oder Samsung eigentlich als energiesparende Alternative in einem big.LITTLE-Verbund mit dem schnelleren Cortex-A72 verwendet. Seit geraumer Zeit schon wird der A53 aber auch einzeln in Konfigurationen mit bis zu acht Kernen eingesetzt. Huawei hat sich beim Kirin 620 allerdings für eine Konfiguration aus alleine betrachtet nicht besonders schnellem CPU-Kern mit vergleichsweise niedrigem Maximaltakt entschieden. Qualcomm beispielsweise bringt den Cortex-A53 im Snapdragon 410 auf bis zu 1,4 GHz, im Snapdragon 425 sollen bei ebenfalls acht Kernen sogar bis zu 1,7 GHz möglich sein.
Der Kirin 620 im P8 Lite punktet deshalb in erster Linie dann, wenn mehrere Kerne des SoCs genutzt werden. In den synthetischen Benchmarks steigt das P8 Lite ins Mittelfeld auf und hält mit Geräten wie dem Sony Xperia Z3 Compact oder Samsung Galaxy S5 (Snapdragon 801) mit. In den für den Alltagseinsatz relevanten Benchmarks kommen alle Kerne aber nicht immer zum Einsatz, sodass sich das Leistungsniveau eher bei Galaxy S5 Mini, LG L90 und Moto G einsortiert.
Dieses Leistungsniveau erreicht das P8 Lite nicht nur bei den CPU-Benchmarks, sondern auch, wenn die verbaute GPU des Typs Mali-450 MP4 gefordert wird. Wie bei den Adreno-GPUs von Qualcomm kommt es auch bei den Malis zu einem harten Schnitt zwischen Mittel- und Oberklasse-Smartphone. In den nächst höheren Preisklassen fallen die FPS gerne mal 100 bis 300 Prozent besser aus, auch Features wie OpenGL ES 3.0 werden von der Mali-450 nicht unterstützt. Die bei HiSilicon im Schnitt ohnehin nicht sonderlich hohe GPU-Leistung fällt so noch niedriger aus. Weil die Display-Auflösung aber auf 720p reduziert wurde, kommt es zumindest bei Casual-Games dennoch nicht zu Rucklern. Aufwendige Titel, wie sie zum Beispiel über Epics Citadel simuliert werden, spielen sich flüssiger in einer niedrigeren Qualität.
Dass das P8 Lite im Alltag dennoch durchschnittlich bis stellenweise gut abschneidet, ist insbesondere dem mit zwei Gigabyte großzügig bemessenen Arbeitsspeicher zu verdanken. Zum Nachladen von Webseiten kann es deshalb zum Beispiel sogar seltener als auf einem dreimal so teuren iPhone 6 kommen. Im Alltag ist die Leistung des P8 Lite deshalb durch die Bank gut, das Smartphone kann sich aber trotz acht Kernen gefühlt nicht von der Mittelklasse-Konkurrenz absetzen.
Betriebssystem
Auf dem P8 Lite ist mit der Kombination aus Android 5.0 und Emotion UI 3.1 das gleiche Betriebssystem wie auf dem P8 installiert. Die Anordnung von Symbolen, die Suche auf dem Homescreen und die Kamera-App erinnern auch hier wieder stark an das aktuelle iOS. Durch die starke Anpassung des Android-Betriebssystems kommt es auch auf dem P8 Lite zu Nachteilen wie etwa der doppelten Belegung von App-Symbolen. Der vorinstallierte Kalender hat zum Beispiel das gleiche Icon wie der nachinstallierte Google Kalender.
Mit dem Verzicht auf den bei Android üblichen App-Drawer setzt sich Huawei zwar von der Konkurrenz ab, dadurch entsteht aber auch ein gewisses Durcheinander auf den Homescreens, und viel Platz für Widgets geht verloren. Widgets sind ein klares Herausstellungsmerkmal von Android, das auf dem Emotion UI durch die vielen Symbole aber nur noch eingeschränkt nutzbar ist.
Über das Emotion UI entstehen aber auch Vorteile, wenn zum Beispiel die dem Nutzer zur Verfügung stehenden Anpassungsfähigkeiten zum Tragen kommen. Huawei hat vier verschiedene Themes auf dem Smartphone vorinstalliert, unzählige weitere lassen sich über die Designs-App nachträglich auf das Smartphone laden. Das jeweilige Theme muss aber nicht als Ganzes genutzt werden, im Nachhinein lassen sich Details wie die Animationen, der Effekt der Bildschirmsperre, der Homescreen sowie Symbole und Schriftart anpassen.
Zwar nicht neu, aber erneut gut gefallen auch wieder die Bereiche Benachrichtigungen und Schnelleinstellungen des Emotion UI. Bei den Benachrichtigungen werden alle Einträge an einem Zeitstrang entlang aufgelistet, aus dem bei Bedarf einzelne Einträge oder alle auf einen Schlag gelöscht werden können. Bei den Schnelleinstellungen lässt sich festlegen, was angezeigt werden soll und an welcher Stelle. Auch ein Schieberegler für die Helligkeit wurde an dieser Stelle integriert.
Wie bereits bei anderen Huawei-Tests angemerkt, ist das Emotion UI definitiv einzigartig, aber nicht unbedingt besser als andere Hersteller-UIs oder Stock-Android. Einige Detaillösungen gefallen, andere wiederum dienen eher der Optik als der Funktionalität.