Metal Gear Solid 5 im Test: Der Segen der offenen Welt ist auch ein Fluch

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Sasan Abdi
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Rache, Rache, Rache

Die bewegte Entwicklungsgeschichte von Metal Gear Solid 5 schlug sich auch darin nieder, dass der geplante Prolog zum Spiel ausgekoppelt wurde, um die verlängerte Entwicklungszeit zu überbrücken. Dabei gab der Ground Zeroes genannte Vorspann nicht nur einen Vorgeschmack auf das Hauptspiel, sondern machte auch deutlich, worum es darin gehen würde.

Metal Gear Solid 5 im Test
Metal Gear Solid 5 im Test

Für die Spieler ist es aber nicht unbedingt ein Nachteil, wenn sie das für einen recht happigen Preis veröffentlichte Ground Zeroes links liegen gelassen haben. Denn die Inhalte werden nach gut einer halben Stunden ohnehin kurz erzählt: Im Jahr 1975 wird Snakes Organisation von seinen Widersachern ausgelöscht. Die „Motherbase“ genannte Heimat seiner Söldnertruppe wird zerstört und Snake fällt ins Koma.

Neun Jahre später erwacht er in einem Krankenhaus auf Zypern. Seitdem haben sich die Dinge radikal verändert: Seine dunklen Rivalen von der XOF-Organisation haben sich unter der Führung des ominösen Skull Face immer mehr Macht einverleibt, während seine spärlich verbliebenen Mitstreiter auf das Äußerste gejagt werden. Klar, worum es in der Folge geht: Die „Diamond Dogs“ genannte neue Organisation muss mit Snake als Big Boss und samt neuer „Motherbase“ neu aufgebaut werden, um der Konkurrenz endlich wieder die Stirn bieten zu können.

Natürlich ist die sich von diesem Punkt aus entspinnende Handlung in das Metal-Gear-Universum eingebunden, sodass Kenner der Spiele immer mal wieder auf bekannte Charaktere und Erzählstränge treffen werden. Allerdings machen die Entwickler das wahr, was Chef Hideo Kojima immer wieder angekündigt hat: Metal Gear Solid 5 funktioniert auch für absolute Serien-Neulinge problemlos. Eine extreme Verzahnung mit dem MGS-Universum dürfen echte Liebhaber deshalb nicht erwarten.

Vor diesem Hintergrund ist dann wohl auch der Kniff mit Snakes langer Komaphase zu erklären. Denn auf diesem Weg ist es den Storyschreibern möglich, zahlreiche Details seiner Biografie als unwichtiges Beiwerk zu integrieren oder gänzlich auszublenden. Passend dazu lässt Kojima seinen Helden an einer Stelle erklären: „Es geht nicht um die Vergangenheit, es geht um die Zukunft.

Der Kompromiss ist akzeptabel und verständlich. Allerdings bedeutet er auch, dass Metal Gear Solid 5 über weite Strecken den Tiefgang und die bedeutungsträchtige Verknüpfung von lange erzählten Strängen seiner Vorgänger vermissen lässt. Wer wirklich tiefer eintauchen möchte, ist deswegen auf kleine Details wie die großzügig verteilten Audio-Logs angewiesen, in denen nähere Informationen und Zusammenhänge erklärt werden. Das ist nett – vom Gameplay her aber auch verdammt altbacken.

Wendungsreiche Story

Ginge es nur um diese übergreifende Geschichte, wäre Metal Gear Solid 5 inhaltlich nur mäßig interessant. Die Erzählung vom tiefgründigen Typen, der von seinen Widersachern zerstört wird, dann aber das große Comeback samt der großen, gerechten Rache feiert, wurde schließlich auch in Spielen schon zigfach erzählt.

Glücklicherweise wird diese allgemeine Schwäche im Detail einigermaßen aufgefangen. Vom schleppenden Beginn einmal abgesehen, sorgt die Story um die dunklen Machenschaften von Snakes Rivalen mit ihrem starken SciFi-Einschlag dank einiger Wendungen doch über weite Strecken dafür, dass wir gerne bei der Fahnenstange bleiben.

Geschmackssache ist am Ende allerdings die Einordnung der vielen metaphysischen Aspekte. Schnell wird deutlich, dass Snake nicht nur mit einer irdischen Bedrohung ringt, sondern noch mehr dahinter steckt. In diesem Zusammenhang haben wir uns immer wieder gefragt, ob Kojima und sein Team diesen Teil ihres Blattes nicht zu sehr überreizen. Schon Metal Gear Solid auf der PlayStation hat funktioniert, ohne dass ständig schwebende Wesen, Feuerkreaturen, riesige Mechs und blitzschnelle Skulls auf der Bildfläche erschienen.

Metal Gear Solid 5 im Test
Metal Gear Solid 5 im Test

Der umfangreiche Einsatz solcher Storyelemente führt dazu, dass die im Detail eigentlich passable Geschichte um Snakes Stück für Stück exekutierte Wiederauferstehung in Trash-Movie-Gefilde abzurutschen droht. Über den richtigen Umfang von Fantasy lässt sich aber sicher vortrefflich streiten, sodass an dieser Stelle nur vermerkt werden soll: Weniger wäre in dieser Hinsicht unserer Meinung nach mehr gewesen.