Anno 2205 im Test: Der Mond ist das Ziel und die Reise macht Spaß

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Sasan Abdi
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Der Kampf ist ein Krampf

Wenn es etwas gibt, das im Zusammenhang mit den Anno-Spielen kontrovers diskutiert wurde, dann ist es der Kampf. Bisher wurde dieses Element zugunsten der wirtschaftlichen Aspekte stiefmütterlich behandelt, was teilweise für Kritik sorgte, dem überwiegenden Teil der Spieler aber gut gefiel.

Mit Anno 2205 gehen die Entwickler vor diesem Hintergrund einen vergleichsweise radikalen Schritt: Genauso wie die Welten getrennt werden, wird auch der Kampf vom Rest separiert. Wer ihn vermeiden will, muss exakt ein Mal antreten – und kann fortan alle Ziele auch auf anderen Wegen erreichen.

Anno 2205 im Test
Anno 2205 im Test

Zu diesem Schritt kann man Blue Byte nur beglückwünschen, und zwar nicht nur, weil auch wir der „Kampf braucht man in Anno nicht“-Fraktion angehören, sondern auch, weil das System nicht überzeugt. Aus der Vogelperspektive steuert der Spieler auf einer separaten, mittelgroßen Karte in Echtzeit einen Schiffsverband, der unter anderem Angriffe von Terroristen abwehrt und deren Strukturen zerstört. Ganz gleich, welche (immer wiederkehrenden) Ziele vorgegeben sind: Im Endeffekt kreuzen wir durch die Gewässer, klicken wild mit der rechten Maustaste auf die Gegner, heilen unsere Einheiten und setzen den Terroristen mit Atomraketen und Hilfsflotten zu.

Das macht in den ersten Runden durchaus Spaß, wird aber schnell dröge. Verschärfend kommt hinzu, dass Blue Byte hier nicht so sauber gearbeitet hat, wie beim Kern des Spiels: Die Wegfindung hakt ab und an und die Gegner-KI ist allenfalls durchschnittlich. Der einzige Grund, weswegen wir dennoch ab und zu auf die Schlachtangebote eingegangen sind, ist, dass man hier einfach und schnell an Rohstoffe gelangen kann. Abgesehen davon bietet Anno 2205 aber kaum Anreize, sich näher mit dem Kampf zu beschäftigen.

Technik im neuen Gewand

Technisch präsentiert sich Anno 2205 für Genre-Verhältnisse auf einem sehr guten Niveau. Die unterschiedlichen Gebiete sind schick in Szene gesetzt, wobei man selbst bei maximalem Zoom mit einer wuselnden Bevölkerung beglückt wird. Die zugrundeliegende neue Haus-Engine, mit der sich Strukturen wunderbar realistisch darstellen lassen, macht sich also absolut positiv bemerkbar. Auch in dieser Hinsicht halten Blue Byte und Ubisoft also, was sie versprechen.

Wie so häufig hat die hervorragende Präsentation aber auch in diesem Fall ihre Kehrseite. Wer Anno 2205 auf möglichst hohen Details genießen möchte, sollte unbedingt über ein High-End-System verfügen.

Dies gilt vor allem wegen des grundsätzlich großen Hardware-Hungers, aber auch, weil der Titel mit zunehmender Anzahl von Spielstunden immer fordernder wird. Als wir alle drei Welten gleichzeitig bespielt und insbesondere dicht besiedelt hatten, kam es immer mal wieder zu kleineren Frame-Einbrüchen und Rucklern. Insbesondere die Hauptsiedlung wird mit der Zeit selbst für aktuelle Hardware zu einer echten Last, was angesichts der exzellenten technischen Umsetzung zwar zu verkraften ist – wissen sollte man es aber schon.

Hinweis: Genaueren Aufschluss darüber, wie genau sich Anno 2205 unter diversen Konfigurationen verhält, liefert unser separater Technik-Check.

Fazit

Der Zukunftsausflug der Anno-Reihe überzeugt uns unterm Strich in hohem Maße. Das liegt an den vielen kleinen sinnvollen Neuerungen und der konsequenten Umsetzung der Möglichkeiten, die das Mond-Setting mit sich bringen. Wenn wir Stunden damit verbringen, die Verzahnung unserer drei Welten zu optimieren, stellt sich das typische Anno-Gefühl ein. Sehr gut!

Dieses Lob bedeutet allerdings nicht, dass wir keine Kritik hätten. Im Gegenteil, sie ist vielfältig. Aber: In jedem Fall gibt es eine Einschränkung der Einschränkung.

Problematisch ist erstens der Kampfmodus, der mit einem drögen Gameplay für sich genommen nicht trägt. Aber: Er kann abgewählt werden und ist als reines Nebenwerk akzeptabel. Zweitens werden konservative Anno-Freunde sich damit schwertun, dass es zugunsten einer minimalen Story kein reines Endlosspiel gibt. Aber: Zwischensequenzen und Dialoge können abgebrochen werden. Trotzdem wünschen wir uns, dass Blue Byte hier eine Deaktivierung per Patch ermöglicht. Sauer aufgestoßen hat uns drittens die starke Vereinfachung der Waren- und Wirtschaftskreisläufe. Aber: Hier bringt die Wahl eines höheren Schwierigkeitsgrades und von schwierigeren Regionen Abhilfe. Viertens stellt Anno 2205 große Anforderungen an die Hardware und hat im Late-Game auf unserem Testsystem ab und an merklich geruckelt. Aber: Abhilfe schafft hier eine Reduzierung der Details, wobei wir die Balance zwischen „gut aussehen“ und „gut laufen“ insgesamt als gut einschätzen.

Zusammen genommen sorgen diese Punkte trotz der genannten Einschränkungen von den Einschränkungen dafür, dass das sehr gute Bild von Anno 2205 eingetrübt wird. Unterm Strich bleibt diese Ausgabe der Reihe aber eine gute: Wer das Genre mag, wird mit Anno 2205 ordentlich Spaß haben.

Anno 2205 im Test

Kopier- & Jugendschutz

Anno 2205 funktioniert über Uplay, sodass der Key über die Ubisoft-Plattform aktiviert werden muss. Dazu ist einmalig eine Internetverbindung nötig; ein Wiederverkauf wird durch die Bindung an das Uplay-Konto aber quasi unmöglich gemacht.

Von der USK hat der Titel eine Freigabe ab 6 Jahren erhalten.

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