Hassbeiträge: Ermittlungen gegen Facebooks Nordeuropa-Chef
Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren gegen Facebook-Manager ausgeweitet, berichtet Spiegel Online. Nun soll auch der Nordeuropa-Chef des sozialen Netzwerks mit einer Klage wegen des Verdachts auf Volksverhetzung konfrontiert sein.
Die Anzeige hat erneut der Würzburger Anwalt Chan-jo Jun eingereicht. Neu ist, dass mit dem aktuellen Ermittlungsverfahren erstmals ein Manager betroffen ist, der für das operative Geschäft von Facebook verantwortlich ist – und damit letztlich auch für die Kontrolle von gemeldeten Nutzerbeiträgen. Zuvor wurde zwar schon ein Ermittlungsverfahren gegen die drei Geschäftsführer der Facebook Germany GmbH eingeleitet. Die deutsche Niederlassung kümmert sich aber nicht um den eigentlichen Betrieb des sozialen Netzwerks, sondern ist für das Werbegeschäft zuständig.
Wer ist für Hassbeiträge verantwortlich?
An dem eigentlichen Problem ändert das neue Ermittlungsverfahren allerdings nichts. Denn nach wie vor steht die Frage im Raum: Sind Facebook-Manager juristisch verantwortlich, wenn gemeldete Hassbeiträge nicht gelöscht werden? So soll der Anwalt Jun mittlerweile rund 200 Beiträge mit rassistischen oder gewaltverherrlichenden Inhalten gemeldet haben. Diese wurden aber oftmals nicht entfernt, weil sie laut Facebook nicht gegen die Gemeinschaftsstandards verstoßen würden.
Daher auch der Vorwurf, dass die Betreiber des sozialen Netzwerks rechtswidrig handeln. Denn in Deutschland haben Anbieter von Internetdiensten prinzipiell das Privileg, dass diese nicht für Beiträge der Nutzer haften. Das gilt aber nur, solange sie nicht darauf hingewiesen werden. Wenn Facebook also gemeldete Beiträge nicht löscht, obwohl diese gegen deutsches Recht verstoßen, kann das Unternehmen – zumindest in der Theorie – dafür auch belangt werden.
Konflikt schwelt weiter
Bereits vor den Ermittlungsverfahren wurde Facebooks Umgang mit Hassbeiträgen seit geraumer Zeit kritisiert. Der Vorwurf von zahlreichen Nutzern, Aktivisten und auch Politikern lautet: Zu viele Hassbeiträge werden nicht gelöscht, obwohl es offensichtlich ist, dass diese gegen die Gemeinschaftsstandards verstoßen. Die Löschkriterien sind für Außenstehende praktisch nicht nachzuvollziehen.
Solche Vorwürfe werden von Facebook stets zurückgewiesen. Es wird zwar eingeräumt, dass es vereinzelt zu Fehlern kommt, doch ein grundlegendes Problem sieht man nicht. In Gesprächen mit der Bundesregierung hat sich Facebook aber bereit erklärt, zentrale Meldestellen für Hassbeiträge finanziell zu unterstützen. Zudem soll eine Kampagne gestartet werden, um „Counter Speech“ zu fördern.
Die Bundesregierung hält sich selbst noch mit konkreten Maßnahmen zurück. Allerdings soll zumindest das Innenministerium laut einem Bericht von Zeit Online mit dem Gedanken kokettieren, künftig Europol kontrollieren zu lassen, ob Beiträge mit rassistischen und fremdenfeindlichen Inhalten gelöscht werden müssen.