The Lab: Valves VR-Experimente zum Nachspielen

 2/2
Andreas Schnäpp
12 Kommentare

Haptische Highlights

Deutlich verspielter geht es hingegen in den Experimenten „Slingshot“, „Longbow“ und „Xortex“ zu. Das Aperture-Lagerhaus dient erstgenanntem Experiment als Schauplatz: Als Lehrling geht es an die „Kalibrierung“ von Sensor-Kernen. Die in den ballförmigen Gehäusen enthaltenen künstlichen Intelligenzen erleben als Munition für eine höhenverstellbare Schleuder ihren letzten Einsatzzweck. Dank herrlich komischer Monologe und spaßigem Physiksystem unterhält die destruktive Lehrphase auch nach mehrmaligem von Glados gefeuert werden noch bestens.

Beim Spannen der Schleuder vermittelt der SteamVR-Controller über Vibrationsmuster annäherungsweise ein physisches Gefühl von den rein virtuellen Objekten, mit denen der VR-Nutzer gerade interagiert. Bewegt sich die Hand des Spielers in Richtung eines interaktionsfähigen Objekts, erfolgt das Feedback auf zwei Ebenen: Einerseits leuchtet die Controller-Repräsentation im Spiel gelb auf, um die Möglichkeit der Interaktion zu symbolisieren, andererseits erfolgt zeitgleich eine kurze, aber stärkere Vibration am entsprechenden Controller, die die Kollision zwischen Hand und Spielobjekt signalisiert.

Im „Slingshot“-Szenario werden ausgediente Sensor-Kerne „rekalibriert“
Im „Slingshot“-Szenario werden ausgediente Sensor-Kerne „rekalibriert“ (Bild: Valve)

Auf ähnliche Weise erzeugt der Controller im „Longbow“-Szenario ein haptisches Gefühl für das Spannen des Bogens. Je stärker die Sehne anspannt wird, desto intensiver ist auch das Vibrationsmuster am Controller fühlbar. Ja, es fühlt sich wirklich so an, als würde der Bogen gespannt. Eine einfache, aber solide Spielphysik sorgt beim Umgang mit dem virtuellen Langbogen für Langzeitmotivation: Das Zielen mit dem Bogen ist, wie im echten Leben, eine Gefühls- und Übungssache. Zwar lässt sich auch Valves Langbogen-Szenario in nur wenigen Minuten durchspielen, auf Bogenschießen spezialisierte Steam-Projekte wie Bowslinger und Holopoint versprechen jedoch, sich dieser VR-Nische anzunehmen.

Im „Longbow“-Experiment werden Gegnerwellen mit Pfeil und Bogen erlegt
Im „Longbow“-Experiment werden Gegnerwellen mit Pfeil und Bogen erlegt (Bild: Valve)

Die beeindruckendste Haptik bietet jedoch Xortex, das sich als eine Art Space Invaders im virtuellen Raum beschreiben lässt. Der Spieler hält mit einem der Controller sein Raumschiff wie ein Spielzeug in der Hand und fliegt es auf diese Weise frei durch den Raum. Die Gegnerwellen schleudern dem Raumschiff leuchtende Plasmakugeln und Laserstrahlen entgegen. Die Steuerung ist simpel gehalten, denn zurückgefeuert wird automatisch sobald das eigene Raumschiff in richtiger Ausrichtung auf die Gegner zielt. Die in den SteamVR-Controllern verbauten Aktuatoren machen jeden abgegebenen Schuss fühlbar. Physikalisch widersinnig, aber dem Spielspaß zutragend wird auch Bewegung als Feedback an den Spieler zurückgegeben: Wird das Raumschiff über schnelle Handbewegungen beschleunigt, mimt der Controller mit intensiver werdenden Vibrationsmustern den Luftwiderstand nach.

Xortex bringt Arcade-Geballer in die virtuelle Realität
Xortex bringt Arcade-Geballer in die virtuelle Realität (Bild: Valve)

Wissenschaftliche Schnupperstunde

Abgerundet wird das Gesamtpaket von zwei kurzweiligen VR-Experimenten, die mehr als wissenschaftlich Anwendungsstudie zu verstehen sind. In „Solar System“ bewegt sich der VR-Nutzer durch eine Miniaturversion der Galaxie und kann Planeten in ihrer Umlaufbahn betrachten oder selbst eingreifen, sie in die Hand nehmen und anschließend durch den Raum schleudern. An dieser Stelle endet das Interaktionspotential mit der Spielwelt jedoch auch schon: Wer sich wirklich mit Planeten, Asteroiden und Sonnen austoben möchte, wird mit der VR-Version der Weltraum-Simulation Universe Sandbox ² fündig.

Ein dreidimensionaler CT-Scan ist das Kernkonzept der „Human Medical Scan“-Szene in The Lab: Mit einer holographischen Scheibe kann der VR-Nutzer unterschiedliche Regionen des Scans genauer betrachten, indem scheibchenweise Skelettregionen durchleuchtet werden. Dank room-scale VR kann das Modell aus jeder Blickrichtung näher inspiziert werden. Begeisterung bleibt bei dieser Demo trotzdem aus.

Neugier wird belohnt

Jedes der beschriebenen VR-Experimente lässt sich innerhalb von fünf bis dreißig Minuten „absolvieren“. Wer im Ansatz Langzeitmotivation sucht, wird höchstens beim „Slingshot“- und „Longbow“-Szenario fündig – aber auch hier ist nach wiederholtem Durchspielen der Demos die Luft raus, es bräuchte mehr Level. Doch den Langzeit-Anspruch stellt The Lab auch gar nicht: Valves kostenlose Experiment-Sammlung ist eine interessante und technisch solide Konzeptstudie, welche unterschiedlichen Erlebnisse mit dem raumfüllenden VR-Medium möglich sind. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Gerade für VR-Neulinge ist The Lab eine ideale Anlaufstelle, um auf unterhaltsame Weise an das Medium herangeführt zu werden. Nur soviel sei verraten: Wer beim Erkunden von Valves Taschenuniversum neugierig bleibt, wird mit dem ein oder anderen Easter Egg belohnt. Tipps zu gefundenen Easter Eggs können in den Kommentaren mit der CB-Community ausgetauscht werden.

Dieser Artikel war interessant, hilfreich oder beides? Die Redaktion freut sich über jede Unterstützung durch ComputerBase Pro und deaktivierte Werbeblocker. Mehr zum Thema Anzeigen auf ComputerBase.