Bundesregierung: Neue Behörde soll verschlüsselte Inhalte knacken
Die Bundesregierung will mit einer „Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich“ (Zitis) eine eigenständige Behörde schaffen, um verschlüsselte Kommunikation und Smartphones für Polizei und Geheimdienste zu knacken. Das berichtete die Süddeutsche Zeitung in der letzten Woche.
Entscheidend für diese Maßnahme ist das altbekannte Verschlüsselungsdilemma: Je besser das Verfahren, desto sicherer sind die Nutzer. Für Sicherheitsbehörden besteht dann allerdings das Problem, dass diese selbst mit einem Gerichtsbeschluss nicht auf die verschlüsselte Kommunikation zugreifen können.
Keine Hintertüren, keine goldenen Schlüssel
Im Streit um Hintertüren verfolgt die Bundesregierung laut den Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR nun einen Grundsatz: Anbieter von Kommunikationsdiensten sollen nicht verpflichtet werden, jegliche Inhalte auf Anfrage der Sicherheitsbehörden herausgeben zu müssen. Dementsprechend soll es keinen Zwang zu Hintertüren in den Algorithmen geben oder einen sogenannten „goldenen Schlüssel“, mit dem sich sämtliche Inhalte eines bestimmten Anbieters entschlüsseln lassen.
Stattdessen will die Bundesregierung mit Zitis eine neue Sicherheitsbehörde schaffen. Die Aufgabe: Verschlüsselungsverfahren knacken. Die entsprechende Technologie soll entweder selbst entwickelt werden, auf dem freien Markt eingekauft oder von befreundeten Staaten übernommen werden. Selbst abhören soll die neue Behörde allerdings nicht, stattdessen handelt es sich bei Zitis in erster Linie um einen Technologie-Lieferanten für Polizei und die Geheimdienste. Mit dieser Aufgabenteilung will die Bundesregierung sicherstellen, dass das Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdiensten nicht verletzt wird.
Entschlüsselungsbehörde mit bis zu 400 Mitarbeitern
Für Zitis soll bereits im kommenden Jahr ein Budget in niedriger zweistelliger Millionenhöhe bereitgestellt werden, damit zunächst rund 60 Mitarbeiter eingestellt werden können. Bis 2022 soll die Anzahl dann auf 400 ansteigen. Die Aufgaben der neuen Behörde sollen allerdings nicht per Gesetz geregelt werden. Vorgesehen ist lediglich ein „Errichtungserlass“ des Innenministeriums.
Mit der neuen Behörde versucht die Bundesregierung, die Forderungen von Sicherheitspolitikern und den Vertretern von Polizei und Geheimdiensten zu erfüllen. Laut dem Bericht der Süddeutschen Zeitung erklärte etwa Europol-Chef Rob Wainwright, dass Verschlüsselung bereits bei 75 Prozent der Fälle eine Rolle spiele. Ebenso habe eine Stichprobe beim Bundeskriminalamt (BKA) ergeben, dass ein Großteil der Fälle davon betroffen ist.
Komplett neu sind die Pläne derweil nicht. Bereits im letzten Jahr kursierte die Meldung, dass eine Entschlüsselungsbehörde geplant sei. Nach Stimmen aus dem Innenministerium wurde das damals als „Mini-NSA“ verspottete Konzept aber gründlich überarbeitet. So soll etwa der Bundesnachrichtendienst (BND) nicht mehr bei Zitis beteiligt sein.