Internetverband eco: Kein Leistungsschutzrecht für Europa
Auf europäischer Ebene dürfe es kein Leistungsschutzrecht geben, fordert der Verband der Internetwirtschaft eco. In Deutschland ist das entsprechende Gesetz mittlerweile seit fast drei Jahren in Kraft. Bislang habe es aber noch keine Probleme gelöst, stattdessen kenne es nur Verlierer.
Die Stellungnahme des eco erfolgt anlässlich aktueller Pläne der EU, die im Herbst die Leitlinien für eine europäische Urheberrechtsreform vorstellen will. Und das Leistungsschutzrecht für Presseverlage ist immer noch Bestandteil der Debatte. Ein entsprechendes Konsultationsverfahren der EU-Kommission ist im Juni ausgelaufen, dabei hatte sich die VG Media – die Verwertungsgesellschaft der Verlage – für eine europäische Regelung ausgesprochen.
Wie diese Regeln nun im Detail aussehen sollen, ist immer noch unklar. Doch der Kerngedanke ist: Suchmaschinenbetreiber wie Google und andere Internetdienste sollen Gebühren an die Presseverlage zahlen, wenn Inhalte aus den Artikeln übernommen werden.
Bilanz: Gerichtskosten übersteigen die Einnahmen
Der Haken ist nun: Das Beispiel Deutschland offenbart, dass das Gesetz in der Praxis kaum funktioniert. „Es zeigt sich immer deutlicher, dass die Schaffung des Leistungsschutzrechtes in Deutschland bislang niemanden etwas gebracht hat“, erklärt eco-Vorstand Oliver Süme. Besser werde es auch nicht werden, wenn „es jetzt möglicherweise auch noch auf europäischer Ebene eingeführt und sogar ausgeweitet werden soll.“
Denn die Bilanz des deutschen Leistungsschutzrechts ist, dass es bislang nur Verlierer gebe. So wurde etwa erst vor kurzem bekannt, dass die VG Media seit dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1. August 2013 insgesamt 714.540 Euro durch entsprechende Gebühren eingenommen hat. Demgegenüber stehen allerdings rund 3,3 Millionen Euro an Gerichtskosten – in der Summe also ein deutliches Verlustgeschäft.
Der ewige Kampf mit Google
Die zentralen Probleme mit dem deutschen Gesetz sind dabei hausgemacht. Ursprünglich als eine Art Lex Google geplant, wollten die Verlage vor allem den Suchmaschinenprimus zur Kasse bitten. Google weigert sich allerdings standhaft, nur einen Cent zu bezahlen, sodass Verlage entweder auf die finanziellen Ansprüche verzichten müssen oder bei Google News ausgelistet werden. Diesen Schritt können sich die Online-Portale aufgrund des Traffics, der über Google kommt, jedoch nicht leisten.
Der Vorwurf der VG Media lautet daher: Google missbraucht die Marktmacht, um sich vor den Gebühren zu drücken. Das Problem: Sowohl das Bundeskartellamt als auch die Gerichte teilen die Sichtweise von Google. Niemand könne einen Anbieter zwingen, einen Internetdienst so auszugestalten, dass dann Gebühren an die Presseverlage fällig sind, lautet das Argument.
Noch haben die Verlage aber nicht aufgegeben. Und die VG Media setzt nun auf eine europäische Regelung, um den Druck auf Google zu erhöhen. So heißt es in der Stellungnahme für EU-Konsultation (PDF-Datei), dass eine EU-weites Leistungsschutzrecht „insbesondere gegenüber marktmächtigen US-amerikanischen Konzernen [also Google, A.d.R.]“ die Durchsetzungskraft der Verlage stärken und verbessern würde. „Dabei muss jedoch von vornherein durch entsprechende flankierende Regelungen sichergestellt sein, dass das EU-weite Schutzrecht auch tatsächlich von den Presseverlegern durchgesetzt werden kann“, so die VG Media.
Leistungsschutzrecht als Hemmnis für Startups
Ein weiterer Punkt ist die Frage, wann überhaupt Gebühren bezahlt werden müssen. Denn im Gesetz besteht die Ausnahme für „einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte“, die nicht vom Leistungsschutzrecht betroffen sind. Nur hat weder der Gesetzgeber noch ein Gericht selbst nach drei Jahren noch nicht entschieden, was mit „kleinsten Textausschnitten“ überhaupt gemeint ist. Wie problematisch das vor allem für Startups ist, zeigt der Fall uberMetrics, von dem Zeit Online zuletzt berichtet hatte.
uberMetrics betreibt einen Medienbeobachtungsdienst, der die Inhalte zu bestimmten Themen sammelt. Nun hatte der Verlag der Süddeutschen Zeitung (SZ) eine einstweilige Verfügung eingereicht, da uberMetrics als Teil des Dienstes auch kurze Vorschautexte – also Snippets – erstellt, die zwischen 235 und 250 Zeichen lang ist. Nach Ansicht des SZ-Verlags ist das zu viel, es wären also Leistungsschutzrecht-Gebühren fällig.
Der Streit kam vor Gericht, doch das Oberlandesgericht München erklärte lediglich, dass die einstweilige Verfügung des SZ-Verlags berechtigt war. uberMetrics müssen sich nun direkt mit dem SZ-Verlag auf einen Grenzwert verständigen. Wie viele Wörter ein Mediendienst oder eine Suchmaschine nun aber verwenden kann, ohne unter das Leistungsschutzrecht zu fallen, ist weiterhin nicht geklärt. Die Richter sehen die Verantwortung bei der Bundesregierung. „Es wäre schön gewesen, wenn der Gesetzgeber klargemacht hätte, was kleinste Textausschnitte sind“, erklärte der Vorsitzende des Oberlandesgericht laut Zeit Online.
Für Suchmaschine oder Internetdienste wie eben uberMetrics, die Medieninhalte aufbereiten, besteht also weiterhin eine Rechtsunsicherheit. Aus diesem Grund fordert auch eco-Vorstand Süme: „Ein neues, noch breiter ausgelegtes Leistungsschutzrecht auf europäischer Ebene könnte zum Hemmschuh für die gesamte Informationsgesellschaft und Digitalisierung werden: Es droht eine dauerhafte massive Rechtsunsicherheit für alle Akteure.“