Analyse: Pokémon Go und der Kampf um die Netzneutralität

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Andreas Frischholz
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Das 5G-Manifest

Denn: Ausgestanden ist die Lobby-Schlacht um die Netzneutralität immer noch nicht, wie sich erst in der letzten Woche zeigte: Die 17 größten Provider in Europa – darunter die Deutsche Telekom, Telefónica und Vodafone – veröffentlichten ein 5G-Manifest, das umgehend von EU-Digitalkommissar Günther Oettinger begrüßt und per Twitter beworben wurde. Der Inhalt ist jedoch brisant.

Ein Papier mit Sprengkraft

Denn die zentrale Aussage lautet: Die Telekom-Industrie warnt, dass die aktuellen Netzneutralität-Richtlinien die Monetarisierung der 5G-Netze gefährde. „Daher können Investments verzögert werden, außer die Regulatoren nehmen eine positivere Haltung gegenüber Innovationen ein und bleiben dabei.“ Gemeint ist damit: Spezialdienste sollten erlaubt sein, um neue Dienste anbieten zu können, die zugleich auch neue Geschäftsmodelle ermöglichen. Falls die EU nicht mitmacht, stockt der Breitbandausbau.

Erneut geht es also um die ominösen Spezialdienste, die seit Jahren die Debatte um die Netzneutralität bestimmen. Die Haltung der Provider ist: Viele Anwendungen wie hochauflösende Videokonferenzen und aus dem Bereich vom Internet der Dinge benötigen in Zukunft eine gesicherte Übertragungsqualität. Und wenn diese bereitgestellt wird, sollten die Kunden auch zahlen. Netzaktivisten halten dieses Argument für vorgeschoben, in den USA gebe es auch strenge Netzneutralität-Vorgaben. Den Providern gehe es vielmehr um neue Geschäftsmodelle, so der Vorwurf. Und ein Zwei-Klassen-Internet werde dafür billigend in Kauf genommen.

Mit den 5G-Netzen erreicht der Streit nun eine neue Dimension. Denn zunächst handelt es sich dabei zwar nur um den kommenden Mobilfunk-Standard, der ab dem Jahr 2020 ausgerollt werden soll und Geschwindigkeiten von bis zu 10 Gbit/s verspricht. Politisch ist er aber das Versprechen für die digitale Zukunft, für ein allgegenwärtiges Hochleistungsnetz, das zahllose Anwendungen erst möglich macht. Die Palette reicht dabei von Smart Cars, Verkehrssteuerung bis hin zu e-Health-Anwendungen und so ziemlich allem, was mit dem Internet der Dinge zu tun hat.

Dementsprechend verlockend ist es für Provider, es wimmelt geradezu vor potentiellen Geschäftsmodellen. Und dementsprechend skeptisch reagieren auch die Netzaktivisten. So erklärt etwa SaveTheInternet-Aktivist Lohninger: „Wenn die ISPs den 5G-Ausbau wirklich durch Netzneutralitätsverletzungen finanzieren wollen, werden unsere schlimmsten Befürchtungen wohl noch von der Realität übertroffen.

Getrieben von der digitalen Zukunft

Selbst wenn sich das 5G-Manifest auf den ersten Blick wie ein verklausulierter Erpressungsversuch liest, eine simple Einteilung in Gut und Böse funktioniert nicht. Denn auch die Provider sind Getriebene, wie etwa Sascha Lobo beschreibt. Getrieben von milliardenschweren Investitionen, die für den Ausbau der Glasfaser- und 5G-Netze nötig sind. Getrieben von Internetriesen wie Amazon, Google, Netflix, die immer stärker in den Geschäftsfeldern die Provider wildern. Getrieben von der Politik, die locker und lässig ambitionierte Ziele formuliert.

So war es etwa der Vize-Kanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), der unlängst erklärte: Deutschland soll bis 2025 die beste digitale Infrastruktur der Welt haben soll. Der Haken ist nur, dass es an einem stimmigen Konzept fehlt, um das proklamierte Ziel zu erreichen. Einige Fördermilliarden hier, etwas Regulierung dort, doch der große Wurf ist noch nicht gelungen. Nicht einmal beim Vectoring-Streit schafft es die Bundesregierung, eine klare Linie vorzugeben. Daher wird auch innerhalb der Telko-Branche die Forderung nach einem Masterplan für Gigabit-Netze immer lauter.

Der Status Quo wird derzeit aber von einem Dilemma bestimmt: Die Provider suchen händeringend nach neuen Geschäftsmodellen, um den teuren Ausbau der digitalen Infrastruktur zu finanzieren. Ausnahmen bei der Netzneutralität sind zwar eine Möglichkeit. Allerdings eine Möglichkeit, die das offene Internet gefährdet, was vor allem zulasten der Nutzer sowie kleinere Unternehmen und Startups geht.

Wie schaut nun eine Lösung aus? Im Kern führt kein Weg am Staat vorbei, der sich selbst die Hände schmutzig machen muss, um die anvisierten Ziele zu erreichen. Daher wären strikte Netzneutralität-Regeln nicht nur als Statement für ein offenes Internet zu verstehen. Sondern vielmehr auch als Aufforderung für die Politik: Die digitale Zukunft ist so wichtig, dass man den Aufbau nicht nur der Telko-Branche aufbürden kann.

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