Amazon: Auflagen für Verleger digitaler Bücher gelockert
Amazon beugt sich dem Druck der EU-Kommission und hebt seine umstrittenen Vertragsklauseln auf. Der Online-Händler war vor fast genau zwei Jahren in das Visier der Brüsseler Ordnungshüter geraten, nachdem diese damit begonnen hatten, bestimmte vertragliche Abmachungen mit den Verlagen einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen.
Grund für die Untersuchung waren Vereinbarungen Amazons mit Verlagshäusern, in denen diese sich verpflichteten, dem Online-Händler die gleichen oder bessere Konditionen zu gewähren wie anderen Mitbewerbern. Amazon verlangte zudem Informationen darüber, falls die Verlage Konkurrenten bessere Konditionen einräumten. Die Klauseln sollen jedoch nicht nur die Preisgestaltung, sondern auch andere Geschäfts- oder Vertriebsmodelle ebenso umfasst haben wie Sonderangebote.
Untersuchung 2015 begonnen
Die EU-Kommission wollte in einem Anfang Juni 2015 eingeleiteten förmlichen Kartellverfahren geklärt wissen, ob und in welcher Form Amazon den Wettbewerb zwischen E-Book-Händlern einschränkt und ob das Unternehmen möglicherweise seine beherrschende Stellung auf den Märkten für den Einzelhandelsvertrieb von E-Books missbraucht. Zudem wollten die Brüsseler Vertreter sicherstellen, dass sich die gemachten Vereinbarungen nicht negativ auf den Verbraucher auswirkten.
Rund zwei Jahre später steht die Untersuchung mit dem Angebot Amazons, in zukünftigen Verträgen verpflichtend auf Vereinbarungen wie unter anderem die Meistbegünstigungsklauseln zu verzichten, vor ihrem Ende. Zuvor gelangte die Kommission zu der Auffassung, dass Amazon es anderen E-Book-Händlern durch derartige Klauseln erschwert hat, im Wettbewerb mit dem Online-Händler zu bestehen. Die Klauseln könnten laut den Wettbewerbshütern zu weniger Wettbewerb auf dem europäischen E-Book-Markt geführt haben.
Verlage können entsprechende Verträge binnen 120 Tagen kündigen
Mit der Abkehr von der bisherigen Vorgehensweise ist Amazon einer Strafzahlung gegenüber der EU zuvorgekommen. Zudem bietet der Konzern betroffenen Verlagen an, mit den Klauseln abgeschlossene Verträge innerhalb einer Frist von 120 Tagen schriftlich kündigen zu können.
Die Verpflichtung umfasst einen Zeitraum von fünf Jahren und zielt auf jedes von Amazon im europäischem Wirtschaftsraum vertriebene E-Book ab, unabhängig der jeweiligen Sprache. Sollte Amazon sich nicht an die Abmachung halten, droht eine Strafzahlung welche bis zu 10 Prozent des Jahresgesamtumsatzes betragen kann – ohne dass die Kommission einen Verstoß gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften nachweisen muss.
Laut EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager öffnet der Beschluss nun Verlagen und Wettbewerbern die Möglichkeit, innovative Dienstleistungen für E-Books entwickeln zu können und für mehr Auswahl und Wettbewerb auf dem E-Book-Markt zu sorgen – zum Vorteil der europäischen Verbraucher.
Auch Apple geriet ins Visier
Amazon ist jedoch nicht das erste Unternehmen, welches aufgrund von Vertragsklauseln bei E-Books das Interesse der europäischen Wettbewerbshüter weckte: Bereits 2012 hatte sich Apple und die Verlage Simon & Schuster, Harper Collins, Hachette Livre sowie die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck mit der EU-Kommission darauf geeinigt, zukünftig auf sogenannte Handelsvertreterverträge zu verzichten, über welche Preise für E-Books bestimmt wurden.
Im selben Jahr strebte das US-Justizministerium eine Kartellklage aufgrund von vermeintlichen Preisabsprachen gegen Apple an, bei welchen neben den Verlagen Macmillian und Penguin bis auf Georg von Holtzbrinck ebenfalls oben genannte Verlagshäuser involviert waren. Während letztere schnell eine Einigung mit der US-Justiz durch eine Zahlung von 166 Millionen US-Dollar erzielen konnten, wies Apple alle Schuld von sich. Nachdem der Konzern in erster Instanz eine Niederlage erlitt und zwei Berufungen abgelehnt wurden, musste das Unternehmen aus Cupertino am Ende die bereits vorher mit diversen Klägern vereinbarte Summe von 450 Millionen US-Dollar zahlen.