Age of Empires Definitive im Test: 20 Jahre sind optisch wie weggeblasen

 5/5
Wolfgang Andermahr (+2)
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Fazit

Die Definitive Edition von Age of Empires ist eine gelungene Restauration eines Klassikers. Technik und visuelle Güte profitieren zweifelsohne von der umfangreichen Optimierung. Dass sich Microsoft zuvorderst auf eine Wiederherstellung konzentriert hat, erweist sich so aber als Nachteil. Einige Ergänzungen, deren Nutzen unbedingt zu unterstreichen ist, können den Staub aus dem letzten Jahrtausend nicht in Gänze beiseite wischen. Wie schwer er wiegt, hängt vom Spieler ab.

Die Grafik wird der Zeit gerecht

Die Technik hat einen Riesenschritt in die richtige Richtung gemacht und stellt das, was Blizzard vor einem Jahr mit StarCraft Remastered gezeigt hat, weit in den Schatten. Die Präsentation ist nicht perfekt, passt aber sehr gut zum Spiel, das sich dank der 2D-Darstellung mit deutlich weniger Leistung zufrieden gibt als zum Beispiel ein Dawn of War III. Das, was Forgotten Empires hier zeigen, würde auch anderen modernen Spielen gut stehen.

Die Verwendung der alten und nur deutlich aufpolierten Engine bringt allerdings ein Problem mit sich: Es gibt keinen echten Zoom. Microsoft hat zwar einen „Hack“ mit drei vorgegebenen Zoomstufen eingebaut, die ohne Qualitätsverlust durchaus hilfreich sind. Allerdings passen sie nicht bei jeder Auflösung perfekt und wer dann manuell hinaus zoomt, hat schnell mit einem starken Performanceeinbruch zu kämpfen. Wer weiter rein zoomt, dem verschwimmt hingegen das Bild vor Augen.

Apropos Performance: Ist viel auf dem Bildschirm los, geht die Leistung schnell in den Keller. Eine High-End-Grafikkarte hilft da nicht, weil sie nicht ausgelastet wird. Auch langsamere GPUs kommen so beim Blick auf die Benchmarks zwar gut mit, das liegt aber nicht anderen Tempo, sondern dem Leerlauf der größeren Modelle. Der Titel sollte also grundsätzlich schneller laufen können. Immerhin liefert er aber auch so noch vertretbare FPS selbst auf langsameren Systemen ab. Auch AMDs neue Raven-Ridge-APU schafft spielbare Frameraten. Knapp wird es hingegen für Intels iGPUs, oberhalb von Full HD geht diesen Grafikeinheiten die Puste aus.

Auch ein sehr schneller Prozessor bringt in der alten Engine nur wenig Schub, obwohl der Titel mittlerweile mit mehr als nur einem Kern zurecht kommt. Die aufgebohrte Engine verlangt aber offensichtlich nach noch mehr. Das Problem der Neuauflage: Die alte Engine ermöglicht denselben Grafikstil wie im Original, muss in der Definitive Edition aber Dinge tun, wofür sie nie gedacht war – und das geht auf die Performance.

Wenig hilfreich ist, dass das Spiel UWP nutzt und sich VSync nicht abschalten lässt. Dadurch gibt es größere FPS-Sprünge, wenn die Bildwiederholfrequenz des Monitors nicht gehalten werden kann. Das macht das Leistungsproblem im Zweifelsfall stärker spürbar als notwendig. Es wäre schön, wenn Microsoft für Age of Empires 2: Definitive Edition diese Schwachstellen auch noch angehen könnte, an der Technik gäbe es dann nur noch wenig zu meckern.

Spielerisch definitiv angestaubt

Spielerisch sieht das bei der Neuauflage des 1. Teils anders aus. Es gibt zeitlose Klassiker. Age of Empires zählt in diese Kategorie aber nur bedingt. Das Spiel besitzt genug Qualitäten, die ein paar spaßige Stunden versprechen. Nach Ende des Nostalgie-Bonus beginnen aber all die längst obsoleten Aspekte zu ärgern, die das Gameplay selbst haben durchaus altern lassen. Der Spaß endet für viele heute noch aktive Spieler schlicht mit Ernüchterung. Dass früher alles besser war, lässt sich dennoch bestätigen. Damals war das Spieldesign durchaus unterhaltsamer, das Spiel aber auch. Man kannte, Gnade der Ignoranz, schlicht noch nichts anderes.

AoE: DE ist besser als das Original, aber nicht uneingeschränkt gut
AoE: DE ist besser als das Original, aber nicht uneingeschränkt gut

Unbedingt empfehlenswert erscheint Age of Empires deshalb nicht mehr. Geht es nicht zuvorderst um einen besonderen Nostalgie-Trip mit einem alten Lieblingsspiel, bleibt zunächst die Hoffnung auf die definitive Version von Age of Empires 2, das spielerisch dichter an der Moderne liegen sollte. Spielbare Nostalgie nach ganz ähnlicher Art liefert bis dahin die HD-Version von Age of Mythology, die erstens zumeist günstiger erhältlich ist und zweitens noch einen weiteren Evolutionsschritt markiert.

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