LTE- und 5G-Modems: Apple fand Qualcomms Chips trotz Intel-Deal besser
Aus Gerichtsunterlagen im abgebrochen Verfahren zwischen Apple und Qualcomm geht hervor, dass Apple weit vor Einreichung der Klage erwogen hatte, Qualcomm einen finanziellen Schaden zuzuführen. Unterdessen war Apple aber auch nach dem teilweisen Wechsel zu Intel klar, dass Qualcomm die besseren Modem-Chips anbietet.
Der Streit zwischen Apple und Qualcomm ist von außen betrachtet offiziell beendet, nachdem sich beide Parteien überraschend außergerichtlich geeinigt haben. Das Lizenzabkommen läuft für die nächsten sechs Jahre mit einer Option auf weitere zwei Jahre. Das für 2020 erwartete iPhone mit 5G-Unterstützung wird voraussichtlich mit Qualcomms Snapdragon X55 laufen. Darüber hinaus gibt es eine einmalige Zahlung in nicht genannter Höhe an Qualcomm. Infolge des Abkommens hat sich Intel ebenso überraschend aus dem Modem-Geschäft für Smartphones vollständig zurückgezogen.
Apple war mit Qualcomms Geschäftsmodell nicht einverstanden
Im Gerichtsverfahren ist es infolgedessen nur zu einem teilweisen Eröffnungsplädoyer seitens Qualcomm gekommen. Aufgrund des Abbruchs des Prozesses hatten Apples Anwälte keine Chance mehr, auf Qualcomms Eröffnungsplädoyer einzugehen. Grundlage für Apples Klageerhebung war, dass das Unternehmen Qualcomm wettbewerbsfeindliches Verhalten vorwarf, das höhere Chip-Preise, eingeschränkten Wettbewerb und weniger Auswahl für Kunden zur Folge gehabt haben soll. Ein Dorn im Auge waren für Apple vor allem die Lizenzzahlungen pro Gerät, anstatt nur für die Qualcomm-Chips selbst zu zahlen. Qualcomm argumentierte hingegen, dass ohne die Technologien des Unternehmens das gesamte Gerät nicht möglich gewesen sei.
Apple plante früh Druck auszuüben
Die vom Gericht freigegebenen Qualcomm-Dokumente, die sich bei Scribd einsehen lassen, zeigen, dass im Rahmen des Eröffnungsplädoyers von Qualcomm-Anwalt Evan Chesler aus internen Präsentationsfolien von Apple zitiert worden ist. Aus einer von Qualcomm hervorgehobenen Apple-Folie mit der Überschrift „QCOM - Future scenarios“ geht hervor, dass von Apple zum Beispiel durch einen Wechsel zu Intels Modems Druck auf Qualcomms Geschäftsmodell aufgebaut werden könne. Auf einer zweiten Seite heißt es jedoch, dass es sinnvoll sei, mit dem Patentkampf bis nach Ende 2016 zu warten, nachdem die Verträge mit Qualcomm ausgelaufen seien. Chesler sieht es als erwiesen an, dass Apple den Feldzug vor Gericht von langer Hand geplant hatte. Einem anderen Dokument aus dem Jahr 2016 zufolge wollte Apple Qualcomm finanziell schädigen und Qualcomms gesamtes Geschäftsmodell der Lizenzen einem Risiko aussetzen.
Qualcomm wusste 2014 vom Intel-Wechsel
Bereits seit 2014 war Qualcomm darüber im Klaren, dass Apple ab 2016 auf Intel-Modems setzen wird. Qualcomm-Präsident Cristiano Amon erklärte damals in einer E-Mail an CEO Steve Mollenkopf, CTO Jim Thompson, General Counsel Don Rosenberg und Lizenz-Chef Derek Aberle, dass die Entscheidung für einen zweiten Zulieferer (Intel) im 2016er Premiumsegment (Apple) gefallen sein. Es gebe kein Zurück mehr.
Laut Apple baut Qualcomm die besten Chips
Für Apple war es trotz des erst teilweisen und später vollständigen Wechsels zu Intel klar, dass Qualcomm die besten Modem-Chips anbietet. Das Unternehmen war schlichtweg nicht mit dem Geschäftsmodell von Qualcomm einverstanden und wollte in diesem Punkt eine Entscheidung vor Gericht erzwingen. Aus den Folien von Apple geht hervor, dass Qualcomm das stärkste Patentportfolio attestiert wurde. Und Apples Johny Srouji, damals und heute Senior Vice President für Hardware Technologies, schrieb noch im März 2015 in einer E-Mail, als die Entscheidung für den Wechsel zu Intel längst gefällt war, dass Qualcomm aus technischer Sicht „die Besten“ seien.