Autonomes Fahren: Teslas neue FSD-Platine ist Nvidia aktuell noch überlegen
Tesla hat im Rahmen des Autonomy Day eine eigene Platine mit zwei FSD-Chips (Full Self-Driving) vorgestellt, die Nvidias Xavier-Plattform in puncto Rechenleistung schlägt. Nvidia findet den Vergleich in gleich mehreren Punkten nicht fair. Mit dem Orin‑SoC bereitet Nvidia zudem eine schnellere und effizientere Plattform vor.
Seit März dieses Jahres werden alle Model S und X sowie seit April alle Model 3 mit Teslas neuer Platine für autonomes Fahren ausgerüstet, die bereits im kommenden Jahr, sofern der Gesetzgeber es erlaubt, sogenannte Robotaxis gemäß Level 5 ermöglichen soll. Wie Elon Musk erklärte, sollte es mit der neuen Hardware kein Problem sein, während der Fahrt zu schlafen und das Automobil alle Aufgaben erledigen zu lassen.
Die dafür benötigte Rechenleistung kommt von einer Platine, die nicht größer ausfällt als die zuletzt für Autopilot Hardware 2.5 verbaute. Das ist insofern wichtig, als dass Tesla das nachträgliche Umrüsten existierender Fahrzeuge auf die neue Hardware-Plattform erlaubt. Der Computer für autonomes Fahren ist vergleichsweise kompakt und sitzt zwischen Spritzwand und Handschuhfach. Er nehme laut Tesla somit nicht den gesamten Kofferraum ein – bereits hier beginnen die Sticheleien in Richtung Nvidia.
Ex von Intel und Apple für Design verantwortlich
Die Platine lässt sich von rechts nach links grob in drei Bereiche einteilen: Signaleingang, Verarbeitung und Ausführung. Auf der rechten Seite gehen Signale von Kameras, Radar, GPS, Ultraschall, inertialer Messeinheit, Lenkrad und Rädern ein. Teure Lidar-Sensoren benötige Tesla nicht, wie Musk erklärte, Kameras seien für die Erzeugung von dreidimensionalen Aufnahmen völlig ausreichend. Jeder, der Lidar benutze, sei verdammt (doomed), so Musk. Herz des Computers sind die zwei eigens von Tesla entwickelten FSD-Chips, die gemeinsam arbeiten, aber auch für Redundanz sorgen. Sie stammen aus der Feder von Pete Bannon, der nach Intel und PA Semi, das später von Apple gekauft wurde, wo Bannon A-Chips entwickelte, nun Vice President of Silicon Engineering bei Tesla ist.
Das Package eines FSD-Chips misst 37,5 × 37,5 mm und nutzt 2.116 Kontaktpunkte in Kugelgitteranordnung (BGA). Fertiger ist Samsung, wo das Design in 14 nm FinFET vom Band läuft. Bannon erläuterte zur Vorstellung, dass kleinere Nodes wie 10 nm oder 7 nm zur Fertigstellung des Designs vor rund anderthalb bis zwei Jahren für gewisse zugekaufte IP noch nicht zur Verfügung standen. Der Die hat eine Größe von 260 mm², besitzt 250 Millionen Logikgatter und kommt auf sechs Milliarden Transistoren.
Neural-Network-Prozessoren schaffen 144 TOPS
Herzstück eines jeden FSD-Chips, von denen zwei auf Teslas Platine verbaut sind, sind zwei Neural-Network-Prozessoren mit einer Rechenleistung von 36,8 TOPS bei 2 GHz – ergo vier Prozessoren und somit 144 TOPS pro Bordcomputer. Das Zwischenspeichern der Daten der neuronalen Netze findet fast ausschließlich in jeweils 32 MB SRAM mit einer Speicherbandbreite von 1 TB/s pro Prozessor statt. Diese Art von Speicher ist besonders energieeffizient und garantiert niedrige Latenzen. Bei der zugekauften IP handelt es sich um eine CPU aus zwölf Cortex-A72-Kernen mit 2,2 GHz sowie eine nicht näher definierte GPU mit 16 Kernen, 1 GHz Takt und 600 GFLOPS Rechenleistung.
Auf der Platine befinden sich darüber hinaus ein serielles Interface für Kameradaten, das 2,5 Milliarden Pixel pro Sekunde liefert, LPDDR4 mit 68 GB/s Bandbreite für die Kommunikation einzelner Chip-Komponenten (Tesla spricht von einem On-Chip-Netzwerk), ein ISP für Tone Mapping und Rauschunterdrückung, der eine Milliarde Pixel pro Sekunde verarbeitet, ein H.265-Encoder etwa für die Rückfahr- und Dash-Kamera, eine Lock-Step-CPU für die finale Fahrtüberwachung sowie ein Crypto-Chip, der ausschließlich das Ausführen durch Tesla signierter Software auf der Platine erlaubt.
Tesla geht von 250 Wattstunden pro Meile aus
Teslas neue Platine für autonomes Fahren nach Level 5 benötigt 72 Watt und damit 25 Prozent mehr als Hardware 2.5. Die Rechenleistung liege jedoch um den Faktor 21 über Hardware 2.5 und die Kosten für die fertige Komponenten im Auto bei nur noch 80 Prozent von Hardware 2.5. Pro gefahrene Meile (1,6 km) rechnet Tesla mit einem Verbrauch von 250 Wh.
Nvidia findet Vergleich unfair
Nvidias Drive AGX Xavier sei der FSD-Computer weit überlegen, erklärte Tesla und nannte 21 TOPS für die Nvidia-Plattform, während die eigene Lösung auf 144 TOPS komme. Im Kleingedruckten von Teslas Präsentationsfolie war jedoch zu sehen, dass Tesla dabei nur von einer 50-prozentigen Auslastung der Nvidia-GPU für Inferencing ausgeht. Deshalb ließ es sich Nvidia auch nicht nehmen, nach Teslas Präsentation auf dem eigenen Blog für eine Richtigstellung zu sorgen. Drive AGX Xavier komme auf 30 TOPS (bei 30 Watt) und nicht die von Tesla angegebenen 21 TOPS. Davon abgesehen sei Drive AGX Xavier nicht für autonomes Fahren nach Level 5 vorgesehen. In der Tat wirbt Nvidia lediglich mit Level 2+, das Level 2 mit weniger Eingriffen durch den Fahrer entspricht.
Drive AGX Pegasus ist Nvidias Plattform für autonomes Fahren nach Level 5, die mit 320 TOPS deutlich mehr Leistung bietet als Teslas FSD-Platine. Der große Nachteil: Dafür benötigt Nvidia zwei Xavier-SoCs und zwei TU104-GPUs. Der Verbrauch steigt auf 500 Watt, sodass der Energiebedarf pro TOPS beim Dreifachen von Tesla liegt.
Orin-SoC soll Drive AGX Pegasus ablösen
Nvidia bekräftigt zudem, nicht still zu stehen und an einer neuen Lösung zu arbeiten. Die nächste Prozessor-Generation Orin werde kommen. Orin ist ein SoC, das Nvidia erstmals zur GTC 2018 kurz angerissen hatte und anschließend jedoch nie wieder im Rahmen weiterer Präsentationen näher vorgestellt hat. Zur GTC 2019 war damit gerechnet worden, dazu gekommen ist es jedoch nicht. Bekannt ist bislang nur, dass zwei Orin-SoCs eine höhere Leistung bei niedrigerem Energieverbrauch als das aktuelle Drive AGX Pegasus mit je zwei Xavier-SoCs und Turing-GPUs haben wird.
Tesla bereitet nächsten Schritt vor
Während Nvidia zum Gegenschlag in Richtung Tesla ausholt, hat der Autobauer allerdings schon die nächste Generation des FSD-Chips in Arbeit. Elon Musk sagte, dass man mit dem neuen Design etwa zur Hälfte fertig sei und dass es etwa dreimal „besser“ werde. Bis die Konkurrenz aufgeholt habe, sei man schon einen Schritt weiter.