UserBenchmark: Änderung des CPU Speed Index sorgt für viel Kritik
Für großes Aufsehen und Empörung in der AMD-Community von Reddit sorgt eine jüngste Änderung bei UserBenchmark. Die Online-Datenbank für den Vergleich der CPU-Leistung auf Basis zahlreicher Benchmark-Resultate von Nutzern hat den „CPU Speed Index“ zum Nachteil der neuen Ryzen-CPUs von AMD geändert.
Über seine Website bietet UserBenchmark ein kostenloses Benchmark-Tool zum Download an, das unter anderem die CPU-Leistung in verschiedenen Szenarien ermittelt. Die Ergebnisse der Nutzer bilden die Basis für umfassende Vergleichs- und Ranglisten auf der Website. Der sogenannte Effective CPU Speed Index bildet dabei den Maßstab, in dem die Resultate der verschiedenen Tests mit unterschiedlicher Gewichtung zusammengefasst werden.
UserBenchmark macht mehr als 4 Kerne fast belanglos
Eine jüngste Änderung dieser Gewichtung sorgt für Aufregung und inzwischen über 6.000 Upvotes für den darauf fokussierten Reddit-Thread in der AMD-Community r/Amd. Vor wenigen Tagen hat UserBenchmark den CPU Speed Index grundlegend verändert. Spielten zuvor die Ergebnisse für Quad Core mit 60 Prozent, für Single Core mit 30 Prozent und für Multi Core mit 10 Prozent hinein, lautet die Gewichtung nun 58 Prozent für Quad Core, 40 Prozent für Single Core und 2 Prozent für Multi Core.
Entsprechend wird die Leistung für Tests mit einem Kern nun deutlich stärker gewichtet, die Leistung mit mehr als vier Kernen spielt hingegen fast gar keine Rolle mehr. Die Vergleichsbasis mit einem Index-Wert von 100 Prozent bildet nun der Intel Core i9-9900K statt des Intel Core i7-7700K.
AMD durch Änderung im Nachteil, Intel im Vorteil
Auch wenn die neuen Ryzen-3000-CPUs von AMD mit der Zen-2-Architektur bei der Leistung pro Kern einen großen Sprung gemacht haben und Intel fast ebenbürtig sind, liegt deren eigentliche Stärke im Multi-Core-Bereich. Intel gerät bei der Anzahl der Kerne und Threads ins Hintertreffen, bietet aber mit den Mainstream-Flaggschiffen Core i7-9700K und Core i9-9900K dank hohem Takt die bessere Single-Core-Leistung und liegt bei den meisten Spielen vorn.
Aus diesen Gründen schneiden AMDs Ryzen-CPUs im Leistungsindex von UserBenchmark nun schlechter und Intels Pendants wiederum besser ab. Dass dies AMD-Fans nicht gefällt, war zu erwarten.
Gewichtung läuft Trend zu Multi-Threading zuwider
Nach wie vor beschreibt UserBenchmark den CPU-Speed-Index als „spielorientiertes Maß für die CPU-Geschwindigkeit, das die Leistung eines einzelnen gegenüber der Leistung mehrerer Kerne bevorzugt“. Immer noch geht der Anbieter davon aus, dass Spiele in der Regel höchstens vier Kerne beanspruchen und in vielen aber nicht allen Fällen trifft dies auch zu.
Dass auch heute noch viele Spiele vor allem von einer hohen Leistung weniger Kerne profitieren, ist nicht von der Hand zu weisen. Dennoch wächst die Zahl der Titel, die mehr als vier Kerne effektiv nutzen, stetig, was auch durch Spielkonsolen mit inzwischen acht Kernen beflügelt wird. Die acht Kerne von Prozessoren wie AMD Ryzen 7 3700X oder Intel Core i9-9900K werden von manchem aktuellen Titel bereits gut genutzt.
Vor diesem Hintergrund stößt die Anpassung bei UserBenchmark nicht nur bei AMD-Fans auf Unverständnis, die in der Diskussion eben jene Entwicklung hin zu Mehrkernoptimierungen in Spielen ansprechen und sogar erwartet hätten, dass Multi Core künftig eine größere Rolle in dem CPU-Speed-Index bei UserBenchmark spielt.
Dass die Anpassung der Benchmark-Gewichtung augenscheinlich nur wenige Wochen nach dem Marktstart von AMD Ryzen 3000 erfolgt ist, wie ein Blick in Schnappschüsse des Webarchivs Wayback Machine darlegt, liefert Material für Mutmaßungen um eine bewusste Benachteiligung des erstarkten AMD-Portfolios.
Das Gesamtpaket ist bei AMD derzeit besser
Letztlich geht es aber wie soft nur um wenige Prozentpunkte Leistungsunterschied für die Benchmark-Krone. Viel wichtiger ist das Gesamtpaket aus Leistung, Funktionen, Stromverbrauch und Preis, wo AMD Ryzen 3000 derzeit die Nase vorn hat. Das spiegelt sich trotz der Änderung auch weiterhin bei UserBenchmark wider: Führt Intel in den Ranglisten zur Leistung, liegen AMD-CPUs beim User-Rating vorn.
In der angepassten FAQ zum CPU-Speed-Index gehen die Betreiber von UserBenchmark nun auf die wachsende Kritik an dem neuen Wertungsverfahren ein. Zunächst wird die Stellung untermauert, dass Normalanwender sowohl bei Spielen als auch Alltagsaufgaben wie im Web surfen oder Videos schauen (bis auf wenige Ausnahmen) nicht mehr als vier Kerne benötigen würden. Die dargelegte Meinung geht sogar soweit, dass behauptet wird, dass „für typische Verbraucheranwendungsfälle“ jeder weitere Kern nach dem ersten „zunehmend weniger relevant“ werde. Auf „einem gut gewarteten PC“ würden „nur bei Workstation-Anwendungen mit hohem Thread-Aufkommen“ vier Kerne überhaupt vollständig ausgelastet. Eine höhere Anzahl von Kernen würde allerdings ein „etwas lockereres PC-Management“ ermöglichen, indem die Auswirkungen „von Malware und anderen Ressourcen zehrenden Prozessen wie spontanen Windows-Updates und unerwünschten Virenscans“ verhüllt würden, heißt es in fragwürdiger Argumentation weiter.
Auch konkret auf die Kritik in Bezug auf die neuen AMD Ryzen 3000 wird eingegangen. Deren Erscheinen habe das Team zwar „sehr begrüßt“, allerdings dann festgestellt, dass die Leistungseinstufungen für Gaming und Desktop CPUs mit mehr als acht Kernen „unrealistisch überschätzen“ würden. Warum diese Erkenntnis erst jetzt erfolgt, während Prozessoren mit acht und mehr Kernen von AMD und Intel schon viel länger am Markt vertreten sind, beantwortet das Statement allerdings nicht. Zudem wird darauf verwiesen, dass die Einzelwertungen für Single-, Quad- und Multi-Core-Leistung unverändert abrufbar sind, was allerdings nichts daran ändert, dass sich der viel präsentere Speed-Index wesentlich geändert hat.
Letztlich wird an das „Geschrei“ der User beim Erscheinen des AMD FX-8350 erinnert, die schon damals auf die wachsende Bedeutung von Multi-Threading hingewiesen hätten, während der Leistungsindex der Website auf Single-Thread-Leistung zugeschnitten war. Dabei würde das Team doch stetig herstellerunabhängig die Geschwindigkeitsindizes „an die neuesten Entwicklungen“ anpassen, heißt es einen Satz weiter. Doch den in vielen Bereichen sichtbaren Trend zum Multi-Threading, der sich auch bei Spielen zeigt, sehen die Betreiber offenbar nicht.
Als eine Art Beleg, dass man unparteiisch agiere, wird angeführt, dass aktuell die neuen AMD-Grafikkarten Radeon RX 5700 beim GPU-Leistungsindex der Website „leicht überschätzt“ würden. Dass dabei „niemand weint und uns darüber zuspammt“, überrasche nicht, so die deutlichen Worte.
Die Betreiber von UserBenchmark folgen nach eigenen Worten also unabhängig dem aus ihrer Sicht richtigen Weg für die Einstufung der CPU-Leistung zur Hilfestellung beim Kauf. Ein Überdenken des neuen Bewertungsverfahrens erscheint daher sehr unwahrscheinlich.
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UserBenchmark
Mittlerweile nimmt auch Kritik aus der Intel-Community zu. Denn was in der obigen Meldung zu kurz gekommen ist: Natürlich stehen nun auch bestimmte Intel-CPUs mit vielen Kernen schlechter da als zuvor. Auf Reddit wird sich amüsiert, dass nun neuerdings die Core i3 die Herrschaft im Index an sich reißen und viel teurere Intel-Modelle hinter sich lassen.