Valve Index im Test: Nahezu perfekt und bereit für Half-Life: Alyx
tl;dr: Die Valve Index macht technisch nahezu alles besser als der indirekte Vorgänger und liefert aktuell mit das beste Gesamtpaket in Sachen High-End-VR: Die Controller sind der Konkurrenz meilenweit voraus und das Tracking ist zuverlässiger, wenn auch umständlicher in der Einrichtung. Was fehlt, sind echte Neuerungen.
VR 1.0 in (fast) perfekt
Mit dem ersten eigenen VR-Headset von Valve ist die Entwicklung innerhalb der ersten Generation VR-Headsets aus Sicht der Redaktion abgeschlossen. Im Vergleich zu den Vorgängern und der Konkurrenz gibt es keine echten Neuerungen, aber die Umsetzung des Bekannten ist nahezu perfekt. Sie liefert dem Tester die Motivation, sich wieder auf die Jagd nach neuen Highscores zu machen, und führt bei einer weniger VR-versierten Nutzerin zu erheblich weniger Motion-Sickness und Unwohlsein. Der einzige echte Kritikpunkt liegt in der weiterhin unnötig komplizierten Einrichtung des Trackings.
Nicht außer Acht gelassen werden darf allerdings die Tatsache, dass das Headset aktuell bei keinem Händler lieferbar ist und gebraucht einige 100 Euro über dem Neupreis verkauft wird. Valve hatte am 9. März für ein paar Stunden wieder Ware verfügbar, aktuell warten Käufer aber erneut acht Wochen. Dieses Problem besteht schon seit der Ankündigung von Half-Life: Alyx im November 2019 und wird durch vom Coronavirus hervorgerufene Produktionsschwierigkeiten noch verschärft.
Die Technik im Überblick
Während Valve zwar auch an den offensichtlichen technischen Eckdaten gefeilt hat, gibt es eine lange Liste an zusätzlichen Details, die nicht sofort aus einer tabellarischen Übersicht wie der nachfolgenden hervorgehen.
Oculus Rift S | HTC Vive Cosmos | HP Reverb | Valve Index | |
---|---|---|---|---|
Tracking | Inside-out 5 Kameras |
Inside-out 6 Kameras |
Inside-out 2 Kameras |
SteamVR Tracking 1.0+2.0 |
Display | LCD mit RGB | |||
Auflösung (pro Auge) | 1.280 × 1.440 @ 80 Hz | 1.440 × 1.700 @ 90 Hz | 2.160 × 2.160 @ 90 Hz | 1.440 × 1.600 @ 80, 90, 120, 144 Hz |
Audio | Integriert, 1 × 3,5 mm |
|||
IPD-Einstellung | Software 58–72 mm |
Mechanisch 61–73 mm |
Software 55–71 mm |
Mechanisch 58-70mm |
Kabellänge | 5 m | 4 m +1 m zur Link Box |
Standard Edition 3,5 m Professional Edition 4 m |
??? |
Benötigte Anschlüsse | DP+USB 3.0 | DP+USB 3.0 + Steckdose |
DP+USB 3.0 | DP+USB 3.0 |
Preis (sofort lieferbar) | 445 € | 799 € | Standard Edition, 539 € Professional Edition, 624 € |
539 €, nur Headset 799 € + Controller 1.079 € + Tracking-Stationen |
Bessere Darstellungsqualität
Dies beginnt bei den Displays und den Linsen. Neben der gegenüber der ersten Generation VR-Headsets (Oculus Rift, HTC Vive) erhöhten Auflösung hat sich der Display-Typ von OLED zu LCD geändert, was zwar zu weniger guten Schwarzwerten, dafür aber zu einer Reihe anderer Verbesserungen führt. Zu diesen zählt unter anderem die neue RGB-Subpixelmatrix, dank der es nun drei statt nur zwei Subpixel je Pixel gibt, was laut Valve in Kombination mit einer im Vergleich zur ersten Generation dreifachen Pixelfüllrate zu einem deutlich reduzierten Fliegengittereffekt führen soll.
Zusätzlich will Valve den Sweetspot, an dem das Bild scharf erscheint, und das Sichtfeld durch Verwendung zweier Linsen pro Auge deutlich vergrößert haben. Valve gibt hier jedoch mit Verweis auf die generell fehlende Präzision dieser Angabe nur ein Plus von rund 20 Grad gegenüber der HTC Vive an, ohne eine absolute Zahl zu nennen. Dennoch soll es in Spielen häufiger möglich sein, sich umzusehen, ohne den Kopf bewegen zu müssen, was komfortabler und natürlicher sei.
Zwischen Kopfhörern und Lautsprechern
Einen komplett neuen Weg geht Valve bei der Akustik und versucht dabei das Beste zweier Welten zu kombinieren, ohne die entsprechenden Nachteile mitzunehmen.
Im Detail soll die bessere Tonqualität, die zum Beispiel die Kopfhörer der Oculus Rift liefern, mit der Offenheit der im Headset verbauten Lautsprecher der Oculus Quest (Test) und Rift S (Test) kombiniert werden. Dies will Valve erreicht haben, indem vor jedem Ohr ein kleiner Lautsprecher angebracht ist, der das Ohr jedoch nicht berührt. Hierdurch soll einerseits die räumliche Wahrnehmung des Klangs verbessert und andererseits der Tragekomfort gesteigert werden, ohne wie bei Oculus Rift S und Oculus Quest eine deutliche Reduktion der Wiedergabequalität in Kauf nehmen zu müssen.
Nur das Tracking bleibt unverändert
Neben all den Veränderungen, die Valve bei der Index umsetzt, und den neuen Tracking-Lösungen von Oculus könnte das Festhalten am bekannten SteamVR-2.0-Tracking fast schon etwas rückschrittlich wirken. Doch das tut es nicht. Denn es handelt sich weiterhin um die qualitativ beste Tracking-Lösung am Markt. Dieser Qualitätsvorteil wird wie zuvor jedoch mit der Notwendigkeit externer Tracking-Stationen und mit einem umständlicheren Einrichtungsprozess erkauft. Hier wird die Ausrichtung weg vom Massenmarkt und hin zum Enthusiastenpublikum deutlich. Dies wird sich im Test als größte Stärke, aber auch größte Schwäche erweisen.
Ergonomie wie bei Vive Pro und Oculus Rift S
Ähnlich wie Oculus bei der Rift S und HTC bei der Vive Pro (Test) setzt auch Valve auf ein Bügelsystem mit Drehrad am Hinterkopf, mit dem sich das Headset an die Kopfgröße anpassen lässt. Als erster Hersteller hatte Sony ein ähnliches Design bei PlayStationVR (Test) eingesetzt.
Neues Headset, neue Controller
Mit der Veröffentlichung der Valve Index wurden auch die Valve-Index-Controller vorgestellt. Hierbei handelt es sich um die finale Version der Knuckles-Controller, die seit Jahren bei Valve in Entwicklung waren und als Konkurrenz zu den Oculus-Touch-Controllern bestimmt sind.
Im Gegensatz zu den bisher verfügbaren Controllern von Oculus und HTC oder bei Windows Mixed Reality (Test) sollen die Valve-Index-Controller ein deutlich feineres Finger-Tracking erlauben und messen den Druck, mit dem das Eingabegerät gefasst wird. Hierdurch soll eine deutlich natürlichere Interaktion mit virtuellen Objekten möglich sein.