Valve Index im Test: Testergebnisse
2/4Die Valve Index musste sich im Test in denselben Kategorien beweisen wie zuvor Oculus Rift S, HTC Vive Cosmos und HP Reverb (Test). Zusätzlich wurde ein direkter Vergleich mit der ursprünglichen HTC Vive durchgeführt, um zu beleuchten, welche Fortschritte sich durch ein von vielen VR-Enthusiasten erwogenes Upgrade ergeben. In diesem Kontext wird auch darauf eingegangen, ob die Valve Index im Vergleich zu Oculus Rift S und HTC Vive zwangsläufig ein Upgrade der Grafikkarte erfordert.
Als Hardware kam für die meisten Tests ein auf 4,6 GHz übertakteter Intel Core i7-6700K zum Einsatz, der mit 16 Gigabyte Arbeitsspeicher nach DDR4-3200 im Dual-Channel-Modus bestückt war und die Daten für eine Nvidia GeForce RTX 2080 Ti Founders Edition lieferte. Für die Grafikkarten-Benchmarks wurden dann auch andere GPUs verwendet, die CPU blieb gleich. Die technischen Daten des Testers lesen sich wie folgt: Pupillenabstand 62,5 mm, beidseitig -0,5 Dioptrien sowie laut Handschuh und Mützengröße normal große Hände und ein normal großer Kopf.
Die sechs verschiedenen Bewertungskategorien sind Bildqualität, Audioqualität, Ergonomie, die einfache Nutzbarkeit sowie das Tracking von Headset und Controllern. Alle diese Bewertungen basieren auf den subjektiven Wahrnehmungen des Redakteurs und sind eher als relativer Vergleich zwischen den Headsets, statt als absolute Werte zu verstehen. Zusätzlich erfolgt eine weitere Bewertung all der größeren und kleineren Details, die in keine der oben genannten Kategorien passen, im Test aber positiv oder negativ aufgefallen sind.
Bildqualität
Was die Bildqualität angeht, gibt es zwei Sichtweisen sowohl im Test als auch in der Community. Die eine lautet: Im Allgemeinen bietet die Valve Index das beste Bild aller bisher getesteten VR-Headsets und zeigt eine ganze Reihe an Pluspunkten. Aber umgekehrt gilt auch, dass es in fast jeder Kategorie würdige Konkurrenz gibt, die manches besser macht.
Dennoch führen die Fortschritte bei der Index bei jedem neuen Aufsetzen dazu, dass sich die Valve Index im Vergleich am wenigsten nach VR-Headset anfühlt. Das geht so weit, dass es im Test immer wieder zu einem kurzen Überraschungsmoment kommt, dass die virtuelle Welt fast wie real erscheint. Das heißt zwar bei Weitem nicht, dass das Bild auch nur annähernd perfekt wäre, aber zumindest subjektiv gelingt es der Valve Index, die Illusion lange genug aufrechtzuerhalten.
Besser in fast allen Belangen, aber nicht immer am besten
Im Vergleich zur Konkurrenz, aber auch zum Vorgänger lassen sich mehrere Punkte ausmachen, in denen die Valve Index eine Verbesserung darstellt. Im Vergleich zum Vorgänger umfasst diese Liste im Prinzip alle Bildeigenschaften, abgesehen vom Schwarzwert. Am deutlichsten fallen dabei die höhere Auflösung und vor allem die höhere Pixelfüllrate auf. Trotz der verbesserten Auflösung bleiben Pixel sichtbar, aber das schwarze Gitter zwischen den einzelnen Pixeln verschwindet nahezu völlig – eine Folge der verwendeten LCDs mit RGB-Subpixelmatrix. In diesem Punkt muss sich die Index nur der HP Reverb (Test) geschlagen geben, die mit einer nochmals deutlich höheren Auflösung punkten kann. Insbesondere in der Bildmitte lassen sich mit der Valve Index Texte mit geringer Schriftgröße schlechter lesen als mit der HP Reverb. Dieser Eindruck dreht sich außerhalb der Mitte des Sichtfeldes jedoch: Hier nimmt die Darstellungsqualität bei der Valve Index weniger ab und bleibt deshalb besser.
Damit muss sich die Valve Index, was die wahrgenommene Bildschärfe angeht, nur der HP Reverb geschlagen geben und dies auch nur in der Mitte des Bildes. Die Oculus Rift S ist hier schon einen Schritt zurück und die erste Generation HTC Vive im Direktvergleich fast unerträglich.
Mit der Valve Index lässt sich beispielsweise eine Schriftgröße kleiner noch lesen, die mit der Oculus Rift S schon deutlich schwerer zu erkennen ist. Hier ist weniger das Auflösungsplus verantwortlich, als der reduzierte Fliegengittereffekt.
Gute Farben und Kontraste, aber mit Godrays und Glare
Obwohl die Valve Index im Gegensatz zum Vorgänger auf LCD mit RGB-Subpixelmatrix setzt, ist nicht nur die Auflösung, sondern auch die Farbdarstellung und der Kontrast besser. Einzig die Schwarzwerte sind bei den OLEDs der ersten VR-Headsets Oculus Rift und HTC Vive besser. Da jedoch die Helligkeit bei der Valve Index besser ist, ist der wahrgenommene Kontrast trotz schlechterer Schwarzwerte überlegen. Auch im Vergleich zur Oculus Rift S fallen die kräftigeren Farben, vor allem aber das „weißere“ Weiß auf. Das Bild wirkt insgesamt heller und lebendiger, echter.
Ein typisches Problem, das auch die Konkurrenz nicht völlig im Griff hat, tritt bei der Valve Index zumindest subjektiv besonders stark auf: Artefakte, wenn helle Objekte vor dunklem Hintergrund (oder umgekehrt) erscheinen. In diesem Fall „verschmiert“ das Licht der hellen Stellen und leuchtet teilweise auch die dunklen aus. Besonders auffällig ist dieser Effekt in Spielen meistens nicht, kann aber gesucht und gefunden werden. Insbesondere dunkle Ladebildschirme mit dem Entwicklerlogo scheinen hierfür prädestiniert. Oft werden diese Effekte, die aus dem Linsendesign entstehen, als Godrays oder Glare bezeichnet und sind mehr oder weniger stark bei allen bisherigen VR-Headsets zu finden. Die Index ist überdurchschnittlich stark davon betroffen, jedoch ist dies glücklicherweise in vielen Spielen nur selten überhaupt der Fall.
Flüssigere Bewegungsdarstellung
Eine weitere Verbesserung gibt es bei der Darstellung von schnellen Bewegungen. Die verwendeten LCDs der Valve Index lassen sich mit bis zu 144 Hz betreiben und sorgen damit zumindest in der Theorie für eine flüssigere Darstellung. Das trifft auch in der Praxis zu, fällt jedoch nur auf, wenn explizit darauf geachtet wird.
Zusätzlich wurde bei der Valve Index die Zeit pro angezeigtem Bild, in der die Hintergrundbeleuchtung aktiv ist, stark reduziert. Diese Vorgehensweise ist schon länger bei einigen Spielerbildschirmen vorhanden, heißt oft „Motion Blur Reduction“ oder ULMB und sorgt für weniger verwischte Bilder in Bewegung. Auch dies funktioniert im Test und kann vor allem im Vergleich zum Vorgänger beobachtet werden, ist aber zumindest bewusst keine weltverändernde Verbesserung. Aber: Im Zuge des Tests wurde die Valve Index auch von weniger erfahrenen VR-Nutzern getestet und es wurde von geringerem Unwohlsein berichtet und die angenehmen Spielzeiten waren länger. Eine Erfahrung, die auf Grund der wenigen Tester, beziehungsweise in diesem Fall Testerinnen, nicht repräsentativ ist, sich aber mit Berichten aus der Community und anderen Tests (wie zum Beispiel von Linus Tech Tips) deckt.
Ergonomie
In Sachen Ergonomie liefert die Valve Index ein gutes Ergebnis, leidet aber etwas unter dem hohen Gewicht des Headsets und der Controller. Im Direktvergleich mit dem Vorgänger HTC Vive wird dennoch deutlich, wie viel sich in diesem Bereich getan hat, und verglichen mit der Oculus Rift S weiß vor allem die Audiolösung zu gefallen. Die „Kopfhörer“ der Valve Index sind eher kleine Lautsprecher, die frei vor den Ohren schweben. Zum Klang später mehr. Was die Ergonomie angeht, funktioniert dieses Konzept hervorragend. Im Gegensatz zur Oculus Rift S müssen keine eigenen Kopfhörer angeschlossen, keine Kabel sortiert oder Bügel über das Headset gestülpt werden. Und anders als bei Oculus Rift oder HTC Vive Cosmos drücken keine Kopfhörer auf die Ohren, wodurch sich das VR-Headset etwas weniger geschlossen anfühlt.
Individuel anpassbar
Die Valve Index zeichnet sich beim Tragekomfort durch besondere Individualisierbarkeit aus. Im Gegensatz zur Oculus Rift S kann das Headset dem Augenabstand angepasst werden. Dies ist an sich noch kein Alleinstellungsmerkmal und eher als Negativpunkt für die Rift S statt als Pluspunkt für die Valve Index zu werten. Anders sieht es mit dem Abstand zwischen Linsen und Augen aus. Dieser ist bei der Konkurrenz fix und kann nur indirekt durch die Position des Headsets und den Anpressdruck beeinflusst werden. Bei der Valve Index hingegen gibt es hierfür einen zusätzlichen Drehregler.
Diese Zusatzfunktion bietet einerseits, gerade mit Brille, einen besseren Tragekomfort und ermöglicht andererseits, immer den geringstmöglichen Abstand zwischen Augen und Linsen zu nutzen, was das Sichtfeld vergrößert. Im Test macht es einen Unterschied von circa 15° horizontalem Sichtfeld aus, wenn die Linsen vom größten auf den kleinsten noch bequemen Abstand geschoben werden. Und bei größerem Abstand ist immer sichergestellt, dass eventuell notwendige Brillen nicht an die Linsen stoßen. Insgesamt bedeutet dies einen deutlichen Komfortgewinn für Brillenträger oder ein größeres Sichtfeld für alle anderen.
Stabil, aber schwer
Die vielen Anpassungsmöglichkeiten und die insgesamt sehr gut wirkende Verarbeitung führen zu einem hohen Gewicht des Headsets. Im Vergleich mit der Oculus Rift S fühlt sich die Valve Index zar deutlich stabiler und besser verarbeitet an, bringt mit knapp über 800 g aber auch gut 200 g mehr Gewicht auf die Waage. Und dieses Mehrgewicht spürt man, auch wenn das Bügelsystem der Valve Index für eine angenehme Gewichtsverteilung sorgt. Damit liegt die Valve Index auf dem gleichen hohen Niveau, das bis jetzt vor allem die Headsets von Oculus geliefert haben, lässt den Redakteur jedoch auf ein zukünftiges Headset mit dem Gewicht der Oculus Rift S und den Komfortfunktionen der Valve Index hoffen.
Einfach mal die Controller loslassen
Die Controller der Valve Index sind ein weiterer deutlicher Pluspunkt und Fortschritt gegenüber den Exemplaren der HTC Vive. Damit müssen die Eingabegeräte der Oculus Rift den Titel der Controller, die am besten in der Hand liegen, nach über drei Jahren abgeben. Dies wird jedoch zum Teil durch das hohe Gewicht der Index-Controller zunichtegemacht. Zwar fällt es nicht so negativ auf wie beispielsweise bei den Varianten der HTC Vive Cosmos, aber gerade bei schnellen Bewegungen ist das mit rund 180 g bei Valve zu ungefähr 120 g bei Oculus deutlich höhere Gewicht spürbar.
Abgesehen von der verbesserten Ergonomie besitzen die Index-Controller ein weiteres klares Alleinstellungsmerkmal. Dank einem angenehm gepolsterten Bügel, der über den Handrücken festgezurrt wird, müssen die Eingabegeräte nicht permanent festgehalten werden, was sich erstens positiv auf die Ergonomie auswirkt und sich zweitens als immersionsfördernd heraustellt – zur Immersion später mehr. Der Komfortgewinn ergibt sich immer dann, wenn in ruhigen Spielsituationen die Hände in einer natürlichen, nicht geschlossenen Haltung belassen werden können, ohne die Controller zu verlieren. Auch ermöglicht diese Lösung es, nach Gegenständen in der realen Welt zu greifen, das Headset zu justieren oder kurz eine Eingabe mit Maus und Tastatur zu erledigen, ohne die Controller wegzulegen. Fast zwangsläufig kommt mit diesem Ansatz jedoch auch der Nachteil, dass es immer die halbe Sekunde länger dauert, Controller und Headset weiterzugeben, wenn man jemandem etwas zeigen möchte oder im Wechsel auf Highscore-Jagd in Beat Saber ist.
Der erwähnte Immersionsgewinn gleicht dies jedoch vielfach aus. Dank im Controller-Griff verbauten Touch- und Drucksensoren werden die Hände besser in die virtuelle Welt übertragen als je zuvor (mit einem Controller). In Titeln wie Boneworks oder The Walking Dead: Saints and Sinners, die dies ausnutzen, werden die Hände des Spielers verblüffend gut erfasst und die meisten typischen Fingerbewegungen ausreichend gut umgesetzt. Und letztendlich fühlt es sich einfach schlüssiger an, nach einem Schraubendreher zu greifen, indem man die vorher locker geöffnete Hand um den Controller-Griff schließt, statt permanent das Eingabegerät zu umklammern und dann per Knopfdruck zu greifen.
Gute Knöpfe mit kleinen Problemen
Apropos Knopfdruck: Bei den Index-Controllern hat Valve endlich eingesehen, dass es einen Grund gibt, dass nahezu alle anderen Controller auf Joysticks setzen. Im Vergleich zu den Vorgängern, die nur mit einem Touchpad ausgestattet waren, ist dies eine überfällige und gute Verbesserung. Als Überbleibsel der alten Touchpads ist noch ein kleiner Bereich neben den Joysticks übrig, der zwar nicht stört, aber auch selten bis nie sinnvoll genutzt wird. Ansonsten fiel im Test auf, dass die Menü-Buttons schwer erreichbar und sehr klein sind, was gut ist, um nicht während eines hektischen Moments versehentlich das Spiel zu pausieren. Dafür bleibt selbst nach vielen Stunden die bequemste Methode, diese Knöpfe zu erreichen, mit der einen Hand den Knopf am Controller der anderen Hand zu bedienen – eine sicher nicht optimale Lösung.
Etwas schwammiges haptisches Feedback
Die Vibrationsmotoren liefern wie auch schon bei der Konkurenz ein akzeptables Feedback, lassen aber insgesamt noch zu wünschen übrig – gerade in Anbetracht der Tatsache, dass es aktuelle Smartphones schaffen, auf kleinerem Volumen ein präziseres haptisches Feedback zu liefern. Hier wäre es für die Immersion wünschenswerter, wenn zum Beispiel das Auslösen eines Schalters, das Drücken eines Abzugs oder ein Treffer mit einem Schwert durch einen kurzen prägnanten Klick symbolisiert würde, statt durch ein etwas langgezogenes schwammiges Vibrieren.
Trotz des mittelmäßigen haptischen Feedbacks und des etwas zu hohen Gewichts liefert Valve die aktuell besten VR-Controller, denn die Ergonomie stimmt und die Idee, einen virtuellen Gegenstand zu greifen, indem man real zugreift, überzeugt und verbessert die Immersion. Die eingebauten Akkus halten dabei lange genug, um auch bei umfangreichen Ausflügen in die virtuelle Welt kein Hindernis darzustellen. Geladen werden sie über einen USB-C-Anschluss am Controller, statt noch wie die Vorgänger mit Micro-USB. Eine Lösung, die sich im Test als praktischer erweist als die wechselbaren Batterien der Oculus-Rift-S-Controller.
Klang
Im Gegensatz zur Bildqualität gibt es zum Klang nicht viel mehr zu schreiben als: Das Konzept mit den frei schwebenden Lautsprechern geht auf. Valves Ansatz ist ergonomisch auf einer Höhe mit der Oculus Rift S und besser als die Lösungen mit ohraufliegenden Kopfhörern. Auch klanglich setzt sich die Index an die Spitze. Hier gibt es einen Gleichstand oder einen kleinen Vorsprung gegenüber den Lösungen mit klassischen Kopfhörern, während die Oculus Rift S eine oder zwei Ligen weiter unten spielt. Der einzige Nachteil an Valves Lösung ist, dass durch die offene Bauweise auch Außenstehende den Ton hören und dadurch potentiell gestört werden könnten.
Headset- und Controller-Tracking
In diesem Punkt gilt damit genau das, was auch schon für die erste Generation galt: Das Tracking ist ein absolutes Highlight. Die neue Version vergrößert in erster Linie die theoretisch (und privat nur selten) nutzbare Fläche, an der Präzision ändert sich hingegen nichts. Die Neuerungen sind in erster Linie für VR-Arcade-Hallen und industrielle Anwendungen erforderlich, Privatkunden mangelt es in der Regel eher an der Fläche denn am Tracking.
Im Gegensatz zu den Inside-out-Lösungen der Konkurrenz gibt es beim SteamVR-Tracking praktisch keine toten Winkel, wenn die Lighthouse-Stationen korrekt aufgestellt werden können und keine Hindernisse im Spielbereich sind. Der einzige reproduzierbare und trotzdem fast vernachlässigbare Aussetzer kann provoziert werden, wenn ein Controller aus einem Bereich, in dem er nur eine Station sehen kann, in einen Bereich bewegt wird, in dem er nur die andere Station sehen kann. Hier gibt es manchmal einen kleinen Sprung in der Tracking-Position.
Ansonsten ergeben sich aus dem Konzept mit externen Basisstationen jedoch auch einige grundsätzliche Probleme. So kann das Tracking, ohne die Stationen zu bewegen, immer nur an einem Ort funktionieren und wenn das Headset beispielsweise im Nebenraum genutzt werden soll, müssten die Stationen umgebaut und die Spielfläche neu vermessen werden. Auch muss immer sichergestellt sein, dass sich keine Hindernisse zwischen den Stationen und der Spielfläche befinden – eine Anforderung, die kein Problem darstellt, wenn es einen dezidierten VR-Raum gibt. Anders sieht es in der Mietwohnung des Redakteurs aus, in der bei Regen auch mal ein Wäscheständer im Wohnzimmer abgestellt werden muss. Im Endeffekt bleibt das Tracking der Valve Index allen Inside-out-Tracking-Lösungen überlegen, hat jedoch auch seine Nachteile.