Intel Core i7-10875H im Test: Testergebnisse und Fazit
2/2Schon seit Jahren kann die Leistung einer neuen CPU-Generation respektive bestimmter CPU-Modelle nur noch schwer isoliert betrachtet werden. Nicht nur, dass die Kühlung eines Notebooks einen starken Einfluss auf die Leistung eines Prozessors hat. Auch können Hersteller die CPUs innerhalb der von Intel gesetzten Parameter oder sogar darüber hinaus stark anpassen.
Hürden im Test
Das Gigabyte Aero 17 HDR (Test) erlaubte es beispielsweise schon vor einem Jahr, den Core i9-9880HK dauerhaft mit einer Package-Power von 80 Watt bei hohem Turbo zu betreiben, obwohl Intel als Dauerzustand 45 Watt Verbrauch bei Basis-Takt (TDP) vorsah. Alternativ lässt sich dieselbe CPU im selben Notebook auch mit nur 38 Watt Package-Power betreiben. Und in anderen Laptops sieht es schon wieder ganz anders aus.
Für die Redaktion kommt dann noch erschwerend hinzu, dass Testmuster von Notebooks in der Regel nicht in der Redaktion verweilen, ältere Modelle für einen aktuellen Vergleich also nicht einfach so aus dem Regal genommen werden können. Nichtsdestoweniger wurde nachfolgend trotzdem bestmöglich versucht, die Leistung des Core i7-10875H im Gigabyte Aero 15 OLED im Vergleich zur aktuellen Konkurrenz und zum Vorgänger einzuordnen.
Core i7-10875H, Core i7-9750H und Ryzen 9 4900HS wurden dabei mit Windows 10 Version 1909 getestet. Welche Software bei den anderen Modellen zum Einsatz kam, ist den jeweiligen Testberichten zu entnehmen.
Leistungsprofile machen den Unterschied
Über das „Gigabyte Control Center“ lässt sich das Aero 15 OLED wie das vor einem Jahr getestete Aero 17 HDR in Sachen CPU- und GPU-Leistung feinstufig anpassen. Dabei ist zwischen dem Netz- und dem Akkubetrieb zu unterscheiden. Im Netzbetrieb gibt es für die CPU gleich fünf (Aero 17 HDR: sechs) und für die GPU immer noch zwei Leistungsstufen.
Was genau sie bewirken, verrät Gigabyte erneut nicht, HWiNFO aber schon. Es gibt auch eine „AI“, die je nach Präferenz je Anwendung immer die perfekte Einstellung finden soll. Für den Test hat ComputerBase sie aber deaktiviert und stattdessen drei Profile genutzt: mit jeweils dauerhaft 62 Watt (Intels neue offizielle Config-Up-TDP von 65 Watt schöpft Gigabyte also nicht aus), 45 Watt und 38 Watt.
Stufe | Powerlimit (kurzfristig) |
Powerlimit (dauerhaft) |
---|---|---|
5/5 | 80 Watt | 62 Watt |
4/5 | 80 Watt | 58 Watt |
3/5 | 80 Watt | 52 Watt |
2/5 | 80 Watt | 45 Watt |
1/5 | 80 Watt | 38 Watt |
fett = im Test genutzt |
Diese drei Profile lassen sich gut mit den Ergebnissen anderer mobiler CPUs vergleichen: dem Achtkern-Vorgänger Core i9-9880HK und dem Brot-und-Butter-Modell Core i7-9750H mit sechs Kernen. Beim Core i9-9880HK versprach Intel bei 45 Watt TDP in definierter Last noch 100 MHz mehr, im Test des Aero 17 HDR entsprach das der CPU-Stufe 2/6. In Stufe 6/6 ließ sich der Prozessor in diesem Notebook aber auch mit dauerhaft 80 Watt betreiben. Razer wiederum gesteht dem Core i7-9750H mit sechs Kernen im Razer Blade 15 Base Model im Profil „Ersteller“ dauerhaft 45 Watt zu, damit sollen in Intels definierter Last konstant 2,6 GHz möglich sein.
Der Core i7-10875H misst sich im Test also nicht nur mit dem Ryzen 9 4900HS „Renoir“ mit dauerhaft 35 Watt TDP, sondern auch dem Core i9-9880HK bei 45 und 80 respektive dem Core i9-9750H bei 45 Watt. Darüber hinaus wird ein Vergleich zu Desktop-CPUs gezogen.
Single-Core-Benchmarks
Der Core i7-10875H erreicht laut Intel maximal 5,1 GHz bei Last auf einem Kern, wenn Turbo 2.0, Turbo 3.0 und der „Thermal Velocity Boost“ zum Einsatz kommen. Beim Umgang mit klassischen Office-Apps und dem Browser Firefox sind es in der Regel maximal 5,0 GHz, die im Log von HWiNFO auftauchen. Echte Einkern-Lastszenarien sind mittlerweile aber auch selten. Mit 5.088 MHz konnte ein Takt von knapp 5,1 GHz immerhin festgehalten werden.
Wird die CPU mit dem Single-Core-Test von Cinebench R15 gefordert, sind es hingegen maximal 5,0 GHz, die HWiNFO mit einer Abtastrate von einer Sekunde protokolliert. Sie liegen nicht dauerhaft an, der Takt auf dem schnellsten Kern schwankt zwischen 5,0 und 4,5 GHz. 5,1 GHz Single-Core-Turbo sind also möglich, unter Last typisch sind sie im Aero 15 OLED von Anfang 2020 aber nicht.
Dabei macht es keinen Unterschied, ob die CPU dauerhaft 45 oder 62 Watt aufnehmen darf, denn die von HWiNFO angezeigte Package-Power liegt bei etwas unter 40 Watt und damit in beiden Fällen unter dem Limit.
700 MHz mehr Single-Core-Turbo als Renoir
Durchschnittlich liegt der von HWiNFO sekündlich protokollierte Takt des am höchsten taktenden Kerns im Single-Core-Durchlauf beim Core i7-10875H bei 4.750 MHz (8 Kerne, 45 und 62 Watt). Das sind 500 MHz mehr als beim Core i7-9750H (6 Kerne, 45 Watt) und knapp 700 MHz mehr als beim Ryzen 9 4900HS (8 Kerne, 35 Watt).
CPU | TDP (kurzfristig/dauerhaft ) |
Turbo (Single Core) (Durchschnitt) |
Package-Power (lt. HWiNFO) |
---|---|---|---|
Core i7-10875H | 80/62 Watt | 4.750 MHz | 39 Watt |
Core i7-10875H | 80/45 Watt | 4.750 MHz | 39 Watt |
Core i7-9750H | 60/45 Watt | 4.250 MHz | 33 Watt |
Ryzen 9 4900HS | 65/35 Watt | 4.050 MHz | 15 Watt |
Laut HWiNFO nimmt die CPU dabei noch einmal 6 Watt mehr als der Core i7-9750H und mehr als doppelt so viel wie der Ryzen 9 4900HS auf. Inwiefern die Angaben über Herstellergrenzen hinweg direkt vergleichbar sind, ist nicht bekannt.
Der hohe Taktvorteil sichert dem Core i7-10875H dann auch den Spitzenplatz unter den mobilen CPUs im Single-Core-Leistungs-Rating, denn Renoir kann den Taktnachteil von 15 Prozent nicht durch die höhere Zen-2-IPC ausgleichen. 5 Prozent Vorsprung erringt Intels CPU und kommt dem Core i9-9900K für Desktop-PCs bis auf 3 Prozent nahe.
Multi-Core-Benchmarks
Wird die CPU in Multi-Core-Szenarien wie dem Blender Benchmark (Rendering) gefordert, macht die eingestellte Leistungsstufe dann einen deutlichen Unterschied. Das wird bereits mit Blick auf den Takt deutlich: Bei 62 Watt sind es über 3.400 MHz Achtkern-Turbo-Takt, bei 45 Watt rund 400 MHz weniger. AMD Renoir in Form des Ryzen 9 4900HS mit 35 Watt liegt mit etwas über 3.200 MHz in der Mitte.
Dass Comet Lake-H effizienter als Coffee Lake Refresh ist, zeigt sich – zumindest im Vergleich im Test – am Core i7-9750H, der trotz zwei Kernen weniger bei 45 Watt über 100 MHz niedriger taktet. Und auch verglichen mit dem Testergebnis des Core i9-9880HK mit acht Kernen wird das deutlich.
Zur CPU aus dem Gigabyte Aero 17 HDR existiert zwar kein Takt-Log, dafür aber ein Testresultat in Blender Benchmark. Das zeigt, dass die CPU mit dauerhaft 80 Watt Package-Power zwar noch etwas schneller rechnet als der neue Core i7-10875H mit 62 Watt, aber der Unterschied ist gering. Interessant und zum aktuellen Zeitpunkt nicht zu erklären ist hingegen, dass der neue Prozessor bei 45 und 38 Watt jeweils langsamer operiert als das Topmodell aus dem Vorjahr. In Ermangelung eines Testmusters mit Core i9-9880HK kann diesem Fund vorerst aber nicht weiter auf den Grund gegangen werden.
Weil das Aero 15 von Gigabyte die CPU sowohl mit 45 als auch mit 62 Watt dauerhaft ausreichend kühlt, kommt es nach dem Abstieg von 80 Watt zu keinem weiteren Leistungsverlust über die Zeit.
Wendet sich der Blick vom internen Duell bei Intel zum Wettstreit mit AMD Renoir, macht bereits Blender deutlich, dass in Multi-Core-Szenarien der Konkurrent die Oberhand behält, wobei der Core i7 noch nicht das Topmodell ist. Der Ryzen 9 4900HS mit dauerhaft 25 Watt hängt die 45-Watt-Konfiguration des Core i7 mit Comet Lake-H ab, mit 35 Watt wird hingegen die 62-Watt-Einstellung geschlagen. Rein in Bezug auf die Leistung sind die Unterschiede vergleichbar zu Intels Vorsprung in Single-Core-Szenarien, unter Berücksichtigung der Leistungsaufnahme sind sie hingegen abermals enorm.
Auch über einen breiteren Multi-Core-App-Parcours behält der Ryzen 9 4900HS mit 35 Watt einen Vorsprung von 7 Prozent vor der schnellsten Einstellung des Core i7-10875H im Gigabyte Aero 15 OLED. Wird der Prozessor von Intel mit dauerhaft 45 Watt betrieben, steigt der Vorsprung auf 22 Prozent an.
Fazit
Mit der zehnten Generation mobiler Core-CPUs der H-Serie schraubt Intel die Leistung der eigenen Prozessoren abermals weiter nach oben. Das geschieht auch, aber nicht ausschließlich über einen höheren Verbrauch. Den Single-Core-Spitzenplatz dank bis zu 5,1 GHz sichert sich der Core i7-10875H zweifelsohne durch einen weiteren Zuwachs in der Leistungsaufnahme, wie der Vergleich zum Core i7-9750H zeigt. Bei der Multi-Core-Leistung profitiert die neue CPU auf Basis der bisher ermittelten Testergebnisse hingegen auch von anderen Optimierungen oder besonders selektierten Chips. Nur so ist jedenfalls zu erklären, dass der Prozessor bei dauerhaft 62 Watt fast das Ergebnis eines Core i9-9880HK bei dauerhaft 80 Watt erreicht.
Weil acht gut genutzte Kerne bei gleichem Verbrauch schneller sind als sechs, profitiert eine Plattform wie das Gigabyte Aero 15 OLED, das vormals maximal einen Core i7-9750H bot, zweifelsohne vom Wechsel.
Am Ausgang des Duells mit AMDs neuer Renoir-Architektur ändert das allerdings nichts: Comet Lake-H in Form des Core i7-10875H ist in Multi-Core-Szenarien langsamer als der Ryzen 9 4900HS und benötigt deutlich mehr elektrische Leistung. Die maximale Multi-Threading-Leistung im Notebook gibt es im Frühjahr 2020 nicht von Intel.
Das Gigabyte Aero 15 macht einen guten ersten Eindruck
Das Gigabyte Aero 15 OLED zeigt trotzdem abermals eindrucksvoll, dass OEMs zusammen mit Intel sehr gute Notebooks bauen können. Das schlanke 15-Zoll-Modell ist nicht nur schnell, sondern dabei auch trotz der Leistungsaufnahme erstaunlich leise unter Last. Das Gesamtpaket überzeugt auf den ersten Blick zweifelsohne und war für den Hersteller mit Sicherheit einfacher umzusetzen als eine eventuell noch etwas leistungsfähigere Portierung auf AMD, die potentiell bei der Akkulaufzeit noch immer einen Nachteil bietet. Auch wenn AMD in diesem Jahr mit Renoir so stark aufgestellt ist wie nie zuvor im Notebook, wird es der Konkurrent deshalb auch weiterhin schwer haben.
Keine neue, aber immer wieder eine durchaus erschreckende Erkenntnis am Ende dieses Tests ist: Wie viel elektrische Leistung der Hersteller der CPU dauerhaft zugesteht, macht am Ende einen größeren Unterschied als das CPU-Modell oder die CPU-Generation selbst. Das allein ist schon verwirrend genug. Doch weil kein Anbieter verrät, welche Konfigurationen er in seinem Notebook anbietet, fehlt Kunden ohne Tests, die genau auf diesen Aspekt im Detail eingehen, jegliche Basis für einen fundierten Kauf.
Ein separater Test des Gigabyte Aero 15 OLED und eine Leistungseinschätzung zur darin verbauten GeForce RTX 2070 Super Max-Q folgen zeitnah.
ComputerBase wurde das Aero 15 OLED mit Comet Lake-H von Gigabyte unter NDA leihweise zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme des Herstellers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht. Die einzige Vorgabe war der frühestmögliche Veröffentlichungszeitpunkt.
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