Core i9-11900K und i5-11600K im Test: Fazit

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Volker Rißka (+1)
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Ein dank gestaffelter Vorstellung, Verzögerungen und Leaks chaotischer Produktstart von Intels neuer Desktop-Plattform mündet in sehr gemischten Testergebnissen. Das Intel durchaus zuzutrauende Kunststück, die neue und wesentlich bessere Architektur im optimierten alten Prozess raketenhaft vom Vorgänger abheben zu lassen, wurde nicht vollbracht.

Intel Core i5-11600K und i9-11900K mit 6 und 8 Kernen auf Basis von Rocket Lake-S
Intel Core i5-11600K und i9-11900K mit 6 und 8 Kernen auf Basis von Rocket Lake-S

Am deutlichsten macht das ausgerechnet das neue Flaggschiff Core i9-11900K. Der neue Prozessor zeigt in Single-Core-Szenarien zwar den von der Architektur zu erwartenden Sprung von 17 Prozent, schon in Spielen kann er mit nur acht statt vormals zehn Kernen aber nur noch in der Hälfte der Titel gegen den Vorgänger gewinnen. In Multi-Core-Anwendungen bleibt die alte CPU mit alter Architektur selbst dann in Führung, wenn der neue Prozessor mit aktivem „Adaptive Boost“ bei offiziell abgenickten über 300 Watt Verbrauch operiert. 3 Prozent beträgt der Leistungszuwachs durch „Adaptive Boost“ in Apps, 2 Prozent in Spielen (720p). In Games wird der gemittelte Vorsprung auf den Vorgänger dadurch immerhin verdoppelt.

Hat es selbst gegen den Vorgänger schwer: Core i9-11900K mit 8 Kernen
Hat es selbst gegen den Vorgänger schwer: Core i9-11900K mit 8 Kernen

Auf AMDs Topmodell Ryzen 9 5950X kann Intel mit dem Core i9-11900K den Rückstand im Spiele-Parcours am Ende halbieren, bei Single-Core-Anwendungen liegen beide quasi gleichauf. In Multi-Core-Apps wird der Vorsprung des Ryzen hingegen noch größer: 66 Prozent ist AMDs Modell in Front.

Gegen AMDs aktuell 420 Euro teuren Ryzen 7 5800X mit acht Zen-3-Kernen hat es Intels 539-US-Dollar-CPU da schon leichter. In Spielen und Single-Core-Apps liegt Intel vorne, in Multi-Core-Anwendungen mit „Adaptive Boost“ und damit signifikant höherem Verbrauch gleichauf. Auch für den Core i9-11900K bleibt am Ende die zweite Reihe der aktuellen Konkurrenz-CPUs der Benchmark und nicht deren Topmodelle. Damit die Rechnung aufgeht, muss der Preis aber noch fallen.

Core i7 und Core i5 haben es im Vergleich zu ihren direkten Vorgängern einfacher, denn bei gleicher Anzahl an Kernen schlägt der IPC-Zugewinn ungedämpft durch. Gegen den Ryzen 5 5600X mit ebenfalls sechs Kernen ist aber auch der Core i5-11600K weiterhin knapp unterlegen. Aufgeholt statt eingeholt oder gar überholt lautet damit auch in dieser Leistungsklasse das Fazit.

Wie zur Vorstellung vor zwei Wochen vermutet, bietet Rocket Lake-S am Ende too little, too late. Acht Kerne sind auch in über Jahre optimierter 14-nm-Fertigung trotz moderner Architektur nicht genug, um Anfang 2021 mit dem Konkurrenten AMD mithalten zu können. Nicht ohne Grund sollten Cannon Lake-S und Ice Lake-S ursprünglich bereits im Jahr 2019 mit den gleichen acht Kernen in 10 nm um Kunden buhlen. Zwei Jahre später schafft das der aus der Not geborene Kompromiss nicht. Da hilft auch nicht die Turbo-Brechstange mit Leistungsaufnahmen jenseits von 300 Watt als Nachbrenner – eine neue Fertigung und ein neuer Ansatz für mehr Kerne müssen her.

Die mit Ice Lake eingeführte neue CPU-Architektur zeigt dabei abermals, dass sie nach wie vor sehr gut ist. Der IPC-Zuwachs liegt bei rund 17 Prozent und steht damit AMDs IPC-Gewinnen der letzten Jahre in nichts nach. Gepaart mit dem hohen Takt reicht es in einigen Single-Core-Tests für die Spitzenposition und in Spielen, die mit acht Kernen am Anschlag sind, liegt der Core i9 ganz vorne. Aber Intel bekommt die Architektur aktuell eben weiterhin nicht mit hohen Taktraten und mehr als acht Kernen in 10 nm auf den Markt.

Unterm Strich ändert Rocket Lake-S in Form von Core i9-11900K und Core i5-11600K damit am Ende keine der Empfehlungen des vorangegangenen Prozessortests. AMD Ryzen 5000 ist und bleibt das bessere Komplettpaket mit in Spielen gleichwertiger oder sogar überlegener Leistung. In Anwendungen ist die Konkurrenz bei niedrigerem Verbrauch sogar deutlich voraus. Das AM4-Ökosystem ist mittlerweile – auch wenn die häufigen BIOS- und AGESA-Updates an den Nerven zehren – ausgereift.

Bei Intel bleibt hingegen der Vorgänger Comet Lake-S eine Option. Der 10-Kerner Core i9-10850K (Test) ist mittlerweile für unter 380 Euro zu haben und damit alles andere als abgelöst. Am Ende hätte eine offizielle Preissenkung der älteren CPUs um 15 oder gar 20 Prozent vielen Kunden mehr geholfen: Die Zeit bis Alder Lake im Herbst wäre im Nu überbrückt und AMD vermutlich sogar mehr unter Druck geraten als jetzt.

Zum Abschluss des Tests muss auch noch der neuen Plattform ein Absatz gewidmet werden: BIOS-Updates bis zur letzten Minute, drei Tage vor dem Start noch neue Microcode-Updates, eigenwillige RAM-Teiler mit viel zu hohem Leistungsverlust und Turbo-Modi, die auf der Suche nach Leistung alle Spezifikationen aushebeln: Das Gesamtpaket wirkt so unfertig wie zuletzt bei Zen 1. Nur wer wirklich auf grüne Bananen steht, sollte hier zugreifen. Dass es besser wird, haben die letzten drei Wochen gezeigt. Dennoch hat es am Ende in vielerlei Hinsicht nicht gereicht.

ComputerBase hat Core i9-11900K, Core i5-11600K und Asus ROG Z590 Maximus XIII Hero leihweise von Intel, einen zweiten Core i9-11900K, ein MSI Z590 ACE und eine MSI MPG CoreLiquid K360 leihweise von MSI sowie das B560 Steel Legend leihweise von ASRock unter NDA zum Testen erhalten. Einzige Vorgabe war der frühestmögliche Veröffentlichungstermin. Eine Einflussnahme der Hersteller auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht.

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