Nothing ear (1) im Test: Das Auge des Tech-Enthusiasten hört mit
Die Nothing ear (1) setzen nicht nur auf ein ausgefallenes, transparentes Design, sondern bieten für 99 Euro Funktionen wie eine aktive Geräuschunterdrückung, Wireless Charging und eine Trageerkennung. Kleinere Schwächen trüben das Gesamtbild, für den Alltag sind die ear (1) trotzdem eine gute Wahl.
Die ear (1) von Nothing lassen so manchen Technikbegeisterten aufhorchen. Nicht etwa, weil sie technische Innovation bieten, die man sonst nirgends findet, sondern weil sie eine Nische bedienen, bei der die Technik selbst zur Schau gestellt wird. Das Startup Nothing, hinter dem namhafte Personen wie Tony Fadell, der als Erfinder des iPod gilt, Kevin Lin (Mitgründer von Twitch), Steve Huffman (Mitgründer und CEO von Reddit) und Casey Neistat (Mitgründer von Beme) stehen, hat die kabellosen In-Ear-Kopfhörer ear (1) nicht nur bei Schrift und App im Pixelstil gehalten, sondern gewährt durch transparente Elemente sowohl bei den Ohrhörern als auch beim Ladecase ungewöhnlich viel Einblick auf die Technik im Inneren. Gepaart wird dies mit einem auf den ersten Blick hervorragenden Preis-Leistungs-Verhältnis. Denn für einen Preis von nur 99 Euro erhalten Käufer ANC-In-Ears mit optionaler App-Anbindung. Der Preis ist somit deutlich niedriger als bei den Apple AirPods Pro, die auch von Nothing selbst als direkte Konkurrenz gesehen werden. Der Vertrieb erfolgt direkt über die Website des Herstellers.
Im Lieferumfang der Nothing ear (1) befinden sich neben dem Ladecase und den Ohrhörern ein kurzes USB-A-auf-USB-C-Ladekabel, das nicht nur mit geflochtenem Stoff ummantelt ist, sondern außen wiederum von transparentem Kunststoff umhüllt wird, sowie drei unterschiedlich große, ovale Silikon-Aufsätze und eine Kurzanleitung.
Technische Daten und Funktionen der Nothing ear (1)
Transparentes Design
Wie Nothing gegenüber ComputerBase vor der Vorstellung erklärte, war das Vorhaben, einen Blick auf das Innenleben zu gewähren, nicht ohne Weiteres mit der Produktion zu vereinbaren. Schon bei Bauteilen wie beispielsweise Magneten gestaltete sich die Suche nach Zulieferern schwierig, da diese poliert sein mussten. Das Gehäuse der Ohrhörer musste mit einem Kleber zusammengefügt werden, der hinterher nicht sichtbar ist. Die optische Umsetzung ist Nothing hervorragend gelungen, die ear (1) stechen aus der Masse an kabellosen In-Ear-Kopfhörern hervor und lassen das Herz eines Tech-Enthusiasten höherschlagen. Es bleibt zu hoffen, dass die Lebensdauer dieses transparenten Designs die der Ohrhörer übersteigt und keine unschönen Verfärbungen auftreten – ein Aspekt, der im Test nicht berücksichtigt werden kann.
Auch äußerlich weicht Nothing von der sonst üblichen Kennzeichnung der Ohrhörer über ein „R“ und „L“ für rechts und links ab und setzt auf eine rote und weiße Kennzeichnung, wie man sie aus dem HiFi-Bereich kennt – der erste Hersteller, der dies nutzt, ist Nothing damit allerdings nicht.
Beim Ladecase hat Nothing die Spule für das Wireless Charging und alle Bauteile des USB-C-Anschlusses jedoch in einem weißen Gehäuse im Inneren des transparenten Ladecases versteckt. Die transparenten Komponenten erstrecken sich hier auf den Deckel und die Fassung der Ohrhörer. Dabei ist etwas mehr Aufmerksamkeit gefragt, wenn die Ohrhörer in das Ladecase gelegt werden, da sie nicht wie sonst üblich in großzügige Vertiefungen gelegt oder gesteckt werden, sondern der Stiel vom Nutzer ordentlich platziert sein will.
Bluetooth 5.2, Fast Pair und AAC ohne Multipoint
Die Nothing ear (1) setzen auf 11,6 mm große, dynamische Treiber und eine im Vergleich zu den AirPods Pro größere Klangkammer. Bluetooth 5.2 sorgt für eine größere Funkreichweite und geringere Leistungsaufnahme, sofern die Gegenseite mitspielt. Auf Multipoint („Bluetooth Multi-Connect“), um mehrere Endgeräte gleichzeitig mit den Ohrhörern verbinden und nahtlos zwischen diesen wechseln zu können, verzichtet Nothing jedoch – nach eigenen Angaben, da die Akkulaufzeit zu sehr leidet, wenn mehrere Geräte parallel verbunden sind. Bei den Audio-Codecs setzen die ear (1) auf AAC und SBC, ein HD-Codec fehlt ihnen somit. Bei neuen Android-Smartphones kann zudem Fast Pair genutzt werden, um die Ohrhörer einfacher mit dem Smartphone zu koppeln, indem sie auf einem entsperrten Smartphone beim Öffnen des Ladecases zur Verbindung angeboten werden.
Nur rund 4 Stunden Akkulaufzeit
Der Akku mit einer Kapazität von 31 mAh in den Ohrhörern sorgt laut Nothing für eine ununterbrochene Musikwiedergabe von 5,7 Stunden ohne ANC und 4 Stunden mit ANC. Über das Ladecase lässt sich die Akkulaufzeit auf 34 Stunden ohne ANC bzw. 24 Stunden mit ANC erweitern. Die Kapazität des Akkus im Ladecase beträgt 570 mAh. Schnellladen sorgt dafür, dass nach 10 Minuten Laden Musik für weitere 90 Minuten ohne ANC bzw. 50 Minuten mit ANC wiedergegeben werden kann. Aufgeladen werden die ear (1) wahlweise über USB-C oder per Wireless Charging nach Qi-Standard.
Im Test erreichen die ear (1) eine Akkulaufzeit von 4:10 Stunden bei auf maximale Intensität gestelltem ANC. Ein Wert, der von sehr vielen Konkurrenten inzwischen deutlich überboten wird und nicht überzeugt. Je nach persönlichem Nutzungsprofil ist die Laufzeit aber dennoch ausreichend.
Kleines, aber eckiges Ladecase
Das Ladecase der ear (1), ear (case) genannt, misst 58,6 × 58,6 × 23,7 mm und wiegt 57,4 g. Aufgrund des vergleichsweise kantigen Designs ist es weniger angenehm in der Hosentasche mitzuführen als das Ladecase der AirPods Pro, das 45,2 × 60,6 × 21,7 mm misst. Zudem ist das transparente Design anfällig für Kratzer. Der USB-C-Anschluss ist zur Seite weggeführt, die danebenliegende Taste dient zum Starten des Kopplungsprozesses der In-Ears. Mit einem Gewicht von 4,7 g ist jeder Ohrhörer angenehm leicht.
IPX4-Zertifizierung für die Ohrhörer
Die Ohrhörer sind nach IPX4 gegen Spritzwasser geschützt, können also auch bei Regen und schweißtreibendem Sport getragen werden.
Nothing Ear (1) | Apple AirPods Pro | OnePlus Buds Pro | |
---|---|---|---|
Bluetooth-Standard: | 5.2 | 5.0 | 5.2 |
Audio-Codecs: | SBC, AAC | SBC, AAC, LHDC | |
Bedienung: | Touch | Tasten | |
Akkulaufzeit der Ohrhörer: | 5,7/4,0 (ANC) h | 5,0/4,5 (ANC) h | 7,0/5,0 (ANC) h |
Akkulaufzeit mit Ladecase: | 34,0 h | 24,0 h | 38,0 h |
Wireless Charging: | Ja | ||
ANC: | Ja | ||
Einzelnutzung: | Ja | ||
IP-Zertifizierung: | IPX4 | IP55 | |
Gewicht je Ohrhörer / nur Ladecase: | 4,7/57,4 g | 5,5/46,0 g | 4,4/52,0 g |
USB-Ladeanschluss: | USB-C | Lightning | USB-C |
Abmessungen Ladecase: | 23,70 × 58,60 × 58,60 mm | 45,20 × 60,60 × 21,70 mm | 24,90 × 60,10 × 49,00 mm |
Preis: | 99 € | 279 € | ab 25 € |
ANC, Transparenzmodus und neutraler Klang
Die aktive Geräuschunterdrückung (ANC) der ear (1) soll die Umgebung um bis zu 40 dB dämpfen, was eine überdurchschnittliche Leistung verspricht. Um dies zu erreichen, setzt Nothing auf drei Mikrofone je Ohrhörer, die sowohl nach innen als auch außen gerichtet sind (Feed-Forward- und Feedback-Verarbeitung). Zudem ist das ANC über die App, die für Android und iOS verfügbar ist, anpassbar. Um den häufig bei In-Ear-Kopfhörern auftretenden „Saugglockeneffekt“ zu verhindern, wenn ANC aktiviert wird, verfügen die ear (1) über Luftkanäle zum Druckausgleich, wie sie auch die AirPods Pro besitzen. Auf die Effektivität des ANCs und der Luftkanäle wird im Folgenden genauer eingegangen.
Die ear (1) bieten darüber hinaus einen Transparenzmodus, dessen Intensität jedoch nicht angepasst werden kann.
Beim Klang verspricht Nothing eine neutrale Abstimmung, da man die Musik der Künstler nicht verändern wolle. Wer den Klang anpassen möchte, kann hierfür auf den Equalizer in der App zurückgreifen, der allerdings keine freie Anpassung, sondern eine Auswahl aus den vier Profilen „Balanced“ (Standard), „More Treble“, „More Bass“ und „Voice“ erlaubt.
Steuerung über den Stiel mit Auto-Play/Auto-Pause
Der Stiel der Ohrhörer beherbergt die Touchsteuerung. Um Fehleingaben zu verhindern, ist ein einfaches Berühren nicht mit einer Funktion belegt. Erst zweifaches Antippen startet beziehungsweise pausiert die Wiedergabe. Dreifaches Antippen springt einen Track vor. Antippen und Halten schaltet durch die drei Modi „ANC“, „Transparenz“ und „Aus“. Über Wischgesten nach oben und unten kann die Lautstärke erhöht oder verringert werden. Ab Werk ist die Steuerung auf beiden Ohrhörern identisch.
Bedienung kaum anpassbar
Über die ear-(1)-App kann sie nur eingeschränkt angepasst werden. Dreifaches Antippen lässt sich so auch mit dem Springen zum vorherigen Track oder keiner Funktion belegen. Bei den Geräusch-Modi kann man die Funktion nur deaktivieren, aber keine andere auswählen. In der Praxis ist es sinnvoll, das dreifache Antippen auf einem Ohrhörer mit dem Zurückspringen zu belegen, um eine weitere Funktion auf die Ohrhörer zu legen. Der Sprachassistent lässt sich so aber ebenso wenig über die Ohrhörer aufrufen wie es möglich ist, das doppelte Antippen anzupassen oder auf Wunsch auch einfaches Antippen zu belegen.
Schnelles Auto-Play, langsames Auto-Pause
Darüber hinaus sorgen Sensoren dafür, dass die Wiedergabe beim Herausnehmen eines Ohrhörers pausiert (Auto-Pause) und beim Einsetzen fortsetzt (Auto-Play). In der Praxis funktioniert diese Erkennung nicht immer sofort, sondern reagiert mitunter erst etwas verzögert, nämlich dann, wenn der herausgenommene Ohrhörer nicht mehr bewegt wird. Das Fortsetzen der Wiedergabe erfolgt hingegen sehr zügig. Auf Wunsch lässt sich diese Funktion in der App gänzlich deaktivieren.
Sehr gute Einzelnutzung
Die ear (1) erlauben eine problemlose Einzelnutzung, die ein unterbrechungsfreies Wechseln zwischen Mono und Stereo ermöglicht. Sofern das automatische Pausieren aktiviert ist, wird die Wiedergabe beim Wechsel von Stereo auf Mono konsequenterweise pausiert. Es gibt jedoch keine störenden Ansagen oder Töne, die die Musik beeinflussen. Auf den gewählten Modus – „ANC“, „Transparenz“ oder „Aus“ – hat der Wechsel keinen Einfluss.
App für Android und iOS
Neben dem oben erwähnten Equalizer mit nur vier Profilen und der eingeschränkten Anpassung der Steuerung können über die App die ANC-Modi und die Intensität des ANCs eingestellt und Firmware-Updates durchgeführt werden. Darüber hinaus ist es möglich, die Ohrhörer über die App zu suchen, indem auf diesen ein Piepton abgespielt wird, wenn sie noch in Bluetooth-Reichweite sind.
Einen Passtest, der dem Nutzer bei der richtigen Wahl der Größe der Silikon-Aufsätze hilft, oder einen Hörtest bietet die App nicht. Ihr Funktionsumfang ist somit gering, die wichtigsten Funktionen sind aber vertreten.
Angenehmer Sitz mit guter Abdichtung
Die Nothing ear (1) sitzen sehr angenehm mit wenig Druck im Ohr, da sie nicht tief in den Gehörgang gedrückt werden, sondern ihn mit den Silikon-Aufsätzen, die auch von den AirPods Pro stammen könnten, äußerlich gut abdichten. Die Ohrhörer dichten beim Tester ähnlich gut wie die AirPods Pro ab, die sich jedoch noch etwas lockerer im Ohr anfühlen. Dem sogenannten „Saugglockeneffekt“ beim Aktivieren von ANC entgegnen die ear (1) mit den integrierten Luftkanälen gut, er ist aber nicht völlig eliminiert. Hier sind die AirPods Pro weiterhin führend.
Die ear (1) sitzen im Test so fest, dass sie im Alltag und bei leichten sportlichen Aktivitäten nicht aus dem Ohr fallen. Dies ist aber sehr vom individuellen Sitz der Ohrhörer abhängig – gerade dann, wenn sie nicht auf Ear-Wings oder einen tiefen Sitz im Gehörgang setzen.