Nothing ear (1) im Test: Klang, ANC, Telefonie, Latenz und Fazit

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Frank Hüber
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Guter Klang betont den Bass

Nothing verspricht einen neutralen Klang, bei dem die Musik so wiedergegeben wird, wie sie vom Künstler aufgenommen wurde. Diesem Anspruch werden die ear (1) schlussendlich nicht ganz gerecht, denn schon bei den ersten Tönen hört man den In-Ear-Kopfhörern an, dass der Bass betont wird. Erfreulicherweise ist die Basswiedergabe dabei aber weder matschig noch dumpf, sondern durchaus differenziert und punktgenau. Mit der pulsierenden Basslinie in Angel von Massive Attack haben die ear (1) kein Problem. Auch bei niedriger Lautstärke leisten sich die Probanden beim Bass keinen Aussetzer und spielen diesen etwa bei St Jude von Florence + The Machine selbst bei rund 15 Prozent Lautstärke noch hörbar aus.

Bei den Höhen hat Nothing ebenfalls ein wenig nachgeholfen und verstärkt diese etwas, wenn auch weniger intensiv als bei den Bässen. Einziges Manko in diesem Fall: Mit den sauberen Höhen eines Sennheiser Momentum True Wireless 2 (Test) können die Höhen der ear (1) dann doch nicht mithalten, da sie nicht klar genug auflösen. Die anfänglichen Gitarrenklänge in Your Power von Billie Eilish klingen so zwar nicht schlecht, offenbaren aber die fehlenden Details bei der Wiedergabe. Bei maximaler Lautstärke bewegen sich die ear (1) dann auch haarscharf an der Grenze und werden gerade so nicht zu hart und unangenehm – erste Wahl für One Way Or Another von Blondie sind sie bei maximaler Lautstärke aber eben nicht.

ANC der Nothing ear (1)

Beim ANC erlauben die ear (1) über die App eine Anpassung der Intensität zwischen Maximum und Light. Die höhere Einstellung liefert eine bessere Filterung, bei ruhiger Musik oder Podcasts ist jedoch ein im Vergleich zu Light minimal lauteres Grundrauschen wahrzunehmen.

Der Effekt von ANC ist sofort wahrzunehmen, wenn es aktiviert wird. Monotone Hintergrundgeräusche werden gut gedämpft. Stimmen, hochfrequente Umgebungsgeräusche und beispielsweise Vogelgezwitscher werden jedoch wenig herausgefiltert. Die Umgebung ist so auch bei aktiviertem ANC nie komplett ausgeblendet. Die ear (1) profitieren aber auch von der guten passiven Isolierung durch die Ohrhörer, die wenige Umgebungsgeräusche zum Ohr durchlässt, die somit gar nicht erst eliminiert werden müssen. Je nach Umgebung kann dann sogar die niedrigere Intensitätsstufe die bessere Wahl sein, weil die höhere ein helleres, störenderes Rauschen zurücklässt als die niedrige.

Vom hervorragenden ANC, das etwa die Sony WF-1000XM4 (Test) und die Bose QuietComfort Earbuds (Test) bieten, sind die ear (1) dann aber doch ein ganzes Stück entfernt. Auch die AirPods Pro (Test) dämpfen insgesamt stärker und filtern vor allem höhere Frequenzen und abrupte Geräusche besser. Die ANC-Leistung der ear (1) ist schlussendlich gut – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Nothing ear (1)
Nothing ear (1)

Guter Transparenzmodus rauscht etwas

Der Transparenzmodus der ear (1) rauscht bei Stille hörbar, liefert aber eine gute Wiedergabe der Umgebung, da diese in ihrer Lautstärke und in ihrem Klang akkurat wiedergegeben wird. Durchsagen im öffentlichen Raum oder das Klingeln an der Haustür nimmt man so auch bei eingesetzten Ohrhörern und Musikwiedergabe wahr. Für Gespräche muss jedoch wahlweise die Musik pausiert oder doch ein Ohrhörer herausgenommen werden.

ANC und Transparenz noch mit Fehlfunktion

Im Test zeigte sich aber auch, dass die ear (1) noch nicht gänzlich ausgereift sind und die Software gelegentlich Probleme bereitet. So hat sich im Test immer wieder kurz der Transparenzmodus aktiviert, wenn man den Kopf bewegt, was an einer falschen Trageerkennung liegen könnte, und das ANC wechselte manchmal von an zu aus, ohne dass man manuell eingegriffen hat. In der App werden diese kurzen Wechsel allerdings nicht registriert. Nothing hat in den letzten Wochen bereits einige Firmware-Updates verteilt, muss diese Probleme nun mit dem offiziellen Marktstart aber schnell angehen und lösen.

Leichte Störgeräusche bei der Telefonie

Bei der Telefonie gehen die Nothing ear (1) mit einer starken Filterung zu Werke, die die Umgebung abseits von Vogelgezwitscher fast vollständig eliminiert. Dies führt jedoch immer wieder zu leichten Störgeräuschen bei einer ansonsten guten Verständlichkeit der Stimme.

Nothing ear (1) – Mikrofonqualität
Huawei FreeBuds 4 – Mikrofonqualität
Huawei FreeBuds 3 – Mikrofonqualität
Sony WF-1000XM4 – Mikrofonqualität mit Firmware 1.1.5
Sony WF-1000XM4 – Mikrofonqualität mit Hintergrundgeräusche
Sony WF-1000XM4 – Mikrofonqualität ohne Hintergrundgeräusche
Sony WF-1000XM3 – Mikrofonqualität
Bose QuietComfort Earbuds – Mikrofonqualität
Sennheiser Momentum True Wireless 2 – Mikrofonqualität
Apple AirPods Pro – Mikrofonqualität
EarFun Free 2 – Mikrofonqualität
Google Pixel Buds A-Series – Mikrofonqualität
Yamaha TW-E3A – Mikrofonqualität
Skullcandy Indy ANC – Mikrofonqualität
Skullcandy Dime – Mikrofonqualität
Marshall Mode II – Mikrofonqualität
Master & Dynamic MW07 Plus – Mikrofonqualität
Epos GTW 270 Hybrid – Mikrofonqualität
Klipsch T5 II True Wireless Sport McLaren Edition – Mikrofonqualität
Anker Soundcore Liberty Air 2 Pro – Mikrofonqualität
JBL Live Free NC+ – Mikrofonqualität

Normale Latenz über SBC und AAC

Bei der Latenz kommen die Nothing ear (1) auf die für AAC (iOS) und SBC (Android) normale Latenz von 160 bis 180 ms. Einen proprietären Gaming-Modus, der die Verzögerung zwischen Bild und Ton reduziert, bieten sie nicht.

Latenz zwischen Bild und Ton im Vergleich
In-Ear-Kopfhörer Latenz
Nothing ear (1) 160–180 ms (Android, SBC/iOS, AAC)
Huawei FreeBuds 4 160–180 ms (Android, SBC/iOS, AAC)
Sony WF-1000XM4 160–180 ms (Android, SBC/iOS, AAC) / 160–180 ms (Android, LDAC)
EarFun Free 2 70 ms (Low-Latency-Modus) / 180 ms (Android, aptX/iOS, AAC)
Google Pixel Buds A-Series 160–180 ms (Android, SBC/iOS, AAC)
Yamaha TW-E3A 160–180 ms (Android, aptX/iOS, AAC)
Skullcandy Indy ANC 160–180 ms (Android, SBC/iOS, AAC)
Skullcandy Dime 160–180 ms (Android/iOS, SBC)
Marshall Mode II 160–180 ms (Android, aptX/iOS, AAC)
Master & Dynamic MW07 Plus Lamborghini 160–180 ms (Android, aptX/iOS, SBC)
Epos GTW 270 Hybrid 60 ms (USB-C-Dongle) / 160–180 ms (Android, aptX/iOS, SBC)
Klipsch T5 II True Wireless Sport McLaren Edition 160–180 ms (Android, aptX/iOS, AAC)
Anker Soundcore Liberty Air 2 Pro 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
JBL Live Free NC+ 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
Samsung Galaxy Buds Pro 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
Cambridge Audio Melomania Touch 160–180 ms (Android, aptX/iOS, AAC)
Razer Hammerhead True Wireless Pro 60–70 ms (Android/iOS, Gaming-Mode) / 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
EarFun Air Pro 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
Scendo Snapods 160–180 ms (Android, aptX/iOS, AAC)
Adidas FWD-01 160–180 ms (Android/iOS, SBC)
Jabra Elite 85t 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
Bose QuietComfort Earbuds 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
Creative Outlier Air V2 160–180 ms (Android, aptX/iOS, AAC)
Beats Powerbeats Pro 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
Aukey EP-N5 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
Belkin Soundform True Wireless 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
Sennheiser CX 400BT True Wireless 160–180 ms (Android, aptX) / 120 ms (iOS, AAC)
LG Tone Free FN6 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
Huawei FreeBuds Pro 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
Teufel Airy True Wireless 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
Samsung Galaxy Buds Live 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
EarFun Air 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
Sony WF-SP800N 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
JBL Live 300TWS 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
Google Pixel Buds (2. Gen.) 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
Sony WF-XB700 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
Adidas RPD-01 160–180 ms (Android/iOS, SBC)
Skullcandy Sesh Evo 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
Skullcandy Indy Fuel 160–180 ms (Android/iOS, SBC)
Mpow M9 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
Anker Soundcore Spirit X2 160–180 ms (Android, aptX) / 160–180 ms (iOS, AAC)
Anker Soundcore Spirit Dot 2 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
Audio-Technica ATH-CK3TW 160–180 ms (Android, aptX) / 160–180 ms (iOS, SBC)
iFrogz Airtime Sport 160–180 ms (Android, AAC) / 160–180 ms (iOS, AAC)
JBL Reflect Flow 160–180 ms (Android, AAC) / 160–180 ms (iOS, AAC)
JBL Tune220TWS 160–180 ms (Android, AAC) / 160–180 ms (iOS, AAC)
Huawei FreeBuds 3i 160–180 ms (Android, aptX) / 160–180 ms (iOS, AAC)
Honor Magic Earbuds 160–180 ms (Android, aptX) / 160–180 ms (iOS, AAC)
Anker SoundCore Liberty Air 2 160–180 ms (Android, aptX) / 160–180 ms (iOS, AAC)
Sony WF-1000XM3 160–180 ms (Android/iOS, AAC)
Sennheiser Momentum True Wireless 2 160–180 ms (Android, aptX) / 120 ms (iOS, AAC)
Samsung Galaxy Buds+ 160–180 ms (iOS, AAC/Android) / 80 ms (Spielemodus mit Samsung-Smartphone)
Bose SoundSport Free 160–180 ms (iOS, AAC) / 300 ms (Android)
Jabra Elite Active 75t 160–180 ms (iOS, AAC/Android, SBC)
Padmate PaMu Slide 160–180 ms (iOS/Android, aptX)
Jabra Elite 75t 160–180 ms (iOS, AAC/Android, SBC)
Apple AirPods Pro 160–180 ms (iOS, AAC/Android, SBC)
Sennheiser Momentum True Wireless 60–80 ms (Android, aptX) / 160–180 ms (iOS, AAC)
EarFun Free (2. Gen.) 160–180 ms
EarFun Free 160–180 ms
Yobybo Card20 160–180 ms
Apple AirPods (2. Gen.) 160–180 ms
Huawei FreeBuds 3 60–80 ms
Razer Hammerhead 180 ms / Gaming-Mode: 60–80 ms
Creative Outlier Gold 160 ms
Anker Soundcore Liberty 2 Pro 60–80 ms
Cambridge Audio Melomania 1 180 ms
Xiaomi Redmi AirDots 160–180 ms
Jaybird Vista 160 ms
Skullcandy Indy 160–180 ms
Skullcandy Sesh 160–180 ms
TaoTronics SoundLiberty 53 200 ms

Fazit

Die Nothing ear (1) stechen aus der Masse aktueller In-Ear-Kopfhörer hervor. Dafür braucht es nicht die innovativsten Funktionen, die kein Mitbewerber bietet, sondern ein Design, das vor allem Tech-Enthusiasten anspricht, und ein überzeugendes Preis-Leistungs-Verhältnis. Das Gesamtpaket der Nothing ear (1) überzeugt angesichts des Preises von nur 99 Euro.

Dabei sind die ear (1) nicht in jeder Hinsicht vollends überzeugend. Der Klang ist gut, lässt aber Schwächen bei den Höhen erkennen und legt mehr Fokus auf den Bass, als Nothing im Vorfeld suggeriert hat. Mit aktuellen, hochpreisigen In-Ear-Kopfhörern der 300-Euro-Preisklasse können die ear (1) klanglich nicht mithalten. Gleiches gilt für das ANC, dessen Effektivität ein gutes Stück von den führenden Modellen entfernt ist. Die App bietet zwar einen Equalizer und eine Anpassung der Bedienung, in beiden Fällen aber nur sehr eingeschränkte Optionen – als Equalizer dienen vier Profile, eine manuelle Anpassung ist nicht möglich und die Steuerung kann nur stark eingeschränkt angepasst werden. Das automatische Pausieren reagiert im Alltag etwas träge. Hier zeigt sich erneut, dass zusätzliche Infrarotsensoren in den Ohrhörern zuverlässiger sind.

Die ear (1) tragen sich im Alltag sehr angenehm und ähnlich wie die AirPods Pro. Die passive Isolierung ist beim Tester sehr gut. Die Steuerung ist frei von Fehleingaben und die Möglichkeit, die Lautstärke über Wischgesten anzupassen, ein guter Zusatz, den bei Weitem nicht alle kabellosen In-Ears bieten. Die Akkulaufzeit könnte gerade mit ANC länger ausfallen, ist je nach Nutzung im Alltag aber unproblematisch. Mit Wireless Charging bieten die ear (1) eine in dieser Preisklasse noch nicht selbstverständliche Eigenschaft, auf Extras wie Multipoint oder einen HD-Codec muss aber verzichtet werden.

Probleme mit einem immer wieder ungewollt aktivierten Transparenzmodus und dem kurzen Umschalten des ANCs muss Nothing mit dem Marktstart schnell in den Griff bekommen, denn dies trübt die Musikwiedergabe aktuell noch etwas.

Fraglich ist, wie das transparente Design und der verwendete Kleber auf starke UV-Einstrahlung reagieren. Dass das Ladecase nicht lange sein makelloses Äußeres behalten wird, zeigt sich schon wenige Tage nach dem Beginn des Tests, da die Unterseite bereits viele kleine, sichtbare Kratzer aufweist.

Wer gute kabellose In-Ears für den Alltag sucht und bewusst keine 200 oder 300 Euro ausgeben möchte, erhält mit den Nothing ear (1) ein Modell, das sich von der Masse abhebt und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bietet. Seit 17. August können die In-Ears für 100 Euro bestellt werden, die Lieferung dauert aktuell jedoch zwei bis vier Wochen. Wer es ohnehin nicht eilig hat, sollte zudem auf Firmware-Updates warten, die die letzten Probleme lösen.

Nothing Ear (1)
20.08.2021
  • Guter Klang
  • Auto-Play und Auto-Pause
  • Sehr gute Einzelnutzung
  • Schnellladen & Wireless Charging
  • Sehr angenehmes Tragegefühl
  • Bedienung nicht frei anpassbar
  • Nur vier feste Equalizer-Profile
  • Ungewollte Aktivierung des Transparenzmodus
  • Auto-Pause manchmal träge

ComputerBase hat die ear (1) leihweise von Nothing zum Testen erhalten. Eine Einflussnahme des Herstellers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht. Es gab kein NDA.

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