Netflix: Gebühr für geteilte Konten und werbefinanzierter Tarif
Netflix muss im Rahmen der Quartalszahlen erstmals seit über zehn Jahren fallende Abonnentenzahlen bekannt geben, woraufhin die Aktie nachbörslich fast ein Viertel an Wert verliert. In Zukunft will das Unternehmen aber auch bei geteilten Konten außerhalb der Familie genauer hinsehen und eine Extragebühr erheben.
Gebühr von 2-3 Euro für geteiltes Konto
Rund 100 Millionen Konten sollen betroffen sein, da sie ihr (Familien-)Konto außerhalb der Familie mit anderen Personen teilen, die selbst nichts bezahlen würden. Allein in den USA und Kanada soll die Zahl der außerhalb des eigenen Haushalts geteilten Konten bei 30 Millionen liegen.
Schon 2021 hatte Netflix eine Extragebühr für außerhalb des Haushalts geteilte Konten ins Gespräch gebracht. Laut COO Greg Peters hat das Unternehmen bereits zwei Jahre Arbeit in eine solche Lösung investiert. Tests sollten zeigen, ob und welche Gebühr Nutzer bereit sind, um ein Konto offiziell außerhalb des Haushalts teilen zu können. In Chile, Costa Rica und Peru haben bereits erste Tests stattgefunden, wobei die Gebühr umgerechnet bei 2 bis 3 Euro monatlich lag. Bis die Gebühr jedoch weltweit eingeführt werde, soll noch mindestens ein Jahr vergehen.
Nach aktueller Planung würde die Extragebühr das Anlegen von zwei weiteren Konten für Personen außerhalb des eigenen Haushalts ermöglichen, die dann eigene Zugangsdaten, ein eigenes Profil und eine eigene Merkliste erhalten. Dabei soll es auch möglich sein, ein vorhandenes Profil auf ein neues Konto zu übertragen, eine wichtige Funktion, um Nutzer von derzeit geteilten Konten dazu zu bewegen, auf die legale Variante umzusteigen, ohne ihr Profil zu verlieren. Inwiefern Netflix nach diesem Schritt selbst aktiv gegen geteilte Konten vorgeht, bleibt abzuwarten.
Werbefinanzierter Tarif könnte kommen
Es wird zudem spekuliert, dass Netflix in Zukunft einen werbefinanzierten Tarif anbieten wird. Vollständig kostenlos würde dieser Tarif wahrscheinlich nicht, sondern mit Werbeclips nur günstiger als das aktuelle Angebot. Der Vorstandsvorsitzende Reed Hastings schloss derartige Pläne nicht mehr aus, stellte jedoch noch keine konkreten Pläne vor. Viel mehr sei es ein Projekt für die nächsten ein bis zwei Jahre, an dem man arbeiten werde.
Weniger Nutzer nach Profiteur der Pandemie
Nachdem Netflix wie viele digitale Angebote besonders zu Beginn der Pandemie und weltweiter Lockdowns enorme Nutzerzuwächse verzeichnen konnte, muss das Unternehmen nun einen Rückgang um 200.000 Bezahlabonnements innerhalb der ersten drei Monate dieses Jahres verzeichnen. Zum Stichtag am 31. März gibt Netflix die Nutzerzahl mit weltweit nunmehr 221,6 Millionen an. Der Verlust von 200.000 Kunden steht vor allem auch im Kontrast zur Prognose von Netflix, die das Unternehmen für das erste Quartal 2022 ausgerufen hatte. Denn eigentlich sollten 2,5 Millionen neue Kunden gewonnen und keine verloren werden.
Deaktivierte Konten in Russland
Als Ursachen für die schwache Bilanz wird neben dem höheren Konkurrenzdruck im Streaming-Geschäft auch der Ukraine-Krieg gesehen. Denn der Rückzug von Netflix aus Russland führte allein zu 700.000 deaktivierten Abonnements – ohne sie wäre Netflix leicht gewachsen, wenn auch weiterhin deutlich unter den Erwartungen. Im ersten Quartal fielen aber nicht nur die Abonnenten leicht, sondern auch der Gewinn lag mit 1,6 Milliarden US-Dollar rund sechs Prozent unter dem Vorjahreszeitraum. Beim Umsatz konnte Netflix hingegen um zehn Prozent auf 7,9 Milliarden US-Dollar zulegen.
Schlechte Aussichten
Netflix geht nun auch für das aktuelle Quartal nicht mehr von einem Wachstum aus, sondern rechnet erneut mit einem Kundenverlust. In diesem Quartal rechnet Netflix damit, rund 2 Millionen Abonnenten zu verlieren, also noch einmal deutlich mehr als im ersten Quartal. Vor allem diese schlechten Aussichten setzen der Aktie zu. Die Aktie von Netflix hat jedoch nicht erst ob der jüngsten Quartalszahlen zu kämpfen, denn seit Jahresbeginn hat sie bereits um rund 40 Prozent nachgegeben. Die schlechten Zahlen des Marktführers wirken sich nun aber auch auf die Konkurrenz aus – unter anderem die Aktie von Walt Disney verlor nach ihrer Bekanntgabe. Disney kommt mit Disney+ auf rund 130 Millionen Abonnenten.