Quo vadis Solidigm: Was geschieht mit Intels SSD-Erbe?

Michael Günsch
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Quo vadis Solidigm: Was geschieht mit Intels SSD-Erbe?
Bild: Solidigm

Aus dem Verkauf des SSD- und NAND-Geschäfts von Intel an SK Hynix entstand das Unternehmen Solidigm. Doch was genau passiert nun mit Intels Erbe? Im Interview mit dem Hersteller konnte ComputerBase einige Fragen klären.

Hintergrund: Intel verkauft sein NAND-Geschäft an SK Hynix

Ende Oktober 2020 sorgte ein Bericht des Wall Street Journal für Aufsehen in der IT-Branche: Demnach sollte Intel den Verkauf seiner NAND-Sparte an SK Hynix erwägen. Die offizielle Bestätigung der 9 Milliarden US-Dollar schweren Akquise folgte prompt.

Gut ein Jahr später, nachdem alle zuständigen Regulierungsbehörden grünes Licht gegeben hatten, ging der Deal Ende Dezember 2021 offiziell über die Bühne. Intels SSD-Geschäftseinheit inklusive aller Mitarbeiter sowie ausgewählter einschlägiger Patente und das NAND-Werk in China wurden für zunächst 7 Milliarden US-Dollar an SK Hynix verkauft. Damit Intel in der Übergangsphase noch NAND-Wafer im Werk produzieren kann, wurden aber dafür nötige Anlagegüter und Patente einbehalten. Diese sollen bis spätestens März 2025 in Gänze an SK Hynix übergehen, was noch einmal zwei Milliarden US-Dollar kosten wird und die insgesamt veranschlagte Summe von 9 Milliarden US-Dollar komplettiert.

Aus der Akquise entstand Solidigm

Im Zuge der Übernahme entstand das neue Unternehmen Solidigm, das nun als eigenständige Tochter von SK Hynix fungiert. Geleitet wird der Konzern von Robert Crooke, der bereits die ehemalige Intel-Sparte geführt hatte. Auch der Hauptsitz bleibt in den USA. Intels Portfolio an Client- und Enterprise-SSDs (exklusive der nicht mit übernommenen Optane-Familie) wurde von Solidigm zunächst weitergeführt. Doch bringt das Unternehmen inzwischen neue Produkte unter eigener Marke heraus. Die Zahl der Mitarbeiter liegt derzeit bei knapp 2.000, die sich auf 20 Standorte rund um den Globus verteilen.

Solidigm im Interview

ComputerBase hatte die Gelegenheit, einige Fragen an Solidigm zu richten, deren Antworten jetzt etwas mehr Licht auf den Antritt von Intels SSD-Erbe und vor allem dessen Zukunft bringen. Am Ende des jeweiligen Abschnittes finden sich die dazugehörige Frage der Redaktion und die Antwort von Solidigm in der übersetzten Fassung des auf Englisch geführten Interviews.

Gemeinsam mit SK Hynix zur globalen Nummer zwei?

Solidigm arbeitet eigenständig, kann aber von der Reichweite sowie dem Know-How des Mutterkonzerns profitieren. Gebündelt buhlen SK Hynix und Solidigm um den zweiten Platz in der Liste der größten NAND-Flash-Hersteller nach Umsatz. Die Statistiker von TrendForce sahen im ersten Quartal 2022 allerdings noch Kioxia mit 18,9 Prozent Marktanteil leicht in Führung und sprachen SK Hynix und Solidigm 18,0 Prozent des Marktes zu. Samsung bleibt mit 35,3 Prozent die unangefochtene Nummer eins.

NAND-Flash-Hersteller: Marktanteile in Q1 2022 nach Umsatz
NAND-Flash-Hersteller: Marktanteile in Q1 2022 nach Umsatz (Bild: TrendForce)

Frage: Nach der Akquise durch SK Hynix: Was hat sich verändert und was blieb gleich?

Antwort: Solidigm entstand, als SK Hynix das Intel NAND and SSD Geschäft im Dezember 2021 aufkaufte. Wir agieren als ein eigenständiges Unternehmen, jedoch haben wir dank unserer Beziehungen die Chance die Größe und Expertise von SK Hynix zu unserem Vorteil zu nutzen.

Aktuell befinden sich strategische Roadmaps in Arbeit, mit Fokus auf das “Wie” der Datennutzung in neuen, noch unerschlossenen, Art und Weisen, um diese für gute Zwecke zu nutzen. Zusammen mit SK Hynix wird Solidigm die Position #2 im NAND Marktanteil halten.

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Intel-NAND wird weiterentwickelt

Nicht nur das SSD-Portfolio, sondern auch den NAND-Flash-Speicher von Intel hat SK Hynix übernommen. Wie Solidigm gegenüber ComputerBase bestätigt hat, wird Intels 3D-NAND mit für die Branche untypischer Floating-Gate-Architektur (FG) weiterentwickelt werden. Es ist also nach der 144-Layer-Generation, die Intel nach der Trennung von Micron erstmals im Alleingang entworfen hatte, ein Nachfolger zu erwarten. Alle anderen Hersteller und so auch der Mutterkonzern SK Hynix setzen hingegen auf Charge-Trap-Flash-Zellen (CTF).

Floating Gate mit Vorteilen für QLC
Floating Gate mit Vorteilen für QLC (Bild: Intel)
Floating Gate auch für 5 Bit (PLC) gerüstet
Floating Gate auch für 5 Bit (PLC) gerüstet (Bild: Intel)

Intel und jetzt Solidigm sehen aber die FG-Architektur mit Hinblick auf die weitere Erhöhung der Bits pro Speicherzelle im Vorteil. Die Demonstration der ersten SSD mit 5 Bit pro Zelle zum Flash Memory Summit 2022 setzte ein Ausrufezeichen. Allerdings bleibt abzuwarten, ob und für welche Anforderungen sich dieser PLC-NAND (Penta Level Cell) letztlich eignen wird. Potenziell nehmen Leistung und Haltbarkeit gegenüber QLC-NAND nochmals ab. Für selten oder einmalig beschriebene Cloud- oder Archivspeicher wäre PLC-NAND aber denkbar und so sieht Solidigm darin vor allem einen HDD-Ersatz.

Solidigm zeigt SSD mit PLC-NAND
Solidigm zeigt SSD mit PLC-NAND (Bild: Solidigm)

Frage: Wird die Flash Technologie, als Erbstück von Intel (144 Layer Floating Gate), weiterentwickelt werden, oder wird Solidigm sich auf die Basis der SK Hynix Designs stützen?

Ja, wir werden die „144-layer floating gate“-Technologie weiterentwickeln. Solidigm ist in der einzigartigen Position, sowohl die marktführende „floating gate“-Technologie, als auch die „charge trap“-Technologie anzubieten – dank unserer Beziehung zu SK Hynix. Wir sind daher in der Lage die beste Lösung für Kunden und Endkonsumenten zu bieten. Zudem entwickeln wir kontinuierlich unsere Innovationen, was uns auch erlaubte erst vor kurzem beim Flash Memory Summit, die allererste Penta-Level Cell (PLC) SSD, gebaut mit einer „floating-gate“-NAND, zu präsentieren. Wir sehen die Zukunft für “floating gate” als überaus vielversprechend an und stehen mit Stolz an der Speerspitze dieser Innovation.

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Intels Consumer-SSDs leben weiter

Kurz nach der Entstehung von Solidigm standen vor allem Enterprise-Lösungen im Fokus. Die Frage, ob das Unternehmen auch neue Consumer-SSDs herausbringen wird, hatte Solidigm zwischenzeitlich mit der Vorstellung der P41 Plus SSD selbst beantwortet. Im Gespräch mit der Redaktion stellt das Unternehmen aber nun klar, dass die P41 Plus kein Ersatz für die Intel-SSDs ist, denn die Serien 660p und 670p sollen parallel weiterhin angeboten werden.

Solidigm P41 Plus SSD für Verbraucher
Solidigm P41 Plus SSD für Verbraucher (Bild: Solidigm)

Frage: Wie steht es um Produkte für Konsumenten? Wird es einen Nachfolger für die 660p und 670p geben?

Zurzeit gibt es keine Pläne Produkte auszutauschen. Unser vor kurzem angekündigtes Produkt P41 Plus wird keine existierenden Produkte ersetzen - die P41 Plus ist unser erstes PCIe 4.0 Produkt für Client-PCs. Sie wird parallel zur Solidigm 670p, unserem PCIe 3.0 Angebot (ehemals die Intel® SSD 670p) verfügbar sein. Die Produkte der 600 Serie werden weiterhin bei Solidigm erhältlich sein.

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Mehr Leistung bei Intels Enterprise-SSDs

Im April stellte Solidigm die ersten neuen Produkte vor. Dabei handelt es sich um die beiden Enterprise-SSDs D7-P5520 und D7-P5620 für Server, die nun PCIe 4.0 nutzen. Das erlaubt höhere Durchsatzraten als bei den Vorgängern. Solidigm wirbt mit einer höheren Leistung in realen Arbeitslasten und verweist auf einen Testartikel, bei dem die P5520 gegenüber den dort gewählten Gegenspielern von Micron, Kioxia und Samsung besser abschneidet.

Frage: Welche technischen Neuerungen erlauben die verbesserte Leistung der P5520 und P5620 im Vergleich zum Vorgänger?

Die P5520 bietet höhere sequenzielle Geschwindigkeiten. Im Gegensatz zu anderen SSDs in dieser Sparte, liefert diese Festplatte eine bessere Leistung für unterschiedlichste, reale Arbeitslasten in Unternehmen. (https://www.storagereview.com/review/solidigm-p5520- maintains-lead-in-enterprise-workloads)

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Woher kommen die Controller?

Eine Frage, die zwischenzeitlich schon an anderer Stelle beantwortet wurde, dreht sich um die Herkunft der Controller. Hier hat Solidigm zumindest für die Client-SSDs den Einsatz externer Lösungen vom Hersteller Silicon Motion noch einmal bestätigt.

Frage: Welche Controller werden von Solidigm Festplatten verwendet? Liegt die Produktion dieser rein bei Intel oder wird auch Hardware von Drittherstellern verwendet?

Hier eine Liste der Controller, die in unseren Produkten verwendet werden:

  • Solidigm P41 Plus nutzt den Silicon Motion’s 2269XT controller.
  • Solidigm 670p (ehemalig von Intel produziert) nutzt den Silicon Motion SM2265
  • Solidigm 660p (ehemalig von Intel produziert) nutzt den Silicon Motion SM2263
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Wann kommen die ersten PCIe-5.0-SSDs von Solidigm?

Diese Frage wollte Solidigm noch nicht direkt beantworten. Aktuell könne man dazu nicht mehr sagen, doch natürlich seien entsprechende Produkte für die Zukunft geplant. Diese werden demnach aber wohl noch eine Weile auf sich warten lassen. Akuten Bedarf sieht das Unternehmen noch nicht.

Kioxia und Samsung haben hingegen schon erste Enterprise-SSDs mit PCIe 5.0 vorgestellt.

Die neuen Server-Plattformen mit PCIe-5.0-Support bei AMD (Genoa) und Intel (Sapphire Rapids) sind allerdings spät dran, sodass in der Tat wenig Eile geboten ist.

Frage: Wann können wir die ersten PCIe 5.0 Solidigm Festplatten erwarten?

Wir bieten Lösungen, die unsere Kunden in der aktuellen Situation brauchen – das sind SSDs, welche die Anforderungen moderner Arbeitslasten mit verwaltbaren Features erfüllen. Wir werden PCIe 5.0 Produkte in der Zukunft anbieten – mehr können wir jedoch aktuell dazu nicht sagen. Solidigm gibt generell keine vorausblickenden Informationen bezüglich zukünftiger Produktentwicklungen heraus.

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