Sanktionen gegen China: Die chinesische Chipindustrie erleidet verheerende Schäden
Die neuesten US-Sanktionen in Form von Beschränkungen für den Export modernster Hochtechnologie wie beispielsweise EUV-Belichtungssysteme und DUV-Systeme nach China richten in der chinesischen Chipindustrie verheerende Schäden an. China wiederum kritisiert die Maßnahmen der USA seinerseits aufs Schärfste.
US-Sanktionen können China um Jahre zurückwerfen
Wie das Handelsblatt berichtet hat, warnt die chinesische Chipindustrie nach den zuvor in Kraft getretenen Export-Beschränkungen der USA in Hinblick auf den Export von Spitzentechnologie im Bereich der High-End-Chip-Fertigung vor den anstehenden signifikanten Lieferengpässen. Wie die Website schreibt, sind die US-Sanktionen durchaus in der Lage, „die chinesische Chipindustrie um Jahre zurückwerfen“.
Eine solche einseitige Maßnahme der USA wird nicht nur weiter die globalen Lieferketten in der Halbleiterindustrie beeinträchtigen, sondern vor allem auch eine Atmosphäre der Unsicherheit schaffen.
China Semiconductor Industry Association (CSIA)
US-Sicherheitsexperten gehen davon aus, „dass dieser Schritt China in der Halbleiterentwicklung und bei der Herstellung von Hochleistungs- sowie Supercomputern um Jahre zurückwerfen könnte“, was wiederum sehr große Auswirkungen auf Chinas staatliche Militär- und Überwachungsprogramme hat, wie Tagesschau berichtet.
Betroffen vom Exportverbot sind laut dem Handelsministerium der Vereinigten Staaten (DOC) weltweit alle Halbleiter und alle für die Halbleiterproduktion notwendigen Gerätschaften und Werkzeuge aus US-amerikanischer Herstellung.
Chinas Chipindustrie ist isoliert
Während der Foundry-Gigant TSMC aus Taiwan und der südkoreanische Chiphersteller Samsung entsprechende Sondergenehmigungen erhalten haben sollen, sind chinesische Halbleiterhersteller komplett außen vor.
Hierbei geht es in erster Linie um EUV-Belichtungssysteme und die in der breiten Masse benötigten DUV-Scanner, welche das Rückgrat einer jeden Wafer-Belichtung darstellen, aber auch um alle anderen Geräte, die in den Bereich Hochtechnologie fallen. Auch KLA-Tencor, Lam Research und Applied Materials werden keine Anlagen mehr an chinesische Werke liefern, die fortschrittliche Logikchips herstellen.
Die Sanktionen werden von der internationalen Presse mit überwiegender Mehrheit als ein schwerer Schlag der USA gegen die chinesische Chipindustrie gewertet.
Falls irgendjemand in Chinas Chipbranche sich noch nicht vor den USA fürchtete, für den waren Washingtons bis dato umfassendste Exportverbote der definitive Weckruf.
Neue Zürcher Zeitung
China hofft derweil, dass die USA wieder zu den Verfahren und an den Verhandlungstisch des World Semiconductor Council (WSC) und des Government and Authority Meeting on Semiconductor (GAMS) zurückkehrt, wenngleich die Amerikaner wohl andere Pläne verfolgen.
Lieferkette soll vollständig in die USA wandern
Wie das Handelsblatt bereits am 7. Oktober berichtet hatte, soll der US-amerikanische Präsident Joe Biden eine „von Ende zu Ende“ komplett in den USA beheimatete Lieferkette für die US-Chipindustrie planen.
Die Lieferkette wird hier beginnen und hier enden
Joe Biden, US-Präsident
Jordan Schneider, China Technology Analyst beim Wirtschaftsforschungsunternehmen Rhodium Group, spricht in einem ausführlichen Tweet von einer „branchenweiten Enthauptung“ der chinesischen Chipindustrie und geht ausführlich auf weitere Details und Hintergründe ein. Die Pläne der USA seien eine „Vernichtung“ für Chinas Chiphersteller.
Niederländische Regierung unterstützt US-Sanktionen
Auch dem niederländischen Unternehmen ASML, seinerseits der weltweit größte Anbieter von Lithographiesystemen für die Halbleiterindustrie, hat die Bereitstellung von Dienstleistungen und Support für das chinesische Festland eingestellt. Bereits Anfang Juli war das US-Handelsministerium mit der Bitte an die Niederländische Regierung herangetreten, DUV-Systeme von ASML von China fernzuhalten.
Samsung und TSMC erhalten ein Jahr Aufschub
Die südkoreanischen und taiwanischen Chiphersteller Samsung, SK Hynix und TSMC sowie die amerikanische Regierung haben bereits eine entsprechende einjährige Sondergenehmigung unterzeichnet und einen „Aufschub“ für das Inkrafttreten der veränderten Rahmenbedingungen erhalten.
Huawei als Horrorszenario für Chinas Chipindustrie
Die am 7. Oktober vom Bureau of Industry and Security (BIS) erlassenen und am 12. Oktober im vollen Umfang in Kraft getretenen Sanktionen gegen China und dessen Chipindustrie haben das Potenzial, für die chinesischen Chiphersteller die gleichen Auswirkungen zu haben, wie das am 15. Mai 2019 erlassene Dekret des ehemaligen US-Präsident Donald Trump gegen Huawei.
Damals wie heute begründet die USA die Sanktionen mit dem „Nationalen Notstand“ für die USA in Bezug auf Telekommunikation und Informationstechnologie.
Durch die Sanktionen wird die Zusammenarbeit mit chinesischen Chipherstellern wie dem Auftragsgsfertiger SMIC und dem Speicherhersteller YMTC praktisch vollständig unterbunden.
Auch in diesem Fall verweist die USA auf die nationale Sicherheit des Landes und die Bedrohung aus China, die aus einer militärischen Nutzung von sensibler US-Technologie erwächst.
Wie ich dem Kongress bereits im Juli mitgeteilt habe, ist es mein oberstes Ziel beim Bureau of Industry and Security sicherzustellen, dass wir alles in unserer Macht Stehende tun, um unsere nationale Sicherheit zu schützen und zu verhindern, dass sensible Technologien mit militärischen Anwendungen vom Militär, den Geheimdiensten und den Sicherheitsdiensten der Volksrepublik China erworben werden.
Unterstaatssekretär des Commerce for Industry and Security (BIS)
Die offizielle Pressemitteilung (PDF) zu den US-Sanktionen liefert weitere Hintergründe und Details.
US-Staatsbürger können ihre Staatsbürgerschaft verlieren
Staatsangehörige der USA dürfen die Entwicklung und Produktion von bestimmten chinesischen Chipherstellern nicht mehr unterstützen und auch nicht in chinesischen Foundries tätig sein. Bei entsprechenden Verstößen droht US-Bürgern gar der Verlust ihrer US-Staatsbürgerschaft.
Wie die South China Morning Post berichtet, haben aus diesem Grund „massenhaft“ US-Ingenieure, die beispielsweise bei SMIC angestellt waren, China bereits verlassen.
Die Redaktion dankt Community-Mitglied „andi_sco“ für den Hinweis zu diesem Update.
ASML bleibt in der China-Frage schwammig
ASML als Fabrik-Ausrüster aller großen Hersteller liefert in seinem aktuellen Quartalsbericht einige Antworten zum aktuellen Abschwung in der Halbleiterindustrie. ASMLs CEO Peter Wennink bezieht auch zur umstrittenen China-Frage kurz Stellung, bleibt aber vage, wie letztlich die finale Entscheidung des Konzerns ausfallen wird.
Aktuell dürfte ASML weiterhin Systeme ohne EUV nach China schicken, doch die Frage ist, ob man das überhaupt sollte. Gemessen an der Auftragslage hat ASML dies aktuell nämlich überhaupt nicht nötig.
But the fact that we are a European company with limited US technology in it of course creates this situation where a direct impact on us is fairly limited. We can continue to ship non-EUV lithography tools out of Europe into China.
So the direct impact on us I would say is fairly limited. Of course there could be indirect effects. Those indirect effects could be that Chinese manufacturers to the extent that they do not get other equipment that they need in their fabs for instance from the United States.
Of course there could be an indirect effect on the demand for our tools. But there I would say, it is important to recognize that we are clearly still in a situation where the supply is below what the demand is.
So to the extent that at a certain point in time we would be in a position that we can no longer supply certain tools to certain customers in China, the demand outside of China is still such that we would get compensation for that in the current environment from other customers.
Peter Wennink, ASML-CEO
Weitere Informationen liefert die Redaktion mit der aktuellen Meldung „Kein Abschwung in Sicht: Gutes ASML-Quartal mit massiven Neubestellungen“.