CPUs und Grafikkarten: AMD verknappt Lieferungen nicht aus Preisgründen

Fabian Vecellio del Monego
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CPUs und Grafikkarten: AMD verknappt Lieferungen nicht aus Preisgründen

Vor wenigen Tagen legte AMD den Geschäftsbericht zum vierten Quartal 2022 vor. Und wie üblich ging dem eine Telefonkonferenz nach, im Rahmen derer Investoren Fragen an CEO Lisa Su richten konnten. Dabei bestätigte Dr. Su, dass AMD derzeit bewusst weniger CPUs und Grafikkarten liefere als möglich – und das machte die Runde.

Der Vorwurf lautet: AMD hält die Preise hoch

Zunächst wurde PCGamer auf die Aussage aufmerksam, die im Transkript der Konferenz nachzulesen ist. Konkret wurde Lisa Su die Frage gestellt, wie AMD den PC-Markt im ersten Quartal 2023 einschätze. Der Hersteller geht für das laufende Jahr von einem um 10 Prozent kleineren Markt (TAM) aus, wobei Analysten von bis zu 50 Prozent weniger gelieferten CPU- und GPU-Lösungen ausgehen. Lisa Su erklärte die Diskrepanz damit, dass AMD in der zweiten Hälfte des Jahres 2022 konsequent weniger Produkte an Händler geliefert hätte, als seitens der Endkunden Nachfrage bestünde – und das eingeschränkt auch noch im ersten Quartal 2023 der Fall sein werde.

So we have been under shipping sort of the sell-through or consumption for the last two quarters in an attempt to renormalize that as soon as possible. [...] We undershipped in Q3 [2022], we undershipped in Q4 [2022]. We will undership, to a lesser extent, in Q1 [2023].

Lisa Su, CEO bei AMD

Die Schlussfolgerung, die sich ihren Weg durchs Internet bahnte, liegt auf der Hand: AMD schaffe eine künstliche Knappheit, um die Preise bei niedriger Nachfrage hoch zu halten. Ziel sei es, so wird mitunter gemutmaßt, das Preisniveau des Jahres 2021 weiter halten zu können, obwohl die durch Pandemie und Crypto-Mining bedingte immense Nachfrage einem deutlich geschrumpften Markt wich. Ähnliche Vorgehensweisen sind beispielsweise vom Speichermarkt bekannt, der sich derzeit ebenso im Abwärtsstrudel befindet.

Der Hersteller verweist auf die Händler

AMD wiederum hat nun das Wort ergriffen und gegenüber PCWorld erklärt, dass AMD zwar tatsächlich unterhalb des Nachfrageniveaus liefere, was aber auf Bitten der Großhändler geschehe. Diese hätten in den vergangenen Monaten aufgrund des Absatzrückgangs schlicht und ergreifend ein zu großes Inventar an CPUs und Grafikkarten aufgebaut, wollten die Lagerbestände allerdings in Anbetracht der gegenwärtigen Marktsituation reduzieren.

We are shipping below consumption because there is too much inventory in the channel and that partners want to carry lower levels of inventory based on the demand they are seeing and their expectations for their business. The idea we are doing this to keep prices „elevated“ isn’t accurate. Our client ASP [Average Selling Price] was flat year over year, and that is due to mix of CPUs shipped.

Drew Prairie, Vice President of Communications bei AMD

Tatsächlich räumt AMD ein: Der durchschnittliche Verkaufspreis bei Endkunden-CPUs sei im Verlauf des Jahres stabil geblieben. Das liege aber nicht etwa an künstlich erhöhten Preisen, sondern sei auf den dynamischen Mix der verkauften Prozessoren zurückzuführen.

Tatsächlich fallen die Preise fast überall

Die Aussage ist als Fingerzeig auf Ryzen 7000 (Test) zu verstehen: Die im September 2022 erschienenen neuen Zen-4-CPUs kosteten zwar mehr als die Vorgängermodelle, aber dennoch – oder eben gerade deswegen – sei der durchschnittliche Preis eines verkauften Prozessors unverändert geblieben. Und auch die massiven Preissenkungen in den darauffolgenden Monaten widersprechen der Theorie künstlich hochgehaltener Preise: Selbst die erst wenige Monate alten Ryzen-7000-Modelle sind inzwischen signifikant günstiger zu erstehen.

CPU Kerne/Threads Takt
Basis/Turbo
L3 TDP iGPU Günstigster Preis im Preisvergleich
UVP 11.11.2022 20.11.2022 20.12.2022 3.02.2023
AMD Ryzen 9 7950X 16/32 4,5/5,7 GHz 64 MB 170 W 849 Euro ab 780 Euro ab 640 Euro ab 604 Euro ab 612 Euro
AMD Ryzen 9 7900X 12/24 4,7/5,6 GHz 64 MB 170 W 669 Euro ab 590 Euro ab 510 Euro ab 495 Euro ab 455 Euro
AMD Ryzen 7 7700X 8/16 4,5/5,4 GHz 32 MB 105 W 479 Euro ab 429 Euro ab 380 Euro ab 365 Euro ab 355 Euro
AMD Ryzen 5 7600X 6/12 4,7/5,3 GHz 32 MB 105 W 359 Euro ab 330 Euro ab 270 Euro ab 267 Euro ab 244 Euro

Nebenher fallen auch ältere Produkte, beispielsweise der beliebte Gaming-Spezialist Ryzen 7 5800X3D (Test), weiterhin deutlich im Preis. Ähnlich verhält es sich bei den Grafikkarten, auch die neue Radeon RX 7900 XT (Test) ist in den ersten sechs Wochen nach Marktstart bereits um über 100 Euro im Preis gefallen. Und besonders groß ist der Preisverfall mitunter bei Radeon RX 6000: Der Preis einer Radeon RX 6700 XT (Test) zum Beispiel hat im Laufe der letzten 12 Monate über 50 Prozent nachgelassen; inzwischen ist das Modell ab 400 Euro verfügbar.