Level 4 bei BMW: Autos, die ferngesteuert parken und sich selbst testen

Nicolas La Rocco
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Level 4 bei BMW: Autos, die ferngesteuert parken und sich selbst testen
Bild: BMW

Auf dem jüngst eröffneten Testgelände im tschechischen Sokolov erprobt BMW das automatisierte Fahren und Parken bis Level 4. Dort testet das Unternehmen zum Beispiel, wie sich ein Auto ferngesteuert über Mobilfunk parken lässt. An anderer Stelle drehen Testwagen eigenständig ihre Runden auf dem Areal und entlasten Mitarbeiter.

Wo auf Google Maps lediglich eine große Baustelle zu finden ist, betreibt BMW in Sokolov eine seit gestern offiziell geöffnete Teststrecke für automatisiertes Fahren und Parken mit einer Fläche von 600 ha. Das Future Mobility Development Center, wie das Gelände offiziell heißt, ist damit das mit Abstand größte Testgelände der BMW Group weltweit. Auf dem Areal befindet sich unter anderem ein 6 km langer Autobahn-Rundkurs, der sogenannte Autonomous Driving Highway, auf dem die Redaktion das neue Level-3-Assistenzsystem von BMW anhand eines modifizierten 7ers ausprobieren konnte.

Automated Valet Parking nach Typ 1 und Typ 2

In Sokolov erprobt wird darüber hinaus das Fahren nach Level 4, also ohne Person am Steuer. Eines dieser Szenarien ist eine neue Variante des Automated Valet Parking (AVP) als Ergänzung zum bisherigen Typ 1 und Typ 2. Kurzer Hintergrund: AVP Typ 1 nutzt ausschließlich die Sensorik und Intelligenz des Fahrzeugs, um dieses fahrerlos zu Parken. Bei AVP Typ 2 ist hingegen die Parkinfrastruktur mit Sensorik und Intelligenz bestückt und leitet das Auto zur Parklücke. In beiden Szenarien steigt der Fahrer in einer Abgabe- und Abholzone aus, während das Fahrzeug nach Level 4 fahrerlos zur freien Parklücke navigiert. BMW will zunächst Typ 2 anbieten, Typ 1 soll zu einem späteren Zeitpunkt folgen.

Derzeitige Typen von Automated Valet Parking
Derzeitige Typen von Automated Valet Parking (Bild: BMW)

Ein Auto ferngesteuert parken

Was aber, wenn weder das Auto sich selbst parkt noch das intelligente Parkhaus das Auto zum Ziel leitet? Wie wäre es, wenn das Auto zwar nach Wahrnehmung des Besitzers eigenständig zum Parkplatz fährt, im Hintergrund aber eine für diese Aufgabe zertifizierte Person das Auto per Mobilfunk zum Ziel fernsteuert? Genau das erprobt BMW mit dem Kooperationspartner Valeo in Sokolov anhand eines Szenarios, in dem ein iX durch einen eng gesteckten Pylonenkurs ferngesteuert und korrekt rückwärts geparkt werden muss.

Lenkrad und Pedale wie am PC

Das konnten vor Ort anwesende Journalisten auch selbst anhand handelsüblicher Consumer-Hardware wie Lenkrad, Pedalerie und PC-Monitoren ausprobieren, auf die Ansichten der im Auto verbauten Kameras sowie Daten der Sensorik gespiegelt wurden. Und tatsächlich: Schon im ersten Versuch wurde kein einziger Pylon umgefahren und der iX gerade in der abgesteckten Parkbucht abgestellt. Mit Vollgas fahren lässt sich dabei nicht, auch werden Gas und Bremse behutsam und stets so umgesetzt, dass keine abrupten Fahrmanöver entstehen.

Angeboten werden könnte eine solche Lösung eines Tages zum Beispiel als zusätzliche Dienstleistung von Hotelketten, Event-Locations oder Shopping-Malls. Noch ist allerdings nicht absehbar, wann und ob eine Lösung dieser Art überhaupt zur Serie entwickelt werden kann. Ein abgesperrtes Testgelände wie das in Sokolov macht es aber zumindest möglich, neue Szenarien praktisch gefahrlos zu erproben.

Wenn Testwagen ihre Runden selbst drehen

Apropos Erprobung: Die lässt BMW teils bereits autonom nach Level 4 ohne Fahrer hinter dem Steuer durchführen. Bei der Entwicklung neuer Fahrzeuge und Technologien bis zur Serienreife sollen die Mitarbeiter so entlastet oder können anderen Aufgaben zugewiesen werden, die sich noch nicht automatisieren lassen und mehr Aufmerksamkeit verlangen. Wiederkehrende, monotone Fahrsituationen etwa bei der Erprobung von Assistenzsystemen und automatisierten Fahrzeugfunktionen erledigt das Auto damit selbst, während sich die Mitarbeiter um im Vergleich „wichtigeres“ kümmern.

In Sokolov werden die vordefinierten Tests per WLAN an die Erprobungsfahrzeuge geschickt, die daraufhin per GPS koordiniert ihre Runden auf dem Testgelände drehen, bevor die ermittelten Daten später erneut per WLAN ausgewertet und im Detail analysiert werden. Weil es bei den repetitiven Tests kaum mehr Abweichungen durch menschliche Fahrer gibt, falle auch die Qualität der ermittelten Daten dem Unternehmen zufolge höher aus. Zur Senkung des Unfallrisikos sowie zu einer verbesserten Gesundheit der Mitarbeiterschaft durch physische und psychische Entlastung komme es ebenfalls.

ComputerBase hat Informationen zu diesem Artikel von BMW im Rahmen einer Veranstaltung des Herstellers in Sokolov, Tschechien unter NDA erhalten. Die Kosten für Anreise, Abreise und zwei Hotelübernachtungen wurden von dem Unternehmen getragen. Eine Einflussnahme des Herstellers auf die oder eine Verpflichtung zur Berichterstattung bestand nicht. Die einzige Vorgabe war der frühestmögliche Veröffentlichungszeitpunkt.