Asus ProArt PA602 im Test: Pro mit Kontra

Jan Wichmann
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Asus ProArt PA602 im Test: Pro mit Kontra

Das Asus ProArt PA602 soll als Workstation-Gehäuse kreativschaffende Nutzer mit pfiffigen Features wie einem Staubsensor und Rollen in das ProArt-Ökosystem locken. Doch neben nützlichen Helfern und einer gelungenen Umsetzung findet sich im Test neben Pro auch Kontra. Zum aufgerufenen Preis wiegt das schwer.

ProArt-Serie für kreative Anwender

War Asus' ProArt-Serie bis vor einiger Zeit lediglich im Monitorsektor mit Profigeräten für den Film- und Fotobereich zu finden, folgten Workstation-Systeme und Notebooks. Mit Mainboards, Grafikkarten, einer AiO-Wasserkühlung und jüngst dem Gehäuse PA602 soll mit der Reihe der Schritt in die breite Masse vollzogen werden.

Das Gehäuse im Detail

Direkt beim ersten Anblick des Gehäuses und sogar des Kartons wird klar, auf welche Gruppe Asus mit dem ProArt PA602 abzielt. Während der Hersteller bei seinen Serien ROG oder TUF mit auffälligen Designs und zahlreichen Beleuchtungselementen Blicke auf sich ziehen will, ist die ProArt-Serie das komplette Gegenteil: funktional und gediegen, was auch schon die Verpackung des Gehäuses verrät. War letztere bislang noch nie Bestandteil eines Tests, verdient sie im Fall des PA602 zumindest ein lobendes Wort.

Asus ProArt PA602 im Test: Schöne und durchdachte Verpackung

Der Karton muss nicht wie üblich aufgeschnitten und der Inhalt herausgehoben werden, sondern es müssen lediglich vier Verbindungsarretierungen gelöst werden, sodass der Kartondeckel einfach abgenommen werden kann. Das Gehäuse befindet sich darunter in einem Stoffbeutel verpackt. Die Aufmachung macht direkt beim Auspacken einiges her, wenngleich natürlich die Kosten dafür im Endpreis enthalten sind.

Äußerlich ist nicht alles Pro

Neben den für einen Midi-Tower doch recht korpulenten Abmessungen fällt äußerlich zunächst die Front ins Auge. Sie erinnert mit mehreren Streben an das Fractal Design Torrent. Der Abstand der einzelnen Streben beträgt 15,5 mm, was zugleich die Frischluftzufuhr möglichst wenig beeinträchtigen soll. Im linken Sockelbereich ist ein ProArt-Emblem angebracht. Die linke Gehäusewand besteht beinahe vollflächig aus 4 mm dickem Sicherheitsglas. Im unteren Drittel ist ein kleiner Streifen Lochgitter mitsamt Logo eingelassen. Das Heck gibt sich mit Ausnahme einer werkzeuglosen Arretierung der ersten drei Erweiterungs-Slots wie auch die linke Gehäusewand konventionell – anders hingegen Deckel und Boden.

Der Deckel des Asus ProArt PA602 ist mit beidseitigen Tragegriffen bestückt. Das in der Front sitzende I/O-Panel bietet insgesamt fünf USB-Ports. Neben einem USB-3.2-Gen-2- und zwei USB-3.2-Gen-1-Anschlüssen werden überflüssigerweise noch zwei USB-2.0-Buchsen geboten. Es wirkt so, als wolle man das I/O-Panel möglichst voll bestückt wirken lassen, doch hätte hierauf sowohl mit Blick auf die Workstation-Ausrichtung wie auch hinsichtlich der Geschwindigkeit verzichtet werden können. Des Weiteren weist die Bedieneinheit eine Lüftersteuerung auf, bei der mittels Kippschalter zwischen maximaler Drehzahl und der im BIOS des Mainboards eingestellten Lüfterdrehzahl (ein PWM-Kanal) gewählt werden kann. Als weitere Besonderheit kann der Power-Button des PA602 gesperrt werden, sodass er nicht mehr versehentlich betätigt werden kann. Während des Tests erwies sich diese Funktion gerade im Hinblick auf im Haushalt lebende Kinder als überaus nützlich – jedoch ist der danebenliegende Reset-Knopf nicht gesperrt, sodass es trotzdem zu einer Arbeitsunterbrechung kommen kann. Hinter einem langen Lochgitter verbirgt sich ein weiteres Feature des ProArt-Gehäuses: Am hinteren Ende des Deckels kann eine WLAN-Antenne verstaut werden.

Auch der Boden des PA602 wartet mit zwei Gimmicks auf. Am hinteren Gehäuseende sind zwei Transportrollen platziert, sodass das Gehäuse leicht angekippt gerollt werden kann. Außerdem befinden sich unter den Gummistandfüßen Löcher zur Anbringung von Transportrollen. Mit einem Lochdurchmesser von 11 mm und einer Tiefe von 22 mm können hier beispielsweise Doppelrollen, wie sie bei Bürostühlen zum Einsatz kommen, angebracht werden.

Die äußerliche Verarbeitungsqualität ist tadellos. Alle Bauteile sitzen bündig an. Scharfe Kanten oder ähnliche Makel können keine ausgemacht werden. Negativ stößt jedoch die Materialwahl auf. Abgesehen von der rechten Gehäusewand und den beiden Tragegriffen am Deckel sind beinahe alle äußerlichen Anbauteile aus Kunststoff gefertigt. Zwar sind auch hier Verarbeitungsqualität und Materialstärke ausgesprochen gut, doch geht das Wertigkeitsgefühl, das noch durch die Verpackung und auch durch den Namen geschürt wurde, verloren. Darüber hinaus stellt sich die Frage, warum es das Gehäuse einzig mit Glasseitenwand gibt.

Ein Leergewicht von knapp 16 kg und ein Bruttovolumen von über 82 l prädestinieren das Gehäuse zu einem Platz unterhalb der Schreibtischkante – in die gleiche Kerbe schlagen auch die Transportrollen und die Workstation-Ausrichtung. Hier wäre eine zweite Variante mit geschlossenem Seitenteil oder zumindest die Option, es als Zubehörteil erwerben zu können, schön.

Die Fronteinheit kann mittels zwei Druckknäufen, die sich im vorderen Bereich der Tragegriffe befinden, entriegelt werden. Hinter den Streben befindet sich der Staubfilter, der eingeschoben wird und zudem einen ProArt-Schriftzug trägt. Als werbewirksame Besonderheit wird er von einem Sensor überwacht, der mittels LED anzeigt, wann der Filter zu reinigen ist. Der Staubfilter für den Boden und das Netzteil wird ebenfalls über die Front entnommen.

Asus ProArt PA602 im Test: Staubsensor hinter dem Staubfilter
Asus ProArt PA602 im Test: Staubsensor hinter dem Staubfilter
Asus ProArt PA602 im Test
Asus ProArt PA602 im Test
Asus ProArt PA602 im Test: Staubfilter für Netzteil und Boden
Asus ProArt PA602 im Test: Staubfilter für Netzteil und Boden

Auch die beiden Gehäusewände werden über einen Knopf entriegelt, was sich als überaus komfortable Lösung zeigt. Die Entriegelungen hierfür befinden sich auf der Rückseite. Die Aufnahme der Glasseitenwand ist vorbildlich gedämpft, sodass es beim Einsetzen zu keinen Kratzern kommen kann.

Im Inneren zeigt sich eine großzügige Hardware-Kammer, die mit mehreren Features aufwarten kann. Der standardisierte Aufbau verbannt das Netzteil hinter eine Blende. Diese erfüllt beim Asus ProArt PA602 jedoch einen Zweck. Sie fällt in Richtung der Frontlüfter ab und soll so den Airflow direkt zur Grafikkarte leiten. Eine sinnvolle Idee, doch ist die Lösung optisch unschön gelöst. Während die Netzteilblende aus Metall gefertigt ist, besteht die vordere Blende aus Kunststoff. Eine abgeschrägte Blende für Kabeldurchlässe soll ebenfalls den Airflow optimieren und Frischluft direkt zum Prozessorkühler befördern. Zwar ist auch sie aus Kunststoff, doch zumindest einheitlich und leicht verziert. Kurz vor der Blende ist zudem ein Stützarm zu finden, der überlange und schwere Grafikkarten vor dem Absacken bewahren soll. Der Arm ist sehr stabil und wertig gearbeitet und lässt sich hervorragend justieren.

Hinter der schlichten Seitenwand, die überaus verwindungssteif ist, verbergen sich Kabelmanagement und Festplattenaufnahmen. An der linken Seite der Rückwand können mittels Bracket vier 2,5"-Laufwerke montiert werden. Eine weitere SSD kann hinter der Prozessoraufnahme verschraubt werden. Auf dem darunter liegenden Bracket ist es möglich, ein 3,5"-Laufwerk anzubringen. Darüber hinaus sind im unteren Bereich drei Festplattenschlitten platziert, sodass in Summe maximal acht 2,5"- und vier 3,5"-Festplatten im Asus ProArt PA602 untergebracht werden können.

Die übrige Rückseite setzt sich vorrangig aus Kabelführungen zusammen. Das Kabelmanagement lässt nichts vermissen. Unterhalb des Deckels sitzen der PWM-Lüfter-Hub (für sechs Lüfter) und die Steuereinheit für den Staubsensor.

Preis und Verfügbarkeit

Das Asus ProArt PA602 ist bereits im Handel verfügbar. Die Preisempfehlung des Herstellers in Höhe von rund 230 Euro wird zu Straßenpreisen ab rund 220 Euro beinahe unverändert weitergegeben.

Einbau und Alltagserfahrungen

War die Waagschale des PA602 bis zum Hardware-Einbau noch sehr ausgeglichen, patzt das vermeintliche Profigehäuse sodann an gleich mehreren Stellen. Der reine Hardware-Einbau rund um Mainboard-Einheit und Grafikkarte gelingt aufgrund der Größe ohne Komplikationen, doch bereits beim Netzteil gibt es Schwierigkeiten. Es wird beim PA602 nicht von hinten, sondern von vorne, also von der Hardware-Kammer aus, eingesetzt. Umständliche und unnötige Arbeit, für die es mit Sicherheit bessere Alternativen gegeben hätte. Hinter den beiden Blenden treten sodann die beiden Festplattentürme und der Netzteilplatz ans Tageslicht. Das Einsetzen des Netzteils stellte sich im Test jedoch als etwas schwierig heraus.

Das für den Test herangezogene Netzteil (Seasonic Platinum Series 1200W) ist mit einer Tiefe von 190 mm minimal tiefer als reguläre Modelle, die meist zwischen 150 bis 160 mm in der Tiefe messen. Doch bereits diese Länge führte mit angesetzten Kabeln zu Komplikationen, wobei Asus 190 mm als maximale Netzteiltiefe in den Gehäusespezifikationen nennt. Es ist somit davon auszugehen, dass sich diese Angabe inklusive Kabel versteht. Das Netzteilfiasko führte beim Durchziehen der Kabel in Richtung Rückwand sogar so weit, dass der interne Key-A-Header abgebrochen wurde – wenngleich dies nicht dem Gehäuse angelastet werden kann. Zur einfacheren Montage des Netzteils und um Stauraum für die Kabel zu haben, wurde der direkt anliegende Festplattenkäfig entfernt. Für ein Profigehäuse mit über 80 l Bruttovolumen ist das jedoch wenig rühmlich.

Asus ProArt PA602 im Test: Festplattenkäfige ohne Dämpfung
Asus ProArt PA602 im Test: Festplattenkäfige ohne Dämpfung
Asus ProArt PA602 im Test: Festplattenkäfige umständlich zu entfernen
Asus ProArt PA602 im Test: Festplattenkäfige umständlich zu entfernen
Asus ProArt PA602 im Test: Festplattenkäfige umständlich zu entfernen
Asus ProArt PA602 im Test: Festplattenkäfige umständlich zu entfernen

Gleiches gilt für die Festplattenkäfige. Obschon mechanische 3,5"-Laufwerke zunehmend aus den Computern verschwinden, ist es nicht zu viel verlangt, sofern das jeweilige Gehäuse sie aufnimmt, sie auch zu entkoppeln. Die Festplattenschlitten verweilen ungedämpft in ihren Türmen. Auch Dämpfergummis werden vergeblich im Zubehörkarton gesucht. Obendrein stellt sich die Demontage der Festplattentürme, die in der Anleitung nicht erwähnt wird, als umständlich heraus. Neben jeweils zwei leicht zu erreichenden Verschraubungen am Mainboard-Träger sind die Türme zusätzlich am Boden verschraubt, was zugleich einen längeren Schraubendreher erfordert. Doch auch hier wäre eine komfortablere Lösung wünschenswert, beispielsweise mittels Einrastung.

Zwischen Mainboard-Rückwand und Seitenwand sind etwa 30 mm Platz. Der erfreulich großzügige Platz in Verbindung mit den Vorrichtungen zum Kabelmanagement ist hervorragend. Apropos Kabel: Ab Werk sind beinahe alle Kabel mit kleinen Kabelbindern im Gehäuse fixiert. Bei den Lüfterkabeln kommt dies lediglich beim Wechsel der Lüfter zum Tragen, doch auch das Panel-Kabel ist zusammengebunden. Die Kabelbinder zu zerschneiden, ist nicht nur eine lästige, sondern auch (für die Kabel) gefährliche Arbeit. Gekrönt wird die Kabelei beim Hecklüfter, dessen Kabel hinter einer Blechnase verläuft, die beim Lüfterwechsel bei eingebautem Systen sodann überaus umständlich aufgebogen werden musste, um das Kabel freizulegen.

Zur vertikalen Montage der Grafikkarte liegt zwar ein Bracket zum Einsetzen in die Erweiterungs-Slots bei, ein Riser-Kabel wird jedoch vergeblich gesucht und muss separat erworben werden. Als Hinweis gilt es beim Einbau der Grafikkarte zudem zu beachten, dass zuvor die Kabelblende eingesetzt wird, da sie ansonsten mit dem Grafikbeschleuniger kollidiert und nicht eingesetzt werden kann. Da die Kabelblende im unteren Bereich obendrein schmal zuläuft, wird das Verlegen der PCIe-Stromkabel oberhalb der Grafikkarte erschwert. Hier ist der leichtere Weg, die Kabel nach unten durch die Netzteilblende zu führen.

Belüftungsoptionen

Die Belüftungsmöglichkeiten des PA602 fallen in der Front begrenzt aus. Die Front nimmt einzig zwei 200-mm-Lüfter auf, von denen im Preisvergleich aktuell lediglich 18 Modelle gelistet werden. Die beiden ab Werk montierten Lüfter warten indes mit einer Besonderheit auf: Während handelsübliche 200-mm-Lüfter eine Rahmentiefe zwischen 25 und 30 mm aufweisen, sind die beiden Asus-Exemplare mit 38 mm um einiges tiefer und sollen so mehr Luft bei gleicher Drehzahl fördern. Auch der vormontierte, 140 mm große Hecklüfter fällt mit einer Tiefe von 28 mm aus der Norm.

Der Einbau der Deckellüfter geht dank eines herausnehmbaren Brackets sehr einfach vonstatten. Hier können drei 120-mm- oder 140-mm-Ventilatoren verschraubt werden. Entsprechend ist es auch möglich, 360- oder 420-mm-Radiatoren einzusetzen. Der Platz oberhalb des Brackets bis zum Gitter beträgt 34 mm. Unterhalb der Halterung stehen 30 mm bis zu den Kabeldurchführungen zur Verfügung – bei guter Planung und flach verlegten EPS-Kabeln können effektiv einige Millimeter mehr gewonnen werden.

Asus ProArt PA602
Mainboard-Format: E-ATX, ATX, Micro-ATX
Chassis (L × B × H): 569 × 245 × 592 mm (82,53 Liter)
Seitenfenster
Material: Kunststoff, Stahl, Glas
Nettogewicht: 15,90 kg
I/O-Ports / Sonstiges: 1 × USB 3.1 (USB 3.2 Gen 2) Type C, 2 × USB 3.0 (USB 3.2 Gen 1), 2 × USB 2.0, HD-Audio, Lüftersteuerung
Einschübe: 3 × 3,5"/2,5" (intern)
1 × 3,5" (intern)
5 × 2,5" (intern)
Erweiterungsslots: 8
Lüfter: Front: 2 × 200 mm (2 × 200 mm inklusive)
Heck: 1 × 140/120 mm (1 × 140 mm inklusive)
Deckel: 3 × 140/120 mm (optional)
Staubfilter: Deckel, Front, Netzteil, Boden
Kompatibilität: CPU-Kühler: 190 mm
GPU: 450 mm
Netzteil: 190 mm
Preis: ab 199 €