BlackBerry KeyOne im Test: Tastatur-Smartphone mit langer Laufzeit
tl;dr: Das KeyOne ist BlackBerrys neues Topmodell mit physischer Tastatur und Android als Betriebssystem. Im Test des KeyOne wird deutlich, dass BlackBerry das bisher beste Smartphone für die Zielgruppe auf den Markt gebracht hat. Trotz vieler guter Eigenschaften ist das KeyOne aber nicht für jedermann das optimale Smartphone.
Das letzte BlackBerry von BlackBerry: KeyOne im Test
Unter der Schirmherrschaft von TCL ist BlackBerry mit neuer Smartphone-Hardware zurück. Das KeyOne ist das letzte noch von BlackBerry mit Sitz in Kanada selbst entwickelte Smartphone. Für neue von TCL entwickelte Geräte liefert die kanadische Blackberry Limited in Zukunft nur noch die Software mit passendem Branding.
Das KeyOne ist ein BlackBerry, wie es im Buche steht: Hochwertig, außergewöhnliches Display, interessantes Design und natürlich mit physischer Tastatur, die mit jedem Tastendruck klickt und daran erinnert, wieder ein echtes BlackBerry in Händen zu halten – keines mit Touchscreen oder versteckter Tastatur, wie es zuletzt beim Priv (Test) der Fall war. Dieses Smartphone sagt laut und deutlich, dass es ein BlackBerry ist.
BlackBerry KeyOne | BlackBerry Priv | |
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Software: (bei Erscheinen) |
Android 7.1 | Android 5.1 |
Display: | 4,50 Zoll, 1.080 × 1.620 433 ppi IPS, Gorilla Glass 4 |
5,40 Zoll, 1.440 × 2.560 544 ppi AMOLED, Gorilla Glass 4 |
Bedienung: | Touch, Physische Tastatur, Fingerabdrucksensor, Status-LED | Touch, Physische Tastatur, Status-LED |
SoC: | Qualcomm Snapdragon 625 8 × Cortex-A53, 2,00 GHz 14 nm, 64-Bit |
Qualcomm Snapdragon 808 2 × Cortex-A57, 2,00 GHz 4 × Cortex-A53, 1,44 GHz 20 nm, 64-Bit |
GPU: | Adreno 506 650 MHz |
Adreno 418 600 MHz |
RAM: | 3.072 MB LPDDR3 Variante 4.096 MB LPDDR3 |
3.072 MB LPDDR3 |
Speicher: | 32 / 64 GB (erweiterbar) | 32 GB (erweiterbar) |
1. Kamera: | 12,0 MP, 2160p Dual-LED, f/2,00, AF |
18,0 MP, 2160p Dual-LED, f/2,20, AF, OIS |
2. Kamera: | Nein | |
3. Kamera: | Nein | |
4. Kamera: | Nein | |
5. Kamera: | Nein | |
1. Frontkamera: | 8,0 MP, 1080p Display-Blitz, f/2,20 |
2,0 MP, 720p f/2,80 |
2. Frontkamera: | Nein | |
GSM: | GPRS + EDGE | |
UMTS: | DC-HSPA ↓42,2 ↑11,52 Mbit/s |
|
LTE: | Advanced ↓300 ↑150 Mbit/s |
Advanced ↓450 ↑50 Mbit/s |
5G: | Nein | |
WLAN: | 802.11 a/b/g/n/ac Wi-Fi Direct |
|
Bluetooth: | 4.2 LE | 4.1 |
Ortung: | A-GPS, GLONASS, BeiDou | |
Weitere Standards: | USB-C 3.1, NFC | Micro-USB 2.0, SlimPort, NFC |
SIM-Karte: | Nano-SIM | |
Akku: | 3.505 mAh fest verbaut |
3.410 mAh fest verbaut |
Größe (B×H×T): | 72,5 × 149,3 × 9,40 mm | 77,2 × 147,0 × 9,40 mm |
Schutzart: | – | |
Gewicht: | 180 g | 192 g |
Preis: | ab 311 € / 649 € | 779 € |
Helles 3:2-Display
Die Tastatur mit ihren insgesamt 35 Tasten verteilt auf vier Reihen nimmt etwa ein Viertel der Vorderseite des rund 15 Zentimeter langen KeyOne ein. Die ersten drei Zeilen der für Deutschland mit QWERTZ-Layout bestückten Tastatur nehmen die Buchstaben des Alphabets auf, während in der letzten Zeile Sondertasten wie Shift, die Leertaste und Symbole zu finden sind. Die einzelnen Reihen werden durch hochglanzpolierte Stege, die bis in den Rahmen überlaufen, voneinander getrennt. Eigentlich ist es das Glas der gesamten Front des KeyOne, das überzulaufen scheint. Es mit dem Galaxy S8 (Test) zu vergleichen, wäre falsch, aber auch das KeyOne bietet ein leicht gebogenes Display.
Oberhalb der Tastatur bringt BlackBerry die Android-Navigationstasten unter, bevor darüber das Display im 3:2-Format mit der ungewöhnlichen Auflösung von 1.620 × 1.080 Bildpunkten folgt. Eingefasst wird das Ganze durch einen äußerst solide wirkenden Rahmen aus gefühlt mehrere Millimeter dickem Aluminium, der dem KeyOne einen massiven Auftritt verleiht und nicht unbeteiligt an dem mit 180 Gramm doch recht hohen Gewicht ist. Aber: Hier knarzt, wölbt oder klackert nichts – das KeyOne hinterlässt einen sehr hochwertigen, wenngleich etwas klobigen Eindruck in der Hand.
Die physische Tastatur ist zurück
Schon während der Ersteinrichtung des KeyOne kommt man als Nutzer ab den Einstellungen für das WLAN in Berührung mit dem eindeutigen Highlight des Smartphones: der Tastatur. Für einen langjährigen reinen Touch-Nutzer ist die Eingabe eines komplizierten WLAN-Passworts der denkbar ungünstigste Einstieg in die Materie. Vielleicht ist das aber auch der sofortige Hinweis, dass Touch-Tastaturen durchaus ihre Vorteile gegenüber einer immer fix vorgegebenen Tastatur haben.
Zunächst einmal gefällt allerdings das Feedback der einzelnen Tasten. Von echtem Hub zu sprechen, wäre leicht übertrieben, die Tasten sinken aber spürbar parallel zum Klick und Auslösen in das Gehäuse ein. Keine Sorge: Mit der nervigen Geräuschkulisse manch einer mechanischen Desktop- oder modernen Laptop-Tastatur ist das KeyOne nicht zu vergleichen, schon ab circa 30 Zentimetern Abstand zum Smartphone ist das Klicken kaum noch zu hören und nur noch vom Anwender zu spüren.
Mehr als nur Tasten
Obwohl die Tastatur einen nicht geringen Anteil der Vorderseite des Smartphones einzunehmen und damit dem Display Fläche zu berauben scheint, ist das nicht unbedingt wahr, denn die Tastatur ist beim KeyOne mehr als eine Ansammlung von 35 beleuchteten Tasten. Noch am ehesten sichtbar ist der in die Leertaste integrierte Fingerabdrucksensor, der zuverlässig und sehr schnell mit beinahe beliebiger Ausrichtung des Fingers funktioniert. Nur nasse Finger funktionieren nicht.
Nicht sichtbar ist hingegen das in die Tastatur integrierte Touchpad, mit dem Anwender in vielen Bereichen des Betriebssystems scrollen können. Es kann zum Beispiel dafür verwendet werden, um nach links und rechts über die einzelnen Android-Homescreens zu wischen. Besonders gut geeignet ist es für das Scrollen auf Webseiten und in E-Mails. Dafür muss mit dem Daumen einfach über die Tasten gewischt werden, als wären sie eine große zusammenhängende Fläche und nicht voneinander getrennt.
In den ersten Tagen der Nutzung des KeyOne erwischt man sich als bisher reiner Touch-Anwender immer wieder dabei, wie die Finger in Richtung Display wandern und auf eine Tastatur warten, die aber nicht erscheint. Das Eingeben langer Passwörter für das WLAN und später auch für das Google-Konto ist wie eingangs erwähnt ein zunächst mühevoller Prozess. Selbst nach wie im Test gut zehn Tagen mit dem KeyOne dürfte noch nicht jeder Anwender warm mit der Tastatur geworden sein – wärmer vielleicht.
Doppelbelegung als Hürde
Die größte Hürde bei der Bedienung war im Test die Doppelbelegung der Tasten. Dass sich hinter einem Buchstaben ein Sonderzeichen versteckt, gibt es unter Android zwar auch bei Bildschirmtastaturen, auf dem KeyOne ist die Zweitbelegung aber nicht durch langes Halten der Tasten erreichbar, wie vielleicht vermutet wird. In den sehr mächtigen Android-Einstellungen zur Tastatur gibt es auch keine Option, um dies zu aktivieren.
Das KeyOne besitzt eine Alt-Taste und zwei Shift-Tasten, um die gängigsten Zeichen zu erreichen. Ab Werk ist die Tastatur so eingestellt, dass ein neuer Satz oder ein neues Textfeld mit einem großen Zeichen begonnen wird. Wer dauerhaft großschreiben möchte, kann durch doppeltes Drücken einer der beiden Shift-Tasten den Caps-Lock-Modus aktivieren. Und wer dauerhaft mit den Zweitbelegungen der Tasten tippen möchte, zum Beispiel für Zahlen, kann selbiges mit der Alt-Taste machen.
Ist das Smartphone erst einmal eingerichtet und wurden bei allen Diensten des Nutzers Namen und Passwörter hinterlegt, geht die Bedienung im Alltag einfacher vonstatten als am ersten Tag. Denn besonders mühselig zu tippen sind vor allem komplizierte Zeichenkombinationen aus kleinen und großen Buchstaben sowie Sonderzeichen.
Weniger Fehler, aber weniger Tempo
WhatsApp, E-Mail, Facebook Messenger und Co. sind einfacher zu meistern, wenngleich im Test nie die Geschwindigkeit des Tippens mit einer Bildschirmtastatur erreicht wurde. BlackBerry-Nutzer der ersten Stunde werden sicherlich andere Erfahrungen mit dem KeyOne machen. Hat man sich erst einmal an die Tastatur gewöhnt und die Abläufe verinnerlicht, kommt es zu weniger Fehlern als mit Tasten auf dem Display. Dennoch: Trotz mehr Fehlern blieb die Bildschirmtastatur auch mit Korrektur die schnellere der beiden. Das heißt nicht, dass sich das Blatt nicht noch für das KeyOne wenden könnte. Denn ein Testzeitraum von zehn Tagen reicht nicht aus, um einen langjährigen Touch-Nutzer plötzlich zum perfekten Tastenhacker zu wandeln.
Flick Typing und Schnellverknüpfungen
Normales Tippen und das Touchpad sind nur zwei von vier Grundfunktionen der Tastatur. Die zwei anderen sind Flick Typing und Schnellverknüpfungen. Flick Typing ist schnell erklärt: Auch bei der physischen Tastatur werden auf dem Display in der untersten Zeile Wortvorschläge angezeigt. Mit einer Wischbewegung über die Tastatur in Richtung des Wortes kann dieses eingefügt werden. Das verkürzt die Wege und spart Zeit.
Die Schnellverknüpfungen sind ein interessantes Feature, denn dadurch erhält das KeyOne bei vollständiger Belegung 52 Sondertasten, die mit Aktionen belegt werden können. Diese können immer dann verwendet werden, wenn sich der Nutzer auf dem Android-Homescreen befindet – also keine App offen hat. Jeder Buchstabentaste lässt sich eine Verknüpfung für kurzes und langes Drücken zuweisen. Ab Werk empfiehlt das KeyOne den Start von Apps mit dem zugehörigen Buchstaben der Taste, es ist aber vollständig dem Anwender überlassen, welche Aktion hinterlegt werden soll.
Das Starten von Apps ist nur eine von vielen Optionen für die Schnellverknüpfungen. Es lassen sich auch Kontakte direkt aufrufen, Nachrichten schreiben oder Ereignisse dem Kalender hinzufügen. Wer sich in das Menü aller möglichen Tastenkombinationen traut, wird von einem gewaltigen Optionsmenü beinahe erschlagen. Und je mehr Apps auf dem Telefon installiert sind, desto mehr Verknüpfungen stehen dem Anwender zur Auswahl. Das ist beinahe so, als wäre das KeyOne mit über 50 Sondertasten im Rahmen ausgerüstet, die beliebigen Apps und Aktionen zugeordnet werden können.
Die Diskomforttaste
Dabei ist das KeyOne sogar mit einer zusätzlichen Taste im Rahmen ausgestattet. Unterhalb der Lautstärkewippe sitzt auf der rechten Seite die sogenannte Komforttaste. Über diese lässt sich bei eingeschaltetem Bildschirm und entsperrtem Gerät immer – nicht nur auf dem Android-Homescreen – eine der beschriebenen Aktionen ausführen. Das Problem ist nur: Die Taste lässt sich nicht deaktivieren, und man drückt sie im Alltag viel zu häufig beim Anheben oder Drehen des Smartphones. Die Taste kann nämlich nicht mit nichts belegt werden. Entweder sie führt eine der möglichen Aktionen aus oder aber sie bleibt unbelegt und fragt bei jedem Drücken, ob man sie denn nicht mit einer Funktion belegen möchte – vollständig deaktivieren lässt sie sich nicht.
Android mit Sonderfunktionen
Neben der Tastatur ist es vor allem die Kombination aus Software und Sicherheit, mit der sich BlackBerry bei der Vermarktung des KeyOne schmückt. Standardmäßig steht als Signatur in neu angelegten E-Mail-Konten: „Von meinem BlackBerry gesendet – dem sichersten Mobilgerät.“ Ist sich BlackBerry seiner Sache zu sicher?
Auf dem KeyOne läuft mit Android 7.1.1 eine recht aktuelle Version von Android Nougat; 7.1.2 ist die neueste Version, die vor allem Nexus- und Pixel-spezifische Veränderungen mitbringt. BlackBerry ist zudem bekannt dafür, dass neue Sicherheits-Updates für Android zeitnah ausgeliefert werden. Das KeyOne wird allerdings noch mit den April-Patches ausgeliefert, während seit gut zwei Wochen neue Updates aus dem Mai von Google angeboten werden. Hoffentlich zieht BlackBerry in diesem Punkt in Kürze nach.
Sicherheits-Update nicht aktuell
Auf seiner Webseite ernennt BlackBerry das KeyOne zum „sichersten Android-Smartphone“. Das macht BlackBerry an drei Komponenten fest: Der DTEK-App, „branchenführenden Android-Sicherheits-Updates“ und „integrierten Sicherheitseinstellungen“. Zumindest aktuell ist Google in puncto Sicherheits-Updates BlackBerry überlegen. Schon per Definition kann BlackBerry gar nicht Branchenführer sein, denn Pixel-Geräte von Google erhalten die Updates seit jeher zuerst.