Xiaomi Mi 11 im Test: MIUI 12, Leistung und Akkulaufzeiten
3/4Früher noch als gemoddetes Betriebssystem auf allerlei Android-Smartphones installiert, ist MIUI mittlerweile genauso offiziell in Deutschland angekommen wie die Smartphones. Das Mi 11 lief zum Testzeitpunkt im Februar und März mit MIUI 12.0.3 auf Basis von Android 11 und war mit den Sicherheits-Updates Februar fast aktuell. Das Mi 11 soll als erstes Smartphone das Update auf MIUI 12.5 erhalten, das eine Handvoll neuer Features und einige Optimierungen für eine reduzierte Systemlast mitbringt.
MIUI 12 kann weiterhin nicht leugnen, dass Apple zu einem gewissen Teil eine Inspirationsquelle für das Design mancher Symbole und Menüs gewesen ist. Im Großen und Ganzen ist das Betriebssystem aber nicht als Klon anzusehen und weiß mit eigens entwickelten Lösungen durchaus zu überzeugen.
Es sind die vielen kleinen Details, mit denen Xiaomi respektive MIUI 12 Pluspunkte im Alltag sammelt. So hat der Hersteller zum Beispiel eine App-basierte Lautstärkeregelung integriert, die nicht nur die Lautstärke für Medien und Telefonate separat reguliert, sondern jeder App ein unterschiedliches Niveau zuweisen kann. Apropos Apps: Diese lassen sich in bis zu zwei Instanzen mit unterschiedlichen Benutzerkonten auf dem Gerät ausführen.
Intelligent verhält sich auch die App-Übersicht zuletzt geöffneter Anwendungen. Befindet man sich innerhalb einer App und schließt über das „X“ alle anderen Anwendungen, bleibt die aktuelle App weiterhin offen. Erst wenn man sich auf dem Homescreen und somit nicht mehr in einer App befindet, schließt derselbe Befehl wirklich alle Anwendungen.
Gut gelöst hat Xiaomi auch die Screenshot-Funktion, die scrollen kann, damit Screenshots nicht nur des aktuell sichtbaren, sondern des gesamten Bereichs bis zum Ende eines Menüs angefertigt werden können. Praktisch in diesem Zusammenhang ist eine Funktion zum Zensieren der Bilder. Sollen persönliche Details nicht abgebildet werden, können diese im Nachgang verpixelt werden. Bei anderen Anbietern muss der Bereich in einer weiteren App übermalt werden.
Snapdragon 888 im Benchmark
Die Software setzt auf einer Hardware-Basis auf, die dieses Jahr bei vielen Android-Smartphones abseits von Samsung anzutreffen sein wird: den Qualcomm Snapdragon 888. Bei diesem SoC von Qualcomm gibt es erstmals den neuen ARM Cortex-X1 als sogenannten Prime-Core (2,84 GHz), der eine besonders hohe Single-Core-Leistung liefern soll. Drei Cortex-A78 (2,42 GHz) und vier Cortex-A55 (1,80 GHz) runden die Kryo 680 getaufte CPU ab. Aufseiten der GPU bietet der Snapdragon 888 mit der Adreno 660 ein deutlich schnelleres Modell. Alle Details zum Qualcomm Snapdragon 888 sind der Ankündigung vom Dezember zu entnehmen.
Wenig überraschend landet das Mi 11 mit Snapdragon 888 in den Benchmarks an der Spitze der aktuellen Android-Smartphones. Im Geekbench 5.1 liegt der Single-Core-Zuwachs gegenüber dem Snapdragon 865 bei rund 25 Prozent, im Multi-Core-Test sind es je nach Vergleichsmodell noch rund 10 Prozent, weil der Cortex-X1 hier eine untergeordnete Rolle spielt und die drei Cortex-A78 mit gleichem Takt wie die früheren Cortex-A77 arbeiten, sodass sich der Vorsprung nur aus Verbesserungen der Core-Architektur ergibt, der im erwarteten Rahmen gemäß den Prognosen von ARM liegt.
Deutlich mehr Leistung liefert auch die Adreno 660, die sich zum einen merklich von der Adreno 650 absetzt, aber sich auch vor die ARM Mali-G78 MP14 des Exynos 2100 aus dem Galaxy S21 Ultra (Test) schiebt, sodass jetzt der Snapdragon 888 das schnellste Android-SoC hinter Apple ist. Zur Adreno 650 liegt der Vorsprung bei teils über 50 Prozent, wobei mit modernen APIs wie Vulkan größere Abstände erzielt werden.
Leichtes Throttling unter Dauerlast
Das deutliche Plus an Leistung muss aber auch dauerhaft abgerufen werden können, wovon vor allem Spieler bei anspruchsvollen Titeln abhängig sind. Der Snapdragon 888 schneidet in diesem Punkt gut ab, zeigt aber nicht mehr ganz das absolut stabile Verhalten des Snapdragon 865. Das ist wenig verwunderlich, da Qualcomm den GPU-Takt von bisher 587 MHz (Adreno 650) auf deutlich höhere 840 MHz angehoben hat. Trotz der neuen 5-nm-Fertigung kann das SoC diesen Takt nicht ganz über den gesamten Throttle-Test im 3DMark halten, wobei die Leistung dennoch stets weit über der Adreno 650 bleibt. Mit rund 10 Prozent Verlust bis zum Ende des 3DMark-Stresstests bleibt das Throttling im Rahmen. Mit knapp 15 Prozent fällt der Einbruch im GFXBench Manhattan 3.1 etwas größer, aber noch nicht besorgniserregend aus.
Schneller UFS 3.1 ohne Speicher-Erweiterung
Gut schneidet das Mi 11 bei den Speichertests ab, wo schneller UFS 3.1 für solide Übertragungsraten im Androbench sorgt. Beim sequentiellen Lesen liegen die Flaggschiffe anderer Hersteller in direkter Schlagdistanz, erst beim Schreiben ziehen Samsung mit den eigenen Speicherchips und Huawei mit eigenem Controller davon. Beim wahlfreien Lesen und Schreiben hält das Mi 11 dann aber wieder mit anderen Flaggschiffen mit. Der Speicher stellt somit in keinster Weise einen Flaschenhals dar. Xiaomi bietet das Mi 11 mit 128 und 256 GB an, die nicht erweitert werden können.
Solide Akkulaufzeiten im Alltag
In puncto Akkulaufzeiten verhält sich das Mi 11 ein wenig wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Denn in den mehreren Wochen der Nutzung zeigte sich das Modell beinahe völlig unbeeindruckt von den alltäglichen Anforderungen an ein Smartphone. Mit Ausnahme von Spielen kam es an keinem einzigen Tag zu einem Engpass, wenn das Mi 11 über Nacht geladen und dann über einen Zeitraum von rund 16 bis 18 Stunden genutzt wurde. Zwar meldet das Gerät ab 20 Prozent Restkapazität, dass man sich langsam dem kritischen Bereich nähert, doch tatsächlich mit leerem Energiespeicher stand man im Test kein einziges Mal da. Protokollierte Screen-on-Zeiten von rund fünfeinhalb Stunden waren im Test die Regel – obwohl das Smartphone dabei stets mit WQHD+ und 120 statt 60 Hz sowie Always-on-Display betrieben wurde.
Mittelmäßige Akku-Benchmarks
Für die Benchmarks wurde wieder zur Werkseinstellung mit WQHD+ bei 60 Hz gewechselt. Knapp zehn Stunden im PCMark 2.0 lassen das Smartphone rund 15 Prozent hinter die High-End-Konkurrenz fallen, stellen aber noch einen guten Mittelklasse-Wert dar. Schlechter sieht es beim Streaming über YouTube aus, von dem sich das Mi 11 bereits nach 12:36 Stunden verabschieden musste. High-End-Smartphones der Konkurrenz schaffen teils 40 Prozent bessere Laufzeiten. Mit WQHD+ nutzt das Mi 11 ab Werk eine sehr hohe Auflösung, während viele andere Geräte mit FHD+ ausgeliefert werden, auch wenn das Panel eigentlich eine höhere Auflösung beherrscht.
Letztlich muss man die Akkulaufzeiten des Mi 11 deshalb insgesamt betrachtet als durchschnittlich gut bewerten, wenngleich es im Alltag nicht zu Engpässen kam und das Smartphone stets über den gesamten Tag ein solider Begleiter war.
Aufladen mit 55 Watt direkt ab Werk
Ist der Akku einmal leer, lässt sich dieser rasend schnell mit bis zu 55 Watt kabelgebunden laden. Xiaomi verspricht gerade einmal 45 Minuten für das vollständige Laden, was sich im Test als realistischer Wert herausstellte. Während Käufer in China beim Mi 11 zwischen der Auslieferung mit oder ohne Netzteil wählen können, erhalten deutsche Kunden stets Xiaomis 55 Watt starkes Netzteil im Karton. Dieses nutzt eine Verbindung von USB Typ A am Netzteil auf USB Typ C am Smartphone.
Alternativ kann kabelloses Laden mit bis zu 50 Watt durchgeführt werden, das einen vollständigen Ladevorgang in nur 53 Minuten erledigen können soll. Mangels eines passenden Ladegeräts konnte diese Angabe im Test allerdings nicht verifiziert werden.