Casey trifft es damit auf den Punkt.
Mal etwas zu Tests in Zeitschriften und Online-Magazinen:
wie viele hier wissen, habe ich einen leicht ausgeprägten Hang zu audiophiler Elektronik die ich mir nicht leisten kann
, aber gerne mal testweise in wirklich hochwertige Komponenten hineinlauscht.
Und dabei ist es immer wieder erstaunlich, wie in den Testzeitschriften (allen voran Audio und Stereoplay, dicht gefolgt von Stereo) Geräte über den Klee gelobt werden, deren Preise in absolut keinem vernünftigen Verhältnis zu dem Mehrwert gegenüber einem weitaus günstiger zu erstehenden Gerät stehen.
Das fängt an bei CD-Laufwerken für mehr als 5000€ (und drin steckt außer bei Teac meist ein CD-ROM-Laufwerk Marke Philips; bei Teac ist es auswändiger, was aber auch nichts nutzt), die an ein und demselben D/A-Wandler (z. B. Wadia >10.000€) angeblich völlig unterschiedlich klingen - was bei sauberem Aufbau der Geräte technisch gar nicht möglich ist.
Es geht weiter mit Röhrenverstärkern, die ja angeblich einen so tollen warmen Klang haben. Das schon allein mit dieser Aussage das Prinzip HiFi (möglichst naturegetreue -
unverfälschte - Wiedergabe) in den Dreck gekehrt wird, wird dabei gerne mal übersehen und die Elektronik lieber mit publikumswirksamen äußerst blumigen Beschreibungen verziert.
Und es endet bei Lautsprechern vom Schlage einer Avalon Osiris (90.000€/Paar), deren klangliche "Sphären" so fantastisch sind, dass manche Tester vor Freude weinen.
Ein Tonmeister weint angesichts derart kruder, auf marketingtechnischen Errungenschaften beruhenden Konstruktionen, weiß er doch, dass er mit einer digital entzerrten Klein+Hummel O500C (20.000€/Paar) oder einer Musicelektronik Geithain 901K (12.000€/Paar) wohl über die derzeit besten erhältlichen Lautsprecher verfügen könnte - wenn es nicht für noch weniger ebenfalls Lautsprecher geben würde, denen eine Avalon niemals das Wasser reichen kann.
(Anmerkung: die beiden Lautsprecher wurde Anfang des Jahres in der Stereoplay getestet, mit einem traurigen Ergebnis: obwohl die passiven, getesteten Lautsprecher nicht den Hauch einer geringsten Chance gegen diese beiden Glanzleistungen deutscher Ingenieurskunst haben, traute man sich nicht, dies auch in Punkten auszudrücken.)
Aber woher kommt das? Darauf gibt es eine ganz einfache Antwort: schaut in die Werbeblöcke dieser Zeitschriften. Es gibt einen erstaunlichen Zusammenhang zwischen er Anzahl/Größe der Anzeigen und den Testergebnissen.
Beispiel B&W: warum, um alles in der Welt, werden diese Lautsprecher so hoch gelobt? Krummer Frequenzgang => tonale Verfälschungen. Schlechtes Impulsverhalten => verwaschener Klang. Trotzdem hohe Punktzahlen.
Und die größten Anzeigen in der Zeitschrift.
(Übrigens: meine Rotel-Verstärker werden hier in Deutschland von B&W vertrieben; Rotel ist aber zum Glück über jeden Zweifel erhaben und bekommt nicht umsonst gute Wertungen - allerdings im Vergleich zur Konkurrenz häufig viel zu hohe.)
Worauf ich jetzt eigentlich hinaus will:
was in Zeitschriften/Online-Magazinen getestet und für gut befunden wird, muss nicht unbedingt ganz der Wahrheit entsprechen.
Im Computerbereich ist das natürlich anders als bei HiFi-Tests. Dort wird "gehört", und den subjektiven Eindruck kann den Testern niemand streitig machen.
Bei Computerhardware wird jedoch mit Fakten hantiert. Ein Prozessor ist so schnell, ein Kühler führt so viel Wärme ab. Punkt.
Doch können auch diese Fakten ein wenig "getunt" werden - bis sie eben passen. Mache ich auch dauernd. Ich habe während meines Studiums regelmäßig Laborübungen, in denen viel gemessen werden muss. Und weil nicht immer das gemessen wird, was wir sehen wollen, drehen wir solange an den Werten herum, bis es den Erwartungen entspricht.
Ich glaube nicht, dass es im Computerbereich die Ausmaße wie bei HiFi angenommen hat, aber eine gesunde skeptische Einstellung gegenüber Tests jeder Art sollte man immer mitbringen.
Gruß
Morgoth