Vielleicht sollte man sich kurz darüber klar werden, für was die 100Hz oder 200Hz eigentlich sind. Ich hol mal etwas aus, damit es möglichst für alle verständlich wird.
Bewegungsflüssigkeit und Flimmern
Fernsehen gibt ja bewegte Bilder wieder, die aus schnell abfolgenden Einzelbildern bestehen. So ab 16 bis 20 Bildern pro Sekunde empfindet der Mensch die Abfolge als flüssig und erkennt nicht mehr die einzelnen Bilder. Darum ist man mit den 24 Bildern pro Sekunde, die ein Kinofilm hat, schon halbwegs auf der sicheren Seite. (Ob das nun tatsächlich ausreicht oder nicht, darüber will ich hier an der Stelle bitte nicht diskutieren, das ist ein anderes Thema.)
Jetzt gab es aber bisher bei der Filmwiedergabe ein Problem: das Bild wurde zwischenzeitlich dunkel. Beim Filmprojektor wird kurz abgedunkelt, während der Film zum nächsten Bild weitertransportiert wird, und beim Röhrenfernseher regt ein Elektronenstrahl zeilenweise einen Phosphor an, der dann kurz aufleuchtet und danach aber wieder schnell dunkel wird. Das heißt das Bild wird hell-dunkel-hell-dunkel, kurz es flimmert. Beim Flimmern kann der Mensch aber weitaus höhere Frequenzen noch wahrnehmen. 24Hz, also 24 mal Hell-Dunkel-Wechsel, sind unerträglich. Richtung 50Hz wird es langsam ganz gut, ist aber immer noch wahrnehmbar. Je höher desto besser. Deswegen wird ein Bild im Kino dreimal belichtet (Bild hell, dunkel, hell, dunkel, hell, dunkel und dann erst Filmtransport zum nächsten Bild), um so 72Hz Flimmerfrequenz zu erzeugen.
Beim Fernsehen wurde das durch Halbbilder gelöst, das heißt das Bild wird in zwei Hälften zerlegt, aber nicht obere und untere Bildhälfte, sondern gerade und ungerade Bildzeilen. Zuerst werden die geraden, dann die ungeraden Zeilen gezeigt. Auch dadurch wurde die Flimmerfrequenz auf das Doppelte angehoben. Aus historischen Gründen wurden dann auch noch 50 statt 48 Hz genommen. Das hatte was mit der Stromnetzfrequenz zu tun, weil dadurch die 50Hz wesentlich leichter zu erzeugen waren als die 48Hz. Genauso wurde in USA eine Halbbildfrequenz von 60Hz genommen, weil dort eben 60Hz im Stromnetz sind.
Herkömmliche 100Hz-Technik
Wie wir wissen, waren 50Hz und 60Hz lange Jahre in Ordnung, aber als die Fernseher immer besser wurden, stieg auch der Qualitätsanspruch. Und so ging man her und baute Fernseher mit 100Hz (PAL) bzw. 120Hz (NTSC). Der einzige Grund hierfür war aber nur, das bei 50Hz noch wahrnehmbare Flimmern weiter zu reduzieren. Bei PC-Monitoren ging man auf ca. 80Hz, beim Fernseher steigerte man der Einfachheit halber auf das Doppelte der bisherigen Frequenz. Mehr als 100Hz waren und sind hier aber nicht notwendig, weil bei 100Hz praktisch niemand mehr ein Flimmern wahrnimmt.
Auch ein Plasma-Fernseher regt nur kurz einen Phosphor an, der dann wieder dunkel wird. Das heißt hier besteht grundsätzlich das gleiche Problem mit dem Flimmern wie bei Röhren. Auch hier haben 100Hz-Geräte also einzig nur den Zweck, das Flimmern zu minimieren.
Bewegungsunschärfe bei Holdtype-Displays
So, jetzt schauen wir uns mal die LCD-Technik an. Hier wird ein dauerhaftes Hintergrundlicht über Flüssigkristalle abgedunkelt. Das heißt der Flüssigkristall kann so ausgerichtet werden, dass er das Licht durchlässt (helle Farbe), oder so, dass er das Licht blockiert (dunkle Farbe). Da sich hierbei tatsächlich mechanisch was bewegt, hat man gewisse Verzögerungen. Aber hat ein Kristall mal eine bestimmte Lage eingenommen, kann man ihn problemlos in dieser Stellung halten. Speziell bedeutet das, dass ein LCD technisch bedingt eben nicht dauernd dunkel wird, sondern die Helligkeit so lange hält, bis man wieder einen anderen Befehl gibt. Man nennt deshalb auch ein solches Display ein Holdtype-Display, denn das Display hält den Zustand, bis was Neues kommt.
Diese Technik hat einen ganz entscheidenden Vorteil: ein LCD flimmert nicht. Nie! Egal bei welcher Frequenz. Hier könnte man also tatsächlich mit 24 Bildern pro Sekunde anzeigen, und es würde nicht flimmern! Super! Aber warum dann überhaupt 100Hz und 200Hz? Wo ist der Haken?
Der Haken kommt, wenn sich Objekte auf dem Bildschirm bewegen. Das menschliche Auge folgt unwillkürlich dieser Bewegung. Schauen wir erst mal, was bei einer Röhre oder einem Plasma passiert. Nehmen wir mal an das Objekt bewegt sich von links nach rechts über das Bild. Da bei diesen Techniken das Objekt eigentlich nur kurz aufblitzt, sehen wir es also kurz links. Dann wieder kurz weiter rechts, dann wieder kurz noch weiter rechts. Das Auge folgt dieser Bewegung. Zwischendurch ist es dunkel, da sieht das Auge nichts. Aber "nichts" stört auch nicht. Entscheidend ist, dass das Objekt immer genau dann an genau der Stelle wieder aufblitzt, wo das sich kontinuierlich bewegende Auge es erwartet. Das heißt es wird immer an die gleiche Stelle der Netzhaut abgebildet. Es ist scharf.
Nun kommt das Holdtype-Display, sprich LCD. Hier wir das Bild ja nicht dunkel zwischendurch, sondern das Objekt bleibt an der linken Stelle zu sehen, bis es dann schlagartig einen Sprung zur nächsten Stelle weiter rechts macht. Auch da bleibt es wieder vergleichsweise lang stehen, bis es wieder schlagartig zur nächsten Stelle noch weiter rechts springt. Das Auge verfolgt die Bewegung aber kontinuierlich, nicht in diesen Sprüngen. Folglich wird das Objekt, während es für die Dauer eines Bildes stehen bleibt, im sich bewegenden Auge an verschiedene Stellen der Netzhaut abgebildet. Dadurch erscheint das Objekt unscharf. Man muss also ganz klar betonen, das Objekt ist auf dem Bildschirm gestochen scharf, es erscheint nur im Auge unscharf.
Zwei Lösungsansätze
Lösen kann man dieses Dilemma auf zwei Arten. Entweder man führt wieder künstliche Dunkelphasen ein, so dass das Objekt wie bei Röhren und Plasmas nur noch kurz aufblitzt und dadurch wieder schärfer wird. Mit dem Nachteil, dass man damit eben wieder die völlige Flimmerfreiheit aufgibt. Das wird momentan bei den Geräten mit LED-Backlight probiert, weil erst diese LEDs schnell genug ein- und ausgeschaltet werden können, dass es in der Geschwindigkeit reicht.
Der andere Lösungsansatz besteht darin, Zwischenbilder zu berechnen, so dass die bewegten Objekte eben öfters, also auch sozusagen auf halber Strecke nochmal zu sehen sind. Dabei muss dann natürlich auch zwangsweise die Bildanzahl erhöht werden, so dass die Dauer, für die ein Bild an einer Stelle sichtbar bleibt, reduziert wird und somit das Objekt im Auge schärfer wird. Und so kommen eben die 100Hz bei LCDs zustande. Das ist schon allemal deutlich besser, als bei 50Hz oder gar 24Hz. Aber es reicht eben noch nicht für alle Bewegungsgeschwindigkeiten. Und da wird eben versucht, mit 200Hz nochmal eine Verfeinerung und damit eine Verbesserung zu erreichen.
Nachteile der Zwischenbildberechnung
Diesen Vorteil des geschmeidigen Bildablaufs kauft man sich aber mit einem anderen Nachteil ein. Denn der Fernseher versteht ja nicht, was er da gerade anzeigt. Darum kann er nicht erkennen, was das für Objekte sind, die sich bewegen und was der Hintergrund ist. Folglich arbeiten diese Rechenverfahren immer mit Kontrastunterschieden, an denen solche Objektkanten vermutet werden. Aber je nach Beleuchtung oder Bewegungsphase werden dabei mal ein paar Pixel dem stehenden Hintergrund, und dann wieder dem bewegten Objekt zugeordnet. Entsprechend ist die Silhouette von bewegten Objekten nie so ganz scharf, es entsteht eine Art Aura um die Objekte. Das hebt die Objekte etwas vom Hintergrund ab, sie erscheinen etwas dreidimensional. Je nach Qualität dieser Verfahren sieht das halbwegs gut aus, oder es kann auch passieren, dass der Hintergrund sehr statisch und nur die Objekte so richtig dynamisch aussehen. Das sieht dann aus wie bei einer Studioaufnahme im Fernsehen, wo Schauspieler vor stehenden Kulissen agieren. Darum wird dieser Effekt auch Soap-Opera-Effekt genannt. Außerdem bewegen sich die Objekte dann oft so viel gleichmäßiger und glatter, als man das vom Kino mit seinen 24 Bildern pro Sekunde gewohnt ist. Auch das ist ungewöhnlich und wird dann Videolook genannt. Diese Effekte sind eigentlich unerwünscht, kommen aber unweigerlich durch die heutigen Berechnungsverfahren zustande. Vielleicht wird die Berechnung hier in Zukunft noch besser und diese Effekte werden minimiert. Sony hat das wohl schon ganz gut im Griff.
Zusammenfassung
100Hz auf einer Röhre oder einem Plasma ist was völlig anderes als 100Hz auf einem LCD. Beim einen wird das Flimmern reduziert, beim anderen wird die Bewegungsunschärfe durch zusätzliche Zwischenbilder reduziert.
Was ist besser? 50Hz, 100Hz oder 200Hz?
Inwieweit dies nun beim alltäglichen Fernsehgebrauch relevant ist, muss jeder für sich entscheiden. Ich vergleiche es gerne mit der Soundqualität von Liedern. Im alltäglichen Gebrauch reicht ein durchschnittlich codierter MP3-Sound völlig aus. In einigen wenigen Situationen mag dabei aber dann der Sound nicht ganz perfekt rüberkommen. Will man es darum besonders gut haben, so dass auch noch diese feinen Details unverfälscht zu hören sind, braucht es eben CD. Und manche wollen es einfach ganz perfekt, so dass garantiert nichts mehr falsch sein kann, dann muss man sich SACD oder DVD-Audio zulegen.
Genauso ist es mit dem Fernsehen. Für den alltäglichen Gebrauch ist 50Hz völlig ausreichend. Aber es gibt bestimmte Bewegungen, wo das Bild dann unscharf erscheint. In diesen Fällen macht es Sinn, 100Hz zu haben. Und auch da gibt es noch einige Szenen, wo es auch bei 100Hz noch unscharf sein kann. Da helfen dann 200Hz. Natürlich sind das nun immer weniger Szenen und man muss schon ganz spezielles Testmaterial zuspielen, um auf diese Stellen überhaupt aufmerksam zu machen. So wie man auch ganz spezielles Material zuspielen muss, um noch die Unterschiede zwischen CD und SACD aufzuzeigen. Aber der Unterschied ist da! Und diese höhere Bildschärfe geht heutzutage leider noch mit Soap-Effekt und/oder Videolook einher, was auch manchmal unnatürlich wirkt. Den einen stört es mehr, den anderen weniger. Stört mehr die Bildunschärfe oder mehr der Videolook?
Letztendlich muss jeder für sich entscheiden ob es ihm das Wert ist, für die jeweils ein klein bisschen bessere Qualität den entsprechenden Mehrpreis zu zahlen. Was ich bisher hier aus den Kommentaren herausgelesen habe, scheinen 100Hz doch recht deutlich sichtbare Verbesserungen zu bringen, während 200Hz eher nur noch eine unmerkliche Steigerung bedeuten. Insofern mag für viele Leute ein 100Hz-Gerät der ideale Kompromiss zwischen Qualität und Mehrpreis sein.
Das Problem der Bewegungsunschärfe auf LCDs ist auf jeden Fall da und wird sich auch mit OLED nicht bessern. Für viele ist darum Plasma die beste Lösung. Aber auch da gibt es gravierende Nachteile. Wie gesagt, am Ende ist es einfach nur eine Frage des Geschmacks, was einem persönlich am besten gefällt. Und dazu muss man sich die Geräte eben real anschauen und vergleichen.