Als Quereinsteiger zum Programmierer in 12 Wochen?

Soapman

Cadet 4th Year
Registriert
Dez. 2019
Beiträge
81
Hallo Leute,

vor ein paar Tagen erschien auf spiegel.de ein Artikel über IT-Bootcamps, die Quereinsteiger innerhalb von 12 Wochen zur IT-Fachkrafrt ausbilden wollen.

Computer gehören für mich seit fast 25 Jahren zum festen Bestandteil meines Lebens, aber bis jetzt nur im privaten Umfeld. Hatte zwar auf der Uni als Nebenfach Informatik, aber über maximal Javaprogrammierung bin ich auch dort nicht hinaus gekommen. Jetzt spiele ich ernsthaft mit dem Gedanken, mich beruflich umzuorientieren und da kam mir dieser Artikel wie gerufen.

Ich stelle mir nun u.a. die Frage, wie hoch die Chancen auf dem Arbeitsmarkt mit so einer Ausbildung sind, bzw. mit welcher Gehaltsvorstellung man realistisch rechnen kann. Dass dann nach 12 Wochen nicht Schluss mit "lernen" ist, ist mir hierbei durchaus klar.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: fuchsvomwalde
Bei fast jedem Job das gleiche... Ist halt die Frage was man da beigebracht bekommt. 12 Wochen sind zu kurz um ein großes Spektrum abzudecken. "Nur" Programmieren lernen (also gute Grundkenntnisse einer Sprache) kann man auch ohne Kurs in drei Monaten ganz gut schaffen, ggf. sogar ganz ohne Geld auszugeben (Online gibt es so viel womit man autodidaktisch lernen kann). Ob das dann fürn Job als Programmierer reicht? Da will man oft sehen was du kannst, also ein eindrucksvolles Portfolio, viel Erfahrung, etc. geht manchmal sogar vor abgeschlossenes Studium. Ergo: wenn du gut bist, hast du auch gute Chancen auf einen Job/damit Geld zu verdienen. Allerdings kann/wird das vermutlich etwas länger dauern als 12 Wochen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Man muss diesen Kurs erst mal erfolgreich bestehen, denn es ist ein unglaubliches Lernpensum (Sprache inkl. Prinzipien + Frameworks) in den 12 Wochen zu bewältigen. Je nach Anbieter gibt es dafür dann aber auch eine 'Jobgarantie'. Wenn es Dich interessiert kontaktier doch mal die verschiedenen Anbieter, die filtern meines Wissens nach vorher schon ganz gut weg, und dann weißt Du mehr.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: new Account()
Soapman schrieb:
Ich stelle mir nun u.a. die Frage, wie hoch die Chancen auf dem Arbeitsmarkt mit so einer Ausbildung sind
Persönliche Erfahrung sind natürlich nur einzelne Stichproben, dennoch habe ich auch bei Bekannten im erweiterten, professionellem Umfeld noch nie von einem CV gehört, der für den ausgeübten Beruf ausschließlich aus Umschulung besteht.

Ich würde so jemanden ehrlich gesagt auch nicht mal zu einem Gespräch einladen.
Für praktische Tätigkeiten benötigt man Praktiker und diese benötigen Erfahrung, welche man ausschließlich durch Zeit, d.h. Berufserfahrung in der Größenördnung von Jahren, bekommt.
Und für theoretische Tätigkeiten ist akademisches Wissen erforderlich, was abgesehen von den 1% Einstein-Autodidakten (die dann aber auch entsprechende Projekte oder Forschung oder Publikationen oder ... vorweisen können) ein entsprechendes Studium voraussetzt.

Was am unteren Ende an Jobs noch übrig bleibt, sind keine eigentlichen Entwicklertätigkeiten. Eher Hilfstätigkeiten. Und was an sonstigen, vereinzelten Ausnahmen mit diesem Konzept funktioniert, dürfte für die Masse - weil Ausnahme - nicht relevant sein.

Prinzipiell kann man das imho sinngemäß mit Precht kommentieren: die Reise geht hin zu spezialisierten Tätigkeiten, man benötigt also die Fachkräfte. Die, die deutlich überdurchschnittlich sind. Wer mit Umschulungsmaßnahmen irgendwann im Berufsleben mal zur IT gekommen ist, der wird in der Wirtschaft nicht (dringend) benötigt und langfristig obsolet.

Ich weiß jetzt nicht, in welchem Feld du arbeitest, aber gehen wir mal davon aus, das es irgendetwas halbwegs komplexes ist (da Programmierung durchaus eine sehr komplexe Tätigkeit ist): würdest du in deinem Berufsfeld auch nur die geringste Qualität bei einem Bewerber vermuten, wenn sich der für dein Berufsfeld ohne Berufserfahrung, ohne Projekte, ohne Industriekenntnisse und/oder ohne entsprechendes Studium, ohne ... und nur auf Basis von 12 Wochen Umschulung bei dir bewirbt?

Bei 12 Wochen würde ich nicht mal einem umgeschulten Friseur vertrauen.

Solltest du jetzt in deiner Branche bleiben wollen und in deiner Branche sehr viel Erfahrung mitbringen und noch dazu im Studium und auch im Hobby Programmiererfahrung vorweisen können sowie einen wirklich ordentlichen Programmierkurs/Bootcamp besuchen mit vorzeigbaren Projekten usw., dann mag das anders aussehen. Vor allem wenn du dich auf konkrete Stellen mit Vitamin B bewerben würdest.
Im Allgemeinen - freie Wirtschaft, speziell ohne Vitamin B - würde ich dich aber deutlich im Nachteil gegenüber jedem Mitbewerber mit BE und/oder Studium sehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
12 Wochen beim Thema programmieren ist realistisch in z.B. der Ausbildung zum AE nur das Grundwissen. Also, du weist eigentlich gerade mal so was Phase ist. Aber können tust du noch gar nichts.
Gehalt kannst du bei sowas ganz unten ansetzen, genau dafür wirst gesucht.

Gegen Leute mit Studium kackst da ab, 12 Wochen ist nichts. Wenn du paar Jahre in der Branche arbeitest kannst dann einiges verdienen.
Kenne Entwickler die richtig gut verdienen, die programmieren aber auch seit sie gefühlt 8 Jahre alt sind. Die anderen eher mäßiger Erfolg.

Würde mir was anderes suchen, programmieren muss man wirklich ins Thema gehen und das zum Beruf machen ist noch mal ne andere Kiste.


Ist wie Sprache lernen und das wird später eher schwieriger.
 
Bei uns sind im letzten Semester 82% durch die Algorithmen und Datenstrukturen Klausur geflogen (1. Semester Klausur). Dafür hatten sie 6 Monate "Lernzeit", inkl. wöchentlicher Arbeitsblätter. Kann mir schwer vorstellen, dass bei 12 Wochen was anständiges dabei rumkommt.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: Mumbira und Nefcairon
Nein, das wird nicht funktionieren. Das wird außerdem keine Berufsausbildung sein, sowas geht deutlich länger. Als Quereinsteiger mit irgendeinem abgeschlossenen Kurs solltest du dir Null Hoffnung machen.
 
Ich greife Mal zum allseits beliebten Gebauedebauanalog.
Du gehst also 12 Wochen Crashkurs Gebäude Bau. Kannst du danach sicher auf einer Stufe mit gelernten Bauingenieuren, Architekten, Maurern, Dachdeckern, Fliesenleger etc sein?

Es gibt bestimmt Leute die es dann sind, hätten den Kurs eh nicht gebraucht.
Die absolute Mehrheit wird sich wohl erst mit Aufgaben der geringen Qualifikation befassen müssen: Mörtel mischen, Sand schippen, Gerüst bauen, Grube ausheben, zu schütten, etc.
Du verstehst?
 
ascer schrieb:
Wer mit Umschulungsmaßnahmen irgendwann im Berufsleben mal zur IT gekommen ist, der wird in der Wirtschaft nicht (dringend) benötigt und langfristig obsolet.

Das ist eine gefährliche pauschale Aussage.

Wenn du erstmal drin in der IT bist und dort am Ball bleibst, dann wirst du nicht obsolet. Ich kenne einen gelernten Zerspanungsmechaniker, der mit Linux, Cloud und "DevOps" arbeitet... Da ist so mancher studierter/gelernte ITler fachlich und technisch 10 Jahre dahinter. Es braucht intrinsische Motivation und die Freunde immer etwas neues zu Lernen.


ascer schrieb:
Im Allgemeinen - freie Wirtschaft, speziell ohne Vitamin B - würde ich dich aber deutlich im Nachteil gegenüber jedem Mitbewerber mit BE und/oder Studium sehen.
Ich will diese Bootcamps nicht gut reden und bin da auch skeptisch. Natürlich hat man Anfangs immer einen Nachteil gegenüber Leute mit BE und/oder Studium. Aber die Bootcamps bieten ja teilweise eine Jobgarantie. Hier wird man vermutlich erstmal als Dienstleister bei einem Kunden verheizt oder arbeitet intern zu. Hier beginnt ja eigentlich das wirkliche Lernen.

Momentan will der Arbeitsmarkt ITler und deshalb funktionieren gerade auch "minderwertigere" Bootcamps.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: lokked, new Account(), LencoX2 und eine weitere Person
Es kommt immer drauf an, woher man kommt. Ein studierter Physiker oder Mathematiker hat mit ein 12 Wochen Kurs ein deutlich anderes "Standing" als der gelernte Friseur.

Wirklich pauschale Aussagen helfen damit wenig. Es kommt immer auf den Fall an. Manch ein Arbeitgeber reicht es aus, dass der Controller ein 12 Wochen Kurs SQL besucht, damit dieser schneller an seine Daten kommt. Damit wird aus dem Controller immer noch kein DB Admin ...
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: LencoX2
Hallo Soapman,

erst einmal ist es klasse, dass du dich dafür interessierst programmieren zu lernen! Ich bin selber seit über 10 Jahren u.A. als Software-Entwickler tätig und engagiere mich seit vielen Jahren damit Menschen den Einstieg in die Programmierwelt zu erleichtern und ihnen Orientierung zu geben. Deine Fragen zum Arbeitsmarkt und zu Gehaltsaussichten sind bereits sehr spezifisch. Lass mich einen Schritt vorher einsteigen und dir eine ausführliche Antwort geben, die deiner Frage gerecht wird.

Wie schaffe ich den Einstieg in die Software-Entwicklung?
Die beste Nachricht vorweg, es gibt kein anderes Berufsfeld bei der das Wissen so frei zugänglich ist. Alles was man (in der Theorie) braucht ist ein Laptop, Internetzugang, Zeit und Motivation. Vielen Menschen gelingt das. In der Praxis scheitern jedoch viele Autodidakten an dem Überangebot an frei zugänglichen Onlinekursen, Tutorials oder Lernspielen. Und der Anfang ist am schwersten. Die häufigste Hürde ist eine fehlende persönliche Person als Ansprechpartner wenn Fragen aufkommen, bspw. weil etwas nicht funktioniert oder weil etwas funktioniert, man aber verstehen will warum (das kommt häufiger vor als man denkt). Hinzu kommt, dass die Technologieumgebung von Programmierenden sehr schnelllebig ist. Viele Grundlagen haben zwar eine zeitlose Gültigkeit doch mindestens genauso viele Video-Tutorials die vor einem Jahr erstellt wurden, sind heute bereits überholt. Unten werde ich dennoch ein paar Links zu kostenfreien Lernangeboten anfügen.

Daher bin ich auch ein Befürworter des begleiteten Lernens. Die Chancen nicht aufzugeben sondern die ersten Hürden zu überwinden sind in einer begleiteten Lernumgebung deutlich höher. Ein Programmier-Bootcamp für den Quereinstieg ist daher keine schlechte Entscheidung, denn der autodidaktische Weg kann mühsam und langwierig sein. Es gibt aber auch weitere Alternativen zum Bootcamp auf die ich in diesem Beitrag jedoch nicht im einzelnen eingehen werde:
  • Programmier-Akademien als vollwertige und praxisnahe Alternative zum Universitätsstudium oder zur Ausbildung: CODE University, Make School, Holberton School, School 42, usw.
  • Lerngruppen und Meetups: Auf der Plattform Meetup gibt es in vielen Städten neben Expertentreffen kostenfreie Wochenend- oder Abendkurse in denen der Einstieg in die Programmierwelt im Workshop-Format beigebracht wird. Dies ist auch ein sehr guter Treffpunkt um sich mit gleichgesinnten auszutauschen und Rat bei Mentoren einzuholen.

Welches Bootcamp ist das richtige und was kann ich davon erwarten?
IT-Bootcamps sind aktuell ein boomender Markt mit dem sich auch viel Geld verdienen lässt. Weltweit werden jährlich neue Bootcamps aufgemacht. Ironhack, Neue Fische, Flatiron School, Spiced Academy, UpLeveled, LeWagon oder App Academy sind nur ein kleiner Auszug an Anbietern. Ich kenne wenige Absolventen persönlich und habe mir viele Angebote im Detail angesehen. Die Angebote zum Einstieg in die Software-Entwicklung basieren alle auf einem vergleichbaren 12 bis 24 Wochen Vollzeit-Curriculum. Die Versprechen der Bootcamps und auch die Berichterstattungen sind jedoch euphemistisch und spiegeln die Realität nie eins zu eins wieder. Der gewählte Ansatz der Bootcamps ist zwar richtig: Praxisnahes Wissen anstatt abstrakter Theorie und praxisrelevante Kompetenzen für einen schnellen Berufseinstig. Doch auch viele Bootcamps setzten – nicht selten – auf veraltetes Curriculum oder lassen fundamentale Themen aus. Um hohe Erfolgsquoten auszuweisen haben viele Bootcamps einen strengen Auswahlprozess, das bedeutet hohes Engagement und Motivation der erfolgreichen Bewerber*innen soll sicherstellen, dass daraus auch erfolgreiche Teilnehmer*innen werden. Es ist denke ich egal für welchen Anbieter man sich entscheidet. Wichtig ist die Erwartungshaltung. Ein Bootcamp vermittelt nur einen Ausschnitt dessen was später im Berufsleben gebraucht wird und bei der angesetzten Lerngeschwindigkeit und Themendichte kann das erlernte und angewendete Wissen in der Kürze der Zeit selten in voller Tiefe verstanden werden. Aber ja, in den 12 Wochen lernt man dennoch sehr viel und die wichtigsten Punkte hierbei sind, danach zu wissen wie man sich autodidaktisch neues IT-Wissen aneignet und einen ersten groben Überblick über die Programmier-Welt erlangt zu haben. Ein weiteres Ziel dieser Bootcamps, ist es kontinuierlich Erfolgserlebnisse zu schaffen. Denn etwas pathetisch gesprochen kann programmieren lernen sich im besten Fall so anfühlen Superkräfte zu entdecken, einfach nur den Anleitungen folgen und man kann plötzlich Code zum Leben erwecken.

Wie stehen danach die Erfolgschancen auf dem Arbeitsmarkt?
Der direkte Berufseinstieg nach einem absolvierten Bootcamp ist tatsächlich gar nicht so unwahrscheinlich. Fast alle Bootcamps pflegen enge Partnerschaften mit Unternehmen um die Teilnehmenden zu vermitteln, denn eine hohe Übernahmequote stärkt auch die Reputation eines Bootcamp Anbieters. Auch Unternehmen haben viel Interesse daran wissenshungrige Quereinsteiger einzustellen. Sie sehen dich weniger als preiswerte Arbeitskraft (falls doch, sollte man sich von solchen Arbeitgebern fern halten), sondern als Langzeitinvestition die auch monetär wertgeschätzt werden soll, wenn die Erwartungen erfüllt werden. In meiner Zeit als Gründer habe ich ich oft Studierende als Teilzeitkräfte für unsere Softwareprojekte eingestellt. Und die Programmiererfahrung einer/s Studierenden wird selten durch die Kenntnisse geprägt die im Studium vermittelt werden, sondern viel mehr durch die Eigeninitiative der jeweiligen Studierenden, die sich Wissen in der Freizeit angeeignet haben. Die eigene Webseite programmieren (nicht mit einem Homepage-Baukasten) oder ein kleines Software-Projekt zum Spaß umsetzen um sich dabei Stück für Stück das wissen anzueignen sind einige Beispiele dafür. Motivation und Freude am Lernen sind sehr wichtige Einstellungskriterien. Den Unternehmen ist in der Regel bewusst, dass innerhalb eines Software Projektes zwar kleine Aufgabenpakete bereist autark abgearbeitet werden können, doch dass erst nach 3-6 Monaten mit einem wirtschaftlichen Mehrwert der/s neuen Mitarbeitenden gerechnet werden kann. Und ein hoher Betreuungsaufwand in der Einarbeitungsphase wird auch einen guten Arbeitgeber von einem schlechten unterscheiden. Mit diesem Hintergrund lässt sich aber auch abschätzen mit welchem Gehalt du als erfolgreicher Bootcamp-Absolvent rechnen kannst. Gehaltstabellen für Software-Entwickler gestaffelt nach Berufserfahrung findest du zahlreich im Internet und meine Erwartungshaltung wäre ein Einstiegsgehalt knapp unter dem einer/s üblichen Berufseinsteigenden, mit der Aussicht nach einem Jahr zum Anfang solcher Branchengehälter aufzuschliessen, sofern die Erwartungen eingehalten werden und deine Lernkurve nicht abbricht.

Die ist zwar keine ausführliche Beschreibung über die Chancen und Hürden beim Einsteig in die Programmierwelt, aber es gibt dir hoffentlich die notwenige Orientierung bei deiner Entscheidung. Viel Erfolg!

Hier noch ein paar Lernressourcen die sich für einen Einstieg eignen:
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: Lamkiller, new Account(), schasi und eine weitere Person
Meiner Erfahrung nach sind die meisten Junior Programmierer nur begrenzt einsetzbar, ob da welche aus dem Bootcamp wirklich viel schlechter sind, als welche von der Uni bezweifel ich ja fast.

Pinabuzz schrieb:
Bei uns sind im letzten Semester 82% durch die Algorithmen und Datenstrukturen Klausur geflogen (1. Semester Klausur).
Ich tippe mal darauf das man mindestens 90% des im Studium gelernten im späteren Berufsleben nicht benötigt. Durchfallquoten, Lernumfang etc. sagen nichts über die spätere Relevanz im Real Life aus. ;)
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: lokked
Pinabuzz schrieb:
Bei uns sind im letzten Semester 82% durch die Algorithmen und Datenstrukturen Klausur geflogen (1. Semester Klausur). Dafür hatten sie 6 Monate "Lernzeit", inkl. wöchentlicher Arbeitsblätter. Kann mir schwer vorstellen, dass bei 12 Wochen was anständiges dabei rumkommt.

Die meisten Bootcamps haben einen Workload von 50-60h/w über 12-16 Wochen, ergo
600-960h. Der Workload in meinem MINT-Studium waren ~20h/w über ~20 Wochen, ergo 400h. Ich bezweifle. dass ein normaler Student durchschnittlich mehr macht über den kompletten Zeitraum.

Dazu kommt beim Bootcamp ein immens hohes monetäres Commitment, ein erhöhtes Alter der Studenten, viel höherer Peer Pressure.

Und letztendlich kommt noch hinzu, dass du von Informatik sprichst und Bootcamps in der Regel Softwareentwicklung unterrichten.
 
mastaqz schrieb:
Der Workload in meinem MINT-Studium waren ~20h/w über ~20 Wochen, ergo 400h. Ich bezweifle. dass ein normaler Student durchschnittlich mehr macht über den kompletten Zeitraum.
Nicht von einer Einzelerfahrung auf andere schließen.

Das Studium sieht 30 ECTS pro Semester vor und 30 Stunden Arbeit pro ECTS. Der Workload sollte also bei 900 Std. pro Semester liegen.

20h/w sind außerdem vollkommen illusorisch, insbesondere in den ersten Semestern hast du an den meisten Unis min. 2 Mathevorlesungen & Algorithmik, i.d.R. 90min. Dann je nach Uni mehr Theorie oder technische Informatik und 1-2 Einführungskurse Programmierung. Bei uns im Süden waren das alleine 14h Vorlesung pro Woche.

Da wird man Vor-/Nachbereitung und vor allem Übungen in 6h pro Woche für alle Module niemals schaffen.
Es sei denn wir reden nur von einer durchschnittlichen FH oder schlechter mit "lightweight Mathe".

An meiner Uni (eine der Elite-Klitschen) habe ich später, insbesondere in meinem kurzen PhD Abschnitt, ja auch Vorlesungen gehalten und niemand hat sich bei uns an die Vorgaben gehalten; kenne ich auch nicht anders von ehemaligen Kollegen anderer Elite-Adressen.
D.h. der Aufwand hier war deutlich mehr als 30 Stunden Arbeit pro ECTS, auf jeden Fall weit über 1000h pro Semester insgesamt.

Wir wurden inoffiziell auch dazu angehalten, die 900h ausschließlich auf Vorlesung+Übung/Seminar zu rechnen. D.h. Klausur, lernen für die Klausur, Repetitorium usw. wurde alles als "Privatvergnügen" der Studenten betrachtet.

mastaqz schrieb:
Dazu kommt beim Bootcamp ein immens hohes monetäres Commitment, ein erhöhtes Alter der Studenten, viel höherer Peer Pressure.
Gerade dadurch lernst du weniger. Wer erst spät, in höherem Alter, dazu kommt, der lernt langsamer als junge Menschen, die das schon Ewigkeiten machen.

Abgesehen davon ist es wissenschaftlicher Konsens, dass zu viel Stoff am Stück schlecht aufgenommen wird.

Das einzige, was du mit 60h/Woche schaffst, sind Arbeitsbienen die in den behandelten Sprachen dann den "Code-Monkey" spielen können, mehr nicht. Ein guter Programmierer mit entsprechender BE oder Studium, je nachdem ob man gerade Praktiker oder Theoretiker will, sieht ganz anders aus.

Das sind Hilfkräfte am Ende die für Projekte mit harten Deadlines, häufig im DevOps-Bereich, herangezüchtet werden. Und genauso schnell lässt man solche auch wieder Fallen, wenn der Bedarf sinkt.

Einen Uni-Absolventen, der z.B. im Bereich Security, Robotik, ... codet und damit entsprechende IP für das Unternehmen darstellt ist eine ganz andere Liga. Das gleiche gilt für den Programmierer mit 5 Jahren BE. Was der an Erfahrung und Wissenschatz dann über Unternehmen/Branche mitbringt, spielt ebenfalls in einer anderen Liga.

Komprimiert in kurzer Zeit möglichst viel über Sprache & Syntax zu lernen ist "Code-Monkey"-Ausbildung, nichts anderes.
Qualität benötigt Zeit.
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: Nefcairon und BeBur
Wie sich einige hier gleich wieder angep***t fühlen, daß ihre elitäre Uni Ausbildung auch nur in die Nähe eines Bootcamps gerückt wird. Einmal tief durchatmen plz. :rolleyes:

Ein Bootcamp produziert keine Führungskräfte, keine Seniors, kein AI/ML Freaks, sondern lediglich 'Code Monkeys'. So what? Man kann dort in kurzer Zeit auf einen Beruf mit Wachstumschancen, mit garantierten Gehaltssteigerungen und nur geringem körperlichen Verschleiß umschulen. Gibt schlimmeres würd ich ja mal sagen. Und ein Großteil der Uni Absolventen macht später auch nicht wirklich anspruchvollere Sachen, das hängt doch auch stark vom individuellen Ehrgeiz und anderen Faktoren ab.
 
Mextli schrieb:
Wie sich einige hier gleich wieder angep***t fühlen, daß ihre elitäre Uni Ausbildung auch nur in die Nähe eines Bootcamps gerückt wird. Einmal tief durchatmen plz. :rolleyes:
Das hat nichts mit "elitärer Uni Ausbildung" oder "angep***t" zu tun, sondern mit der Art und Weise des Diskurses.
Als Außenstehender hat man keinen detaillierten Durchblick der Branche und Gegebenheiten, d.h. dieser Umstand...
Mextli schrieb:
Ein Bootcamp produziert keine Führungskräfte, keine Seniors, kein AI/ML Freaks, sondern lediglich 'Code Monkeys'. So what?
...ist einem nicht bekannt.

Wenn man dann von den Bootcamp-Versprechungen gelockt wird und zusätzlich noch Kommentare wie...
Mextli schrieb:
Ich tippe mal darauf das man mindestens 90% des im Studium gelernten im späteren Berufsleben nicht benötigt.
...liest, dann bekommt man die vollkommen verzerrte Ansicht, man könne direkt als Programmierer anfangen, über die üblichen Gehaltsvorstellungen in der Branche sprechen usw. ohne zu Wissen, dass das eben die Hilfsjobs, die Code-Monkey-Tätigkeiten, sind, für die man sich da "qualifiziert".

Natürlich gibt es haufenweise schlechtere Jobs und grundsätzlich ist nichts gegen den Angular Entwickler Nr. 10.312 einzuwenden. Mitunter wird man sogar in einer der Freelancer-Vermietungsbuden unterkommen, sodass man sehr viel Home-Office machen kann...aber das es auch noch Fensterputzer und andere, stressigere Jobs gibt, ist für die Fragestellung bzgl. "Programmierer" ja unerheblich.

Unter Programmierer wird halt so viel zusammengefasst, dass es da imho schon wichtig ist, einen objektiven Bild auf die Hierarchie zu werfen und innerhalb dieser Branche wird man mit Bootcamp und Quereinstieg eben schwerlich an die für diese Branche interessanten/hochbezahlten Tätigkeiten kommen.
Das ist, m.M.n., eine wichtige Tatsache, um die Lockversprechungen der Bootcamps, die Kohle verdienen wollen, einsortieren zu können gegenüber Fachpersonal mit X-Jahren BE oder Spezialisten von der Uni.

Und das dieser Punkt...
Mextli schrieb:
Ich tippe mal darauf das man mindestens 90% des im Studium gelernten im späteren Berufsleben nicht benötigt.
...häufig zutrifft, liegt halt auch einfach nur daran, dass sehr viele Studenten von der durchschnittlichen Uni, der "Dorf-FH", ... kommen und sich nicht spezialisieren. Die arbeiten für Akademiker dann ganz klar fachfremd. Die Erwartungshaltung, weil man Bildung XY absolviert hat einen bestimmten Job/Gehalt zu bekommen, bringt einen hinterher natürlich keinen Schritt weiter und der "Turbo-Bachelor" seit dem Bologna-Prozess steht ja berechtigt in der Kritik.

Das man als frischer Absolvent der Uni z.B. viel weniger bringt als Anwendungsentwickler im Vergleich zu einem Ausgebildeten mit 5 Jahren BE ist vollkommen klar, weil das eine praktische Tätigkeit ist die BE braucht. Da wurde dann genauso den typischen Parolen "geh studieren", "hohes Durchschnittsgehalt für Akademiker" als Lockmittel gefolgt.
Und dann sitzen die Leute vor der Java-Anwendungsentwicklung und fragen sich, warum sie viel weniger als der Sicherheitsanalyst, der Robotik-Ingenieur, der KI-Experte, der Programmierer mit Spezialisierung auf Algorithmik/HPC, ... verdienen.

Das rührt alles immer daher, dass man alles in einen Topf wirft und die Debatte über die Branche viel zu unkritisch, viel zu undetailliert führt.
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: BeBur
ascer schrieb:
Unter Programmierer wird halt so viel zusammengefasst, dass es da imho schon wichtig ist, einen objektiven Bild auf die Hierarchie zu werfen und innerhalb dieser Branche wird man mit Bootcamp und Quereinstieg eben schwerlich an die für diese Branche interessanten/hochbezahlten Tätigkeiten kommen.

Du betest hier ja in jedem Thread deinen Lebenslauf mit AI/ML und Blabla runter. Du bist am Ende aber eine Ausnahme. Der durchschnittliche Informatik-Absolvent will einfach nur als Codemonkey arbeiten um Geld zu verdienen. Nicht jeder hat Interesse an irgendeiner Forschungsfrage oder einer superduper tollen Spezialisierung Arbeit ist für viele Leute ein notwendiges Übel um einen Lebenstandard zu halten.

ascer schrieb:
Und dann sitzen die Leute vor der Java-Anwendungsentwicklung und fragen sich, warum sie viel weniger als der Sicherheitsanalyst, der Robotik-Ingenieur, der KI-Experte, der Programmierer mit Spezialisierung auf Algorithmik/HPC, ... verdienen.

Ist den meisten Leuten egal. Die wollen einfach nur arbeiten.

Du bewegst dich zu sehr in deiner eigenen Blase ;)
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: lokked und Zerstoerer
@Cokocool wir haben bei uns viele DevOps Leute rumlaufen, die sehr gut verdienen und wo ganz klar Ausgebildete mit viel BE bevorzugt werden. Die haben nichts mit AI am Hut, sind aber auch unter anderem für unsere AI-Gruppe "Zulieferer" / "Unterstützer". Die DevOps Leute sind z.B. für die Cluster zuständig, d.h. sie warten alle Linux-Systeme / Supercomputer, unsere interne Cloud, bauen APIs für unsere Docker Container, lösen technische Probleme bei unseren Prototypen (z.B. wenn eine Verbindung zu einer Kamera in einem Auto zu langsam ist, dann entwickeln die einen neuen Microservice um schneller Bilder abzurufen und per API bereitzustellen).

Für all das muss man die IT-Hardware und die Hardware in den Autos sehr gut kennen. Deshalb viel BE, möglichst aus dem eigenen Unternehmen oder zumindest der Branche. Das sind auch keine Code-Monkeys, sondern Menschen, die sich durchaus mit der Entwicklung identifizieren.

Ohne die und viele Andere, um das unmissverständlich zu sagen, würde die Vision vom autonomen Fahren genausowenig bei uns erfolgreich umgesetzt, wie wenn der "Elite-Uni Absolvent mit AI-Spezialisierung" fehlen würde.

Das es diesen Umstand...
Cokocool schrieb:
Arbeit ist für viele Leute ein notwendiges Übel um einen Lebenstandard zu halten.
...viel zu häufig gibt, ist keine Frage. Man braucht aber längst nicht ein Studium an einer Elite-Uni, um es besser zu machen / haben.

Nur mit 12 Wochen Umschulung wird das halt schwierig. Da kann man ausschließlich "Code-Monkey" und hat auch keine Perspektive für die Branche. Das geht nur mit Zeit.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wieder mal an Thread der ins Leere läuft. Der TE stellt eine Frage und beteiligt sich nicht an der Diskussion.

@Soapman

Hättest du eine Möglichkeit nach dem Bootcamp Kurs in deinen Unternehmen dann das Gelernte auch direkt einzusetzen? Was machst du aktuell? Was hast du studiert?
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: nciht
ascer schrieb:
Nur mit 12 Wochen Umschulung wird das halt schwierig. Da kann man ausschließlich "Code-Monkey" und hat auch keine Perspektive für die Branche. Das geht nur mit Zeit.
Klar hat man ne Perspektive in der Branche, denn auch der Code-Monkey kann sich in einem Unternehmen hocharbeiten. Das braucht dann natürlich Zeit, aber ein Studium braucht ja auch Zeit. Du musst nicht sehen, wo man nach 12 Wochen Umschulung steht, sondern nach 3-4 Jahren in dem Beruf. Wenn man gute Fähigkeiten in dem Umfeld beweist und ggf. sogar noch andere Qualitäten mitbringt, wird man auch befördert. Hängt allein davon ab wie viel Energie der TE investiert und wie fähig er ist.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: new Account()
Zurück
Oben