Ein paar Hintergründe zu den Patentgeschichten....
(vorher: eine komplette Liste mit Kurzbeschreibung des Inhalts hier:
http://www.engadget.com/2010/03/02/apple-vs-htc-a-patent-breakdown/)
Ich komme aus der Automobilindustrie und kann hier aus erster Hand etwas über Patente (gilt auch für diese Apple Geschihte) aufklären.
1. Es ist nicht so, dass ein Patent nur erteilt wird, wenn es tatsächlich etwas neues ist. Es wird erteilt, wenn der Patentprüfer überzeugt werden kann, dass es noch nichts (exakt) in dieser Richtung gibt.
Hierbei suchen die Prüfer nur grob im eigenen Rechtsraum (meist) und finden natürlich nur einen Bruchteil von den relevanten Veröffentlichungen. Insbesondere Asiatische und Kyrrillische Schriften können aus offensichtlichen Gründen nicht durchsucht werden. Ganz zu schweigen von den anderen Sprachen, die der Prüfer nicht kennt.
Also: Bitte nicht denken, dass ein Patent auch wirklich eine originale (erste) "Erfindung" ist.
2. Patente stellen seit einigen Jahren nicht mehr das Verkaufs- Produktions- oder Transportrecht an einer Erfindung dar.
Patente sind Verhandlungsmasse. Verhandlungsmasse in jedem Sinne, übrigens.
Hierbei ist die Anzahl der Patente wichtiger, als der eigentliche Wert eines einzelnen Patents. Diese nennt man bei uns "Stapelpatente" (also solche Erfindungsmeldungen, die eigentlich keinen Wert haben, aber die Anzahl erhöhen, was wiederum die Verhandlungsposition verbessert).
3. Zu Apple: Was Apple da macht ist weder gut noch schlecht, sondern ein "normaler" Verhandlungsschritt. Dass Apple dies so in die Öffentlichkeit stellt ist allerdings ungewöhnlich.
Was Apple verhandeln möchte, weiß ich nicht. Ob das so gut geht, weiß ich auch nicht.
4. Was passiert jetzt?
Jetzt werden die zwei Parteien sich an einen Tisch setzen, und gegenseitig Stapel von Patenten austauschen... oder
vor Gericht gehen.
Vor Gericht gelten in den USA drei Dinge: 1. Was hat jemand angemeldet (Trifft was patentiert ist auf das, was geklagt wird, zu?), 2. Wieviele Patente hat diese Person auf diesem Gebiet (desto mehr, umso mehr glaubt ein Gericht, dass diese Person auch weiß, wovon sie spricht auch wenn die hundert anderen Patente gar nichts mit dem eigentlichen Vorwurf zu tun haben - somit ein Pluspunkt).. und.. 3. können Anwälte die Patente des anderen als ungültig erklären lassen.
5. Patent als ungültig erklären lassen:
Ein Patent zugelassen zu bekommen ist schön und gut. Es erlaubt einem, bei einem Konkurrenten aufzutauchen, und ihm zu verbieten die eigene Erfindung zu produzieren, transportieren oder zu verkaufen.
Aber ein zugelassenes Patent kann
jederzeit - also auch Jahre nach der Zuteilung - als ungültig erklärt werden. Dafür muss man einem Gericht nur zeigen, dass die Erfindung schon vorher irgendwo in der Welt beschrieben oder gebaut wurde.
Wichtig: Es gilt nicht: Patent gegen Patent, sondern
Patent gegen
Irgendwas. Dieses Irgendwas kann alles publizierte oder produzierte sein, dass vor der Patentanmeldung existiert hat. Viel Spaß beim Suchen!
Fazit: Das ist alles ganz normal und hat nix Wahr und Falsch bzw. Gut und Böse zu tun. Und schon gar nicht hat es mit echten Erfindungen zu tun. Es geht um eine betriebswirtschaftliche Verhandlungsposition. Punkt.