Hallo zusammen,
ich bin mal wieder in einem Bewerbungsprozess. Wir (kleinerer Konzern) suchen derzeit unter anderem Praktikanten und Vollzeitmitarbeiter. Und was uns manchmal zugesandt wird, lässt mich fragen, ob den angehenden und fertigen Akademikern (in meiner Abteilung in aller Regel Juristen, Wirtschaftsjuristen und Wirtschaftspsychologen mit keiner/wenig einschlägiger Berufserfahrung) alles völlig egal ist.
Sinn des Threads ist es bestimmte Basics deutlich herauszuheben, deutlich zu machen und andere Punkte zu diskutieren bzw. für den einen oder anderen einfach mal ehrliches Feedback zu seinen Vorgehensweisen oder sogar Unterlagen zu erhalten.
1) Unterschriften:
2) Anschreiben:
3) Lebenslauf:
4) Umgangsformen:
Generelle Honorierungen:
Es gibt sicher noch mehr Punkte. Aber wie ihr euch gedacht habt, ist dieser Thread aus einer gewissen aktuellen Frustration entstanden. Ist doch alles nicht so schwer. Und da ca. 80% aller Bewerbungen die ich erhalte gleich eine ganze Reihe von diesen Punkten beinhalten, mag der eine oder andere ja tatsächlich noch etwas hieraus mitnehmen.
Zuletzt: Bewerbungsprozesse sind subjektiv. Andere haben andere Schwerpunkte, aber das wisst ihr halt vorher nicht. Steht zu eurem Stil und lehnt Jobs ab, die euren Stil nicht wertschätzen. Da werdet ihr eh nicht glücklich.
ich bin mal wieder in einem Bewerbungsprozess. Wir (kleinerer Konzern) suchen derzeit unter anderem Praktikanten und Vollzeitmitarbeiter. Und was uns manchmal zugesandt wird, lässt mich fragen, ob den angehenden und fertigen Akademikern (in meiner Abteilung in aller Regel Juristen, Wirtschaftsjuristen und Wirtschaftspsychologen mit keiner/wenig einschlägiger Berufserfahrung) alles völlig egal ist.
Sinn des Threads ist es bestimmte Basics deutlich herauszuheben, deutlich zu machen und andere Punkte zu diskutieren bzw. für den einen oder anderen einfach mal ehrliches Feedback zu seinen Vorgehensweisen oder sogar Unterlagen zu erhalten.
1) Unterschriften:
- Anschreiben und Lebenslauf, eventuell auch andere wichtige Dokumente ohne Drittnachweis, sind zu unterschreiben. Ihr habt 5 Jahre an einer "Elite"-Uni studiert und wisst nicht, dass ihr euren Kram unterschreiben müsst?
- Überlegt euch, wie eure Unterschrift aussieht. Ihr werdet auf der Arbeit Dinge unterschreiben müssen. Das soll nicht so aussehen, als direkt aus dem Kindergarten rekrutiert wurde. Manche Unterschriftenregelungen sehen Vorname+Nachname vor. Nehmt euch die Zeit und überlegt euch eine Unterschrift. Nicht zu fancy mit vielen Schnörkeln etc., aber vielleicht bringt ihr zumindest euren Anfangsbuchstaben des Vornamens unter und es sieht "professionell" aus. Das ist kein für-oder-gegen-Kriterium, aber es hilft ein Gesamtbild von euch zu entwickeln.
- Wenn ihr digitale Unterschriften verwendet, was okay für mich ist, dann versucht wenigstens mich ordentlich damit zu täuschen. Weißes Papier, aber die Unterschrift hat einen dunkelbraunen Hintergrund? Dafuq.
2) Anschreiben:
- Daran erkenne ich, ob ihr die geforderten Deutsch- oder Englischkenntnisse mitbringt. Nicht jedes Komma muss sitzen. Ich verzeihe sogar, im Gegensatz zu anderen, Tippfehler. Ihr wisst aber nicht, wann man "sie" und "ihr" groß oder klein schreibt? Für meine Abteilung quasi schon ein K.O.-Kriterium.
- Wie eloquent seid ihr? Mich persönlich stören lange Sätze nicht. Andere stört das. Verwendet nicht nur Fremdworte, aber schreibt das auch nicht so, wie ein Backrezept für eure Oma.
- Wenn ich jemanden suche, der in seinem Beruf argumentativ Dritte überzeugen soll, dann erwarte ich überzeugende Argumente in eurem Anschreiben. Reißt mich mit. Wenn ihr schon mich nicht von euren Argumenten überzeugen könnt, wie dann einen Geschäftspartner, seine Position aufzugeben?
- Ich will eure ehrliche Motivation. Ihr sucht in der Gegend Arbeit, weil eure Freundin hier wohnt? Ist für mich okay. Ihr wollt einen Neuanfang nach einer gescheiterten Ehe? Kein Problem. Ihr seid mit dem Studium fertig und euch ist völlig egal wo auf dem Planeten ihr Arbeit findet, so lange diese gut bezahlt ist? Bieten wir.
- Redet über euch. Ich muss nicht in vielen Sätzen erfahren, wie geil mein Laden ist. Er gehört mir nicht. Ihr wollt da arbeiten und ich arbeite schon dort, also wird's schon gut genug sein.
- Erklärt im Anschreiben die Brüche in eurem Lebenslauf, und zwar so, dass Neugier auf mehr geweckt wird. Ihr habt 6 Jahre Jura studiert und studiert jetzt Wirtschaftsrecht an einer Gammel-FH? Kein Problem, interessiert mich im Zweifel nicht; ich will aber wissen, woran es lag. Ihr habt eine Lücke von 3 Jahren? Weil ihr da keine Ahnung vom Leben hattet und Gelegenheitsjobs angenommen habt? Spricht vielleicht sogar für Lebenserfahrung.
- Ihr habt in eurem aktuellen Studium eine Durchschnittsnote von >3,0? Selbst für mich als Noten-Ignorant ist das ein No-Go. Außer, ihr erklärt das kurz im Anschreiben. EHRLICH. Lieber ein "ich bin kein guter Lerner, aber ein guter Schaffer", "ich habe nebenbei Vollzeit als XY bei ZZ gearbeitet" o. ä. als die Erfindung der Pflege eurer kranken Oma. Im Notfall fahre ich zu eurer Oma und gucke, ob sie krank ist. Erlaubt hin oder her.
- Nehmt die geforderten Punkte aus der Ausschreibung auf, ja, aber erklärt diese mit Beispielen und Lebensstationen. Nicht mit "xy kann ich auch".
- Belegt eure Behauptungen, z. B. durch Beispiele und Erklärungen. Wie in einem Schulaufsatz. Nur so weiß ich, was ihr tatsächlich meint und erlebt habt.
- Eure (kleinen) Lügen werden sowieso enttarnt. Und wenn ihr so clever seid, dass das nicht passiert, habt ihr diese Lügen auch nicht nötig.
3) Lebenslauf:
- Maximal 2 Seiten. 2 Seiten sind dabei völlig okay. Es darf echt mehr als eine Seite sein. Aber niemals habt ihr, insbesondere nach dem Studium, mehr als 2 Seiten. Dann kürzt eure Grundschule und den anderen Kram raus. Wer will das schon lesen?!
- Durchschnittsabschlussnoten im Lebenslauf. Fett markiert.
- Thesisthema und Thesisnote ebenfalls im Lebenslauf.
- Jeder Punkt im Lebenslauf nach dem Abitur (oder beginnend damit, wenn ihr sonst nichts gemacht habt) hat Bulletpoints mit kurzen Inhalten, was ihr da gemacht habt. Cool, ihr habt eine Ausbildung als Schreiner gemacht, weil ihr vor eurem BWL-Studium nicht wusstet, was ihr wolltet. Was zur Hölle macht man in so einer Ausbildung? Ich bin kein Schreiner! Erklärt es in 1-5 Punkten. Dasselbe gilt für euer Studium. Wo waren eure Schwerpunkte? Welche Projekte? Welche Grobinhalte? Bulletpoints! Je aktueller der Punkt im Lebenslauf und je umfangreicher/länger ausgeübt, desto mehr Bulletpoints erwarte ich.
4) Umgangsformen:
- Wenn ihr in euren E-Mails HR anpampt, dann sehe ich das.
- Unverfängliche E-Mail-Adressen. Wirklich. Das ist für mich kein für-oder-gegen, aber es trägt zum Gesamteindruck bei.
Generelle Honorierungen:
- Ehrlichkeit. Jeder macht Fehler. Oder ist mal faul. Ihr könnt das eingestehen, erklären und damit umgehen? Klingt spannend.
- Niemand mag 1,0er. Da ist nahezu immer etwas im Busch. That's life.
- Niemand mag zu glatte Lebensläufe. Abi mit 18, Bachelor mit 20/21, Master mit 23, nebenbei noch ein paar Praktika? Selbst wenn das wahr sein sollte: Ihr habt null Lebenserfahrung. Sorry. Wie reagiert ihr, wenn mal etwas richtig schief läuft? Wenn euch das Leben so richtig hart wegbolzt? Brecht ihr dann ein oder kämpft ihr euch raus? Das ist für ein Unternehmen ein enormes Risiko. Federt das eventuell durch Erklärungen im Anschreiben ab.
- Euer Können weißt ihr durch eure Zeugnisse nach. Ihr habt einen Abschluss in XY? Dann könnt ihr das. Das prüfe ich im Vorstellungsgespräch maximal durch einen stark tätigkeitsbezogenen Test und 2-3 relativ einfache Fragen. Ansonsten will ich das weder detailliert im Lebenslauf lesen, noch sonstwie groß ausbreiten. Nutzt also eure Zeit und eure Zeichenanzahl in Anschreiben und Co. für andere Themen, die ich noch nicht wissen kann oder weiß.
Es gibt sicher noch mehr Punkte. Aber wie ihr euch gedacht habt, ist dieser Thread aus einer gewissen aktuellen Frustration entstanden. Ist doch alles nicht so schwer. Und da ca. 80% aller Bewerbungen die ich erhalte gleich eine ganze Reihe von diesen Punkten beinhalten, mag der eine oder andere ja tatsächlich noch etwas hieraus mitnehmen.
Zuletzt: Bewerbungsprozesse sind subjektiv. Andere haben andere Schwerpunkte, aber das wisst ihr halt vorher nicht. Steht zu eurem Stil und lehnt Jobs ab, die euren Stil nicht wertschätzen. Da werdet ihr eh nicht glücklich.