Huch? Was ist denn das hier? Du beschwerst dich in einem Forum über Rechner-Technik über Bewerber deiner Firma im Feld Wirtschaft und Juristen? Was erwartest du dir? Ich denke das hier ist die Quintessenz:
Idon schrieb:
Es gibt sicher noch mehr Punkte. Aber wie ihr euch gedacht habt, ist dieser Thread aus einer gewissen aktuellen Frustration entstanden.
Sich das von der Seele zu Schreiben ist denke ich auch mal ganz hilfreich
Ich selbst habe wenig Erfahrung mit Bewerbungsprozessen. Ich habe natürlich als Bewerber einige mitgemacht und einige wenige als Fachverantwortlicher mitbekommen. Allerdings: Wenn es etwas gibt, dass ich als Techniker zu dem Thema gelernt habe, ist es das: Jede Firma - nein, jeder Mitarbeiter ist anders und erwartet auch andere Dinge. Meiner Erfahrung nach tendieren viele Menschen im Personalbereich ihre Sichtweise auf die Dinge als "Die Wahrheit" zu verstehen und einen Anspruch auf Allgemeingültigkeit zu erheben.
Es gibt natürlich Punkte in deinem Beitrag, die vermutlich wirklich allgemeingültig sind. Aber:
Idon schrieb:
1) Unterschriften:
Anschreiben und Lebenslauf, eventuell auch andere wichtige Dokumente ohne Drittnachweis, sind zu unterschreiben. Ihr habt 5 Jahre an einer "Elite"-Uni studiert und wisst nicht, dass ihr euren Kram unterschreiben müsst?
Überlegt euch, wie eure Unterschrift aussieht. Ihr werdet auf der Arbeit Dinge unterschreiben müssen. Das soll nicht so aussehen, als direkt aus dem Kindergarten rekrutiert wurde. Manche Unterschriftenregelungen sehen Vorname+Nachname vor. Nehmt euch die Zeit und überlegt euch eine Unterschrift. Nicht zu fancy mit vielen Schnörkeln etc., aber vielleicht bringt ihr zumindest euren Anfangsbuchstaben des Vornamens unter und es sieht "professionell" aus.
Ist in vielen Bereichen nicht wirklich relevant. Als Sachbearbeiter in Unternehmen in Konzerngröße darf man im Unternehmensnamen sowieso nichts unterschreiben. Dort wird viel Aufwand betrieben, den Mitarbeitern genau das einzutrichtern. Nebenbei: Wenn dir die Unterschrift etwas über die Persönlichkeit sagt, ist die Empfehlung sie gezielt zu trainieren etwas merkwürdig. Wenn ich etwas nach bestimmten Kriterien gezielt trainiere, würde ich ja von meiner Persönlichkeit ablenken und nur das Training nach außen zeigen. Oder geht es dir darum, dass man überhaupt trainiert hat?
Idon schrieb:
2) Anschreiben:
Daran erkenne ich, ob ihr die geforderten Deutsch- oder Englischkenntnisse mitbringt. Nicht jedes Komma muss sitzen. Ich verzeihe sogar, im Gegensatz zu anderen, Tippfehler. Ihr wisst aber nicht, wann man "sie" und "ihr" groß oder klein schreibt? Für meine Abteilung quasi schon ein K.O.-Kriterium.
Sehr subjektiv. Viele Personaler filtern bei allen Fehlern in Rechtschreibung und Interpunktion komplett aus. Nicht von sich auf andere schließen.
Idon schrieb:
Wie eloquent seid ihr? Mich persönlich stören lange Sätze nicht. Andere stört das.
Genau. Nur abhängig vom (unbekannten) Gegenüber. Nicht von sich auf andere schließen.
Idon schrieb:
Wenn ich jemanden suche, der in seinem Beruf argumentativ Dritte überzeugen soll, dann erwarte ich überzeugende Argumente in eurem Anschreiben. Reißt mich mit. [...]
Ich will eure ehrliche Motivation.
Wir reden hier doch primär über Absolventen oder noch Studierende oder? Ganz ehrlich? Wenn du wirklich ehrliche Antworten haben willst, wäre wohl in 80% aller Fälle dies die Antwort, die du suchst: Ich brauche Erfahrung und muss Rechnungen bezahlen. Am Anfang hat man nach der Uni keine Ahnung von Projektarbeit. Daran ändern auch Praktika und Projekte in Uni-Instituten kaum etwas. Jemanden, der schon jahrelang in der Firma und vielleicht schon jahrzehntelang in der Branche arbeitet kann man da kaum "mitreißen".
Wenn es um Bewerber geht, die selbst eine ungekündigten Stelle belegen, dann kann man über diese Interessen diskutieren. Besonders diese, die das Unternehmen vielleicht selbst angesprochen hat.
Idon schrieb:
Was ich nicht will: Angelogen werden. Ihr wolltet schon als Kind bei uns arbeiten? Bullshit. Wenn ihr nicht aus dem Nachbarort kommt, kennt ihr den Laden vermutlich nicht. Ich kannte ihn auch nicht. Na und? Kann man doch als Vorteil formulieren.
Redet über euch. Ich muss nicht in vielen Sätzen erfahren, wie geil mein Laden ist. Er gehört mir nicht. Ihr wollt da arbeiten und ich arbeite schon dort, also wird's schon gut genug sein.
Ich kenne hier in der Umgebung ein Unternehmen, in dem die Mitarbeiter der Personalabteilung genau das hören wollen (nicht die MA in den Fachabteilungen). Die wollen hören, dass ihr Unternehmen das tollste der Welt ist und man seit dem Kindergarten dort arbeiten wollte (bildlich gesprochen). Und nun? Nicht von sich auf andere schließen.
Idon schrieb:
Erklärt im Anschreiben die Brüche in eurem Lebenslauf, und zwar so, dass Neugier auf mehr geweckt wird. Ihr habt 6 Jahre Jura studiert und studiert jetzt Wirtschaftsrecht an einer Gammel-FH? Kein Problem, interessiert mich im Zweifel nicht; ich will aber wissen, woran es lag. Ihr habt eine Lücke von 3 Jahren? Weil ihr da keine Ahnung vom Leben hattet und Gelegenheitsjobs angenommen habt? Spricht vielleicht sogar für Lebenserfahrung.
Kommt auch auf den Arbeitgeber an, bei dem ich anklopfe. Es gibt Unternehmen, die stromlinienförmige Lebensläufe erwarten. Unabhängig wie sinnvoll das tatsächlich ist. Und Brüche im Lebenslauf so erklären, dass Neugier geweckt wird? Ich dachte du willst Ehrlichkeit? Die meisten Arbeitnehmer wissen sehr genau, dass diese "Brüche" im Lebenslauf heutzutage toxisch sind. Sowas wird man sich nicht aussuchen. Am Ende ist es also: "Ich wurde gefeuert.", "Ich bin lange krank geworden.", "Meine Meinung hat dem Chef nicht gepasst.", "Wir hatten eine Entlassungwelle und ich hatte wenige Sozialpunkte." oder auch "Ich bin ein A*loch, mit mir kann keiner arbeiten.". Keine dieser Antworten wird einem dem Ziel näher bringen.
Idon schrieb:
Ihr habt in eurem aktuellen Studium eine Durchschnittsnote von >3,0? Selbst für mich als Noten-Ignorant ist das ein No-Go. Außer, ihr erklärt das kurz im Anschreiben. EHRLICH. Lieber ein "ich bin kein guter Lerner, aber ein guter Schaffer", "ich habe nebenbei Vollzeit als XY bei ZZ gearbeitet" o. ä. als die Erfindung der Pflege eurer kranken Oma.
Kannst du hier ein Beispiel geben, wie das aussehen könnte? Ich kann mir nicht vorstellen, dass du bei einem Schnitt von von 3,3 mit einem Satz "ich bin kein guter Lerner, aber ein guter Schaffer" zufrieden wärst oder?
Idon schrieb:
3) Lebenslauf:
Maximal 2 Seiten. 2 Seiten sind dabei völlig okay. Es darf echt mehr als eine Seite sein. Aber niemals habt ihr, insbesondere nach dem Studium, mehr als 2 Seiten. Dann kürzt eure Grundschule und den anderen Kram raus. Wer will das schon lesen?!
Durchschnittsabschlussnoten im Lebenslauf. Fett markiert.
Thesisthema und Thesisnote ebenfalls im Lebenslauf.
Jeder Punkt im Lebenslauf nach dem Abitur (oder beginnend damit, wenn ihr sonst nichts gemacht habt) hat Bulletpoints mit kurzen Inhalten, was ihr da gemacht habt. Cool, ihr habt eine Ausbildung als Schreiner gemacht, weil ihr vor eurem BWL-Studium nicht wusstet, was ihr wolltet. Was zur Hölle macht man in so einer Ausbildung? Ich bin kein Schreiner! Erklärt es in 1-5 Punkten. Dasselbe gilt für euer Studium. Wo waren eure Schwerpunkte? Welche Projekte? Welche Grobinhalte? Bulletpoints! Je aktueller der Punkt im Lebenslauf und je umfangreicher/länger ausgeübt, desto mehr Bulletpoints erwarte ich.
Das Ist vermutlich der Punkt, der mir nach der größten allgemeinen Relevanz aussieht. Aber auch das Muss ich einschränken: Das Layout eines Lebenslaufs ist alles andere als trivial. Ich würde vermuten, dass die Branche der größte Einflussfaktor ist. Erwartungen an Layouts für Bewerbungsunterlagen in der Werbebranche sind in dem meisten Fällen vermutlich fundamental anders als für Juristen, Ingenieure, Erzieher oder Journalisten. Die Branche ist mir als Bewerber aber durchaus bekannt. Aber auch hier ist es wieder stark vom Menschen abhängig, der die Unterlagen in die Hände bekommt. Aber ich kenne diesen Menschen nicht. Ich kann nicht wissen, was diesen Menschen anspricht. Nicht von sich auf andere schließen.
Idon schrieb:
4) Umgangsformen:
Wenn ihr in euren E-Mails HR anpampt, dann sehe ich das.
Unverfängliche E-Mail-Adressen. Wirklich. Das ist für mich kein für-oder-gegen, aber es trägt zum Gesamteindruck bei.
Zustimmung, Manieren sind überall eine Anforderung.
Idon schrieb:
Generelle Honorierungen:
Ehrlichkeit. Jeder macht Fehler. Oder ist mal faul. Ihr könnt das eingestehen, erklären und damit umgehen? Klingt spannend.
Niemand mag 1,0er. Da ist nahezu immer etwas im Busch. That's life.
Niemand mag zu glatte Lebensläufe. Abi mit 18, Bachelor mit 20/21, Master mit 23, nebenbei noch ein paar Praktika? Selbst wenn das wahr sein sollte: Ihr habt null Lebenserfahrung.
Finde ich sehr sympathisch. Bewerbung allein auf formellen Kriterien zu filtern ist aus meiner Sicher nicht besonders sinnvoll. Dennoch wird es für manche Positionen gemacht. Staatsanwälte/Richter oder auch Trainees in den "Big Four" brauchen (oder brauchten wenigstens in der Vergangenheit) Top-Noten. Zusätzlich werden die von dir genannten Kriterien in Assessmentcentern abgeprüft (ob das jetzt den Zweck erfüllt oder nicht). Die ersten (besonders US-amerikanische und vermutlich auch chinesische) Unternehmen betreiben auch schon Algorithmen, die über eine Einladung entscheiden. Wer da nicht die richtigen formalen Voraussetzungen vorweist -> raus.
Idon schrieb:
Euer Können weißt ihr durch eure Zeugnisse nach. Ihr habt einen Abschluss in XY? Dann könnt ihr das.
Ganz ehrlich? Kann ich nicht unterschreiben. Ich hatte Kommilitonen, die bestimmte Themen definitiv nicht verstanden hatten, aber vielleicht durch Auswendiglernen in bestimmen Klausuren durchaus gute Noten schrieben. Oder Totalausfälle, die aus Mitleid die 4,0 bekommen haben. Aber auch Studenten, die so gut waren, dass die 1,0 eigentlich noch zu schlecht war. Auch ich selbst habe viele Dinge erst in der Anwendung im Unternehmen verstanden. Eine Note ist ein sehr simplifiziertes Maß, aber natürlich auch ein einfach zu verwendendes.
Meine Grundaussage ist dabei einfach: Als Bewerber hat man keine Chance festzustellen, was für ein Typ Mensch als Erster die Unterlagen liest, wer im Bewerbungsprozess beteiligt sein wird und wer am Ende über die Bewerbung entscheidet. Ich kann sicherlich einiges über das Unternehmen herausfinden, über die Branche und über die fachlichen Termini. Aber die Personen werden in der Regel nicht in den Veröffentlichungen der Unternehmen auftauchen. Noch viel weniger die echten Kriterien für Bewerber - schon aus rechtlichen Gründen. Daher ist die Forderung "Macht es doch einfach so, wie ich sage" nur gültig für Bewerbungen, die in
deiner Firma durch
deine Hände gehen und haben in der Regel keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit.