Bundesregierung will SoldatInnen im Inland einsetzen

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smacked2

Commodore
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Im allgemeinen Hype um die Krise der Hochfinanz geht in den letzten Tagen eine besonders brisante Entwicklung fast schon unter:

Die Große Koalition will noch in dieser Wahlperiode das Grundgesetz ändern um Militäreinsätze auf deutschen Strassen zu ermöglichen.

Quelle: http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/militaer-soll-polizei-ergaenzen/

Hierbei soll es primär um den vielbeschworenen "Anti-Terror-Kampf" gehen und die Polizei sowie Geheimdienste bei diesem unterstützt werden. Die Bundeswehr soll allerdings auch eigenmächtig operieren können. Während die Opposition pflichtgemäß bzw. ehrlich betroffen aufschreit scheint in der Großen Koalition schon Einigkeit zu herrschen und die Änderung des Grundgesetztes soll wohl möglichst schnell in die Tat umgesetzt werden. Konkret soll im Grundgesetz Artikel 35 folgender Satz hinzugefügt werden:

"Reichen zur Abwehr eines besonders schweren Unglücksfalles polizeiliche Mittel nicht aus, so kann die Bundesregierung den Einsatz der Streitkräfte mit militärischen Mitteln anordnen."

Damit wird nach der Zusammenlegung von Polizei und Geheimdiensten und der Amtshilfe von SoldatInnen rund um den G8 Gipfel in Heiligendamm ein weiterer Schritt Richtung Militarisierung des Inlandes gemacht.

Ist der Einsatz von SoldatInnen auf deutschen Straßen notwendig um BundesbürgerInnen vor der Terrorgefahr zu schützen?

Lassen Sich TerroristInnen überhaupt durch mögliche Militärpräsenz von ihren Vorhaben abbringen?

Machen uns diese Maßnahmen aus dem Bundesinnenministerium sicherer oder sind sie statt dessen ein weiterer Schritt zurück in die deutsche Vergangenheit, Stichwort: Lehren aus dem Faschismus?

Darüber würde ich hier gerne mit euch diskutieren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Frage ist natürlich was ein "besonders schwerer Unglücksfall" ist und wer dies definiert. Im Rahmen der Amtshilfe waren Einsätze der Bundeswehr ja schon immer möglich (Oderflut, G8-Gipfel, etc.)

Mir ist jetzt nicht bekannt welche Szenarien als Begründung für diese Entscheidung herhalten müssen. Der bis jetzt bekannte Terrorismus fordert eher die Geheimdienste als eine Kompanie Panzergrenadiere. Ich kann mir allerdings gut vorstellen, dass dieses Gesetz, über Umwege, den Abschuß entführter Flugzeuge legitimieren könnte

Eine Militarisierung des Inlandes sehe ich dennoch nicht und schon garnicht (gähn) eine Rückkehr in den Faschismus. :rolleyes:

MFG
 
Ich habe sowas schon geahnt.

Ich vermute es wird bei den zu erwartenden Aufstaenden der Bevoelkerung zum Tragen kommen, um die Meute zu 'beruhigen'.

Ich hoffe jetzt wird auch dem letzten Romantiker klar, fuer (bzw. gegen) was die Anti-Terrorgesetze der Vergangenheit verabschiedet wurden. Naemlich primaer gegen den Buerger. War doch bei Hitler das selbe: Man hat die Gefahr der boesen Juden beschworen, ein extrem-Regime fuer und dagegen aufgebaut, und am Ende die eigene Bevoelkerung drangsaliert.

Ich sehe Schwaerzer als Schwarz fuer die Zukunft.



greetz
 
Leute, ich weiss ja, dass Hitler-, Nazi-, Faschismusvergleiche noch immer im Trend liegen aber ein klein wenig mehr Objektivität wär schon klasse.

Ich kann mich z. B. nicht daran erinnern, dass Juden in Deutschland in den 30igern und 40igern irgendwelche Züge und Wolkenkratzer weggesprengt hätten.

Auch ein Vergleich mit den extrem militarisierten ehemaligen Staaten des Warschauer Paktes, um mal diese Seite zu benennen, ist hier nicht schlüssig, wenn auch näherliegender als die oft zitierte Nazizeit.

Also vielleicht etwas weniger Schwarz und dafür mehr Grau sehen. ;)

MFG
 
smacked2 schrieb:
Ist der Einsatz von SoldatInnen auf deutschen Straßen notwendig um BundesbürgerInnen vor der Terrorgefahr zu schützen?

Lassen Sich TerroristInnen überhaupt durch mögliche Militärpräsenz von ihren Vorhaben abbringen?
Polemik, Polemik, Polemik! Aber wir sind es hier nicht anders gewohnt.

Der Artikel 35 GG lautet im Moment:
(1) Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich gegenseitig Rechts- und Amtshilfe.

(2) Zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung kann ein Land in Fällen von besonderer Bedeutung Kräfte und Einrichtungen des Bundesgrenzschutzes zur Unterstützung seiner Polizei anfordern, wenn die Polizei ohne diese Unterstützung eine Aufgabe nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten erfüllen könnte.

Zur Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall kann ein Land Polizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen sowie des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte anfordern.

(3) Gefährdet die Naturkatastrophe oder der Unglücksfall das Gebiet mehr als eines Landes, so kann die Bundesregierung, soweit es zur wirksamen Bekämpfung erforderlich ist, den Landesregierungen die Weisung erteilen, Polizeikräfte anderen Ländern zur Verfügung zu stellen, sowie Einheiten des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte zur Unterstützung der Polizeikräfte einsetzen.

Maßnahmen der Bundesregierung nach Satz 1 sind jederzeit auf Verlangen des Bundesrates, im übrigen unverzüglich nach Beseitigung der Gefahr aufzuheben.

Hinzu kommen soll folgender Satz:
Reichen zur Abwehr eines besonders schweren Unglücksfalles polizeiliche Mittel nicht aus, so kann die Bundesregierung den Einsatz der Streitkräfte mit militärischen Mitteln anordnen.
Da steht nichts von Soldaten, die auf deutschen Straßen patrollieren oder militärische Stärke zeigen, so wie Du es darstellst. Es geht klar umrissen um Gefährdungen aufgrund von Naturkatastrophen und Unglücksfällen (z. B. Oder-Hochwasser, Reaktorunfall usw.).

Es geht mir ziemlich auf den Wecker, dass Sachverhalte hier immer wieder verzerrt dargestellt werden. Erst wenn man sich darüber einig ist, kann man in einem zweiten Schritt darüber diskutieren, ob z. B. ein "Missbrauch" im Rahmen der Terrorbekämpfung denkbar wäre.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hier sagt man noch, dass damit anscheinend Terroranschläge bekämpft werden sollen. Da zog sich mir eine Augenbraue hoch, denn unsere Bundeswehr ist immer noch eine Armee und keine hochflexible Spezialeinheit. Ich halte unsere Grenzschutzeinheit 9 (ist Teil der Bundespolizei) hierbei für ausreichend, zumal ausdrücklich betont wurde, dass nicht Leben gegen Leben abgewogen werden darf. Gemeint ist damit der oft diskutierte Fall, wenn Terroristen ein Flugzeug kapern und damit auf ein AKW oder ein anderes Ziel zufliegen und unsere Tornadopiloten dann den Abschlussbefehl kriegen dürfen oder nicht.

Ich halte das alles für graue Theorie. Im Zweifelsfall werden unsere Entscheidungsträger wenige Minuten haben und müssen unter diesem Streß dann eben doch abwägen, ob ein Abschuss nicht doch gerechtfertigt ist. Schließlich lautet ein vulkanisches Sprichwort: Das Wohl Vieler überwiegt das Wohl Weniger.
 
Zuletzt bearbeitet: ($cow hat seinen 35er schneller gepostet ;))
e-ding schrieb:
Leute, ich weiss ja, dass Hitler-, Nazi-, Faschismusvergleiche noch immer im Trend liegen aber ein klein wenig mehr Objektivität wär schon klasse.

Ich kann mich z. B. nicht daran erinnern, dass Juden in Deutschland in den 30igern und 40igern irgendwelche Züge und Wolkenkratzer weggesprengt hätten.

Richtig - Das haben sie nicht. Aber kam in den Propagandamedien nicht genau das, dass sie das und das veruebt haetten? Ich mein ich weiss es nicht, aber ich bin mir sicher, die Propaganda hat voll auf die Juden eingeschlagen.

Und man mag davon halten was man will: Ich glaube den offiziellen Aussagen kein Wort.

Evtl. war es ja wirklich ein Inside Job? Wer weiss das schon ausser die, dies wissen muessen/duerfen?

Von daher ist das nicht abzuwiegeln.



greetz
 
@keshkau: Bei Hochwasser konnte die BW bis jetzt nicht eingesetzt werden?

"Militärische Mittel" ist schon ein recht eindeutiger Begriff: reicht die Feuerkraft der Polizei nicht aus, dürfte die BW ran. Grundsätzlich wäre so auch der Abschuß einer Passagiermaschine legitimiert, sofern irgendwer postuliert, dass von dieser eine Gefahr ausgeht.

Nach der Bayern-Wahl müsste man aber noch prüfen, wie die Verhältnisse im Bundesrat sind. Wenn ich mich nicht ganz irre, müssten hier auch 2/3 einer GG-Änderung zustimmen...
 
@keshkau: Bei Hochwasser konnte die BW bis jetzt nicht eingesetzt werden?
In dem Artikel, der von Odium verlinkt wurde, steht schon drin, dass die Bundeswehr mit "nicht-militärischen" Mitteln eingesetzt werden konnte, etwa beim Aufschichten von Sandsäcken.

Die erste Frage ist, an welche Mittel gedacht sind, die man bei der Bundeswehr hat, nicht aber bei der Polizei (abgesehen vom zusätzlichen Personal). Die zweite Frage ist, wie sinnvoll der Einsatz z. B. von Maschinengewehren, Granaten, Schützenpanzern oder Jagdflugzeugen überhaupt sein kann, wenn man an Einsätze gegen Terroristen denkt. Ich halte die Möglichkeiten für sehr begrenzt.
 
Bis zu leichten gepanzerten Fahrzeugen mit Maschinengewehr kann die Bundespolizei alles abdecken.

Der Abschuß von Flugzeugen fällt hier eher in ein mögliches Szenario. Für wahrscheinlicher halte ich aber ein Zurückgreifen auf Kapazitäten des MAD oder Fernmeldeeinheiten zur Informations- und Nachrichtengewinnung.

Leider geistert hier wohl eher das Bild von schießenden, knüppelnden Soldaten durch die Gegend.
Schade!

MFG
 
Ich dednke, man sucht einfach nach Legitimationsgründen, nach neuen Einsatszwecken der Bundeswehr. Ansonsten könnte man ja doch noch mal auf den Gedanken kommen und sich fragen, warum wir so ein großes stehendes Heer brauchen... :rolleyes:
 
e-ding schrieb:
Sorry, aber das ist kein Diskussionsniveau!
So ist es. Statt hier über den möglichen Nutzen oder Schaden der GG-Erweiterung zu diskutieren, wird einfach mal so das Szenario von Bundeswehr-"Menschenjagden" ins Spiel gebracht ("alles niederballern"). Die Begründung dafür lautet: "Das wird so kommen, weil es so kommen muss."

Das Unterforum "Politik und Gesellschaft" hat schon lange nicht mehr ein solch unterirdisches Niveau erlebt wie in letzter Zeit. Normalerweise wird hier aufgrund von nachprüfbaren Fakten argumentiert, nicht auf der Basis von wilden Vermutungen, unbewiesenen Anschuldigungen oder mit dem Verweis auf Verschwörungstheorien.

Ich hoffe, wir kommen irgendwann wieder zur gewohnten Qualität zurück.
 
Diotissima: Primäraufgabe jeder Armee ist die Abschreckung und damit ist die Bundeswehr auch heute noch legitimiert - NATO hin oder her.
 
@ Odium:

Die Zeiten ändern sich. Die Frage nach einer europäischen Armee wird immer lauter, Nationalarmeen bringen nichts mehr.
Die eigentlich Frage stellt sich immer noch: Ist die Größe dre Bundeswehr gerechtfertigt und notwendig im aktuellen Rahmen? Das wird ja immer wieder im Bundestag diskutiert.

Die nächste Frage ist: Wofür braucht man 200-300.000 Mann?

Und da kommt dieser Inlandseinsatz doch gerade recht als Rechtfertigung.
 
Ich bitte alle DiskussionsteilnehmerInnen um einen sachlicheren Umgangston!

@keshkau: Ich habe lediglich 2 Fragen in den Raum gestellt, ich weiss nicht was daran polemisch sein soll.
 
Der Zivildienst muss häufig dafür herhalten, dass durch ihn die Wehrpflicht gehalten werden kann. 77% des BW-Personals besteht aus ihnen (laut Wiki) und wie häufig mag so ein Inlandseinsatz wohl sein?
Die offiziellen Einsätze unserer Spezialeinheiten (im Inland) lassen sich problemlos an einer Hand abzählen.
Ich weiß wirklich nicht, wieso unsere Regierung der BW jetzt mehr Macht verleihen will, aber Rechtfertigung für ihre Existenz ist es sicher nicht.
Möglicherweise liegt es auch daran, dass wir endlich den 2. Weltkrieg hinter uns gelassen haben und unsere Politiker eingesehen haben, dass der Verzicht auf die militärischen Streitkräfte Ressourcenverschwendung darstellt. Man hat bislang darauf verzichtet, weil man Angst vor dem hatte, was unsere Ur-Opas noch erlebt haben. Nur eine Spekulation.
 
@Diotissima

Wenn man die Zahl hört, wirkt sie erstmal groß. Im internationalen Vergleich sieht es da schon etwas anders aus.

Die primäre Aufgabe der Bundeswehr ist noch immer die Landesverteidigung. Dazu kommt der Bündnisbeistand (Nato). Auch hier sind Anforderungen hinsichtlich der Größe und Ausrüstung definiert.

Wir können uns gern über die, noch immer auf den taktischen Doktrin des Kalten Krieges basierte Struktur und Ausbildung der BW untehalten, ist aber bei diesem Thema irrelevant. Hier geht es nicht um die Größe oder Struktur der Bundeswehr, sondern um das Pro und Contra ihres erweiterten Handlungsspielraums.

MFG
 
@ e-ding:

Das ist mir alles klar. Das ist aber nicht das, was ich unbedingt kritisiere. Oder um doch nochmal "Odium" zu widersprechen:

Für mich riecht die Ausweitung der Aufgaben der BW eindeutig nach Existenzberechtigungs-Suche.
 
Zuletzt bearbeitet:
smacked2 schrieb:
Ich habe lediglich 2 Fragen in den Raum gestellt, ich weiss nicht was daran polemisch sein soll.
Die Polemik besteht darin, dass Du suggerierst, nach der Erweiterung des Grundgesetzes könnten überall bewaffnete Soldaten durch die Fußgängerzone laufen oder Panzer auf den Straßenkreuzungen stehen. Damit wird gleich einmal Schwarzmalerei betrieben, der gleichzeitig jede Grundlage fehlt. Wenn man sich den Wortlaut der GG-Ergänzung durchliest, dann ist der BW-Einsatz an drei Bedingungen geknüpft, die erst einmal erfüllt sein müssen.

- Abwehr eines besonders schweren Unglücksfalls
- nicht ausreichende polizeiliche Mittel
- Anordnung der Bundesregierung

Man kann und muss aber darüber diskutieren, welche "Einsatzgebiete" mit welcher Begründung damit abgedeckt werden sollen.
 
Diotissima schrieb:
Für mich riecht die Ausweitung der Aufgaben der BW eindeutig nach Existenzberechtigungs-Suche.

Die Existenzberechtigung hat sie m.E. ja durch die definierten Aufgaben.
Ich sehe diese Existenzberechtigung nicht unbedingt in der Anzahl von Einsätzen sondern der potenziellen Möglichkeit aktiv zu werden.

Einen Airbag bezahle ich auch und mir ist definitiv lieber, er bleibt im Lenkrad.

Auch eine inaktive Armee erfüllt einen Zweck und hat damit eine Existenzberechtigung.


MFG
 
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