News Bundestagswahl 2017: Social Bots als Gefahr für Meinungsbildung

@MP.X
Absolut richtig, dass es durchaus unterschiede zur Zensur und Hausrecht gibt.
Es ist schon sehr gut abgedeckt im Gesetz ab wann das verbreiten von Meinungen/Kommentaren eine Straftat beinhaltet, Volksverhetzung, Aufruf zu Gewalt, usw. (ihr wisst was ich meine) und selbst wenn diese Kriterien erfüllt werden sollte sich jeder bei einem fairen Gerichtsprozess verteidigen dürfen und von Fall zu Fall einzeln entschieden werden.

Ein Hausrecht sehe ich persönlich als sehr sinnvoll an, weil es Diskussionen in eine bestimmte Richtung leiten kann und somit ein gewisses Niveau aufrechterhalten werden kann, da Störer durch Sanktionen in Zaum gehalten werden können und somit ein negativ Image vermieden werden kann.

Wenn aber per Gesetz die Betreiber dazu verpflichtet werden bestimmte Inhalte nicht zu erlauben die auf Kritik oder öffentlicher Unmut der Regierung, BRD oder sonst was beruhen, dann kann man diskutieren soviel wie man möchte es bleibt Zensur.

Zurück zum Thema.
Ein Social Bot vermag vermutlich für eine Lenkung der Meinungen sorgen aber sicherlich nicht mehr als die anderen Medien auch.
Aber letzten Endes hat doch jeder ein Recht sich seine Meinung bilden zu dürfen egal über welchen Quellen.

Ich vermute es werden jetzt schon Ausreden gesucht worauf man das kommende Bundestagswahlergebnis begründen will.
Es wird irgendwie gerade alles als "Wahlbeeinflussung" angesehen. Irgendwie witzig aber andererseits beunruhigende Entwicklung.
 
Mustis schrieb:
Was sollen den solche Suggestivfragen eines CB Moderators?
Das sind keine Suggestivfragen, ich verstehe es tatsächlich nicht. Diese Ansicht ist nur so weit weg von meinen eigenen, dass ich da einfacgh nachfragen muss, weil ich das so nicht nachvollziehen kann.


Mustis schrieb:
Natürlich würde ihn das vermutlich stören, es hätte a) dennoch nichts mit Zensur zu tun sondern die Grundlage dazu wäre das Hausrecht CBs und b) wäre es dennoch das gutes Recht von CB genau das zu tun.
Habe ich doch oben schon erläutert, dass mir das bewusst ist. Natürlich wäre es das Hausrecht von CB - genau wie es das Hausrecht von Twitter ist, willkürlich Accounts zu sperren. Gutheißen muss man das aber trotzdem nicht, nur weil es erlaubt ist, oder?


Mustis schrieb:
Und eigentlich ist ganz klar worauf er hinaus will: Es ist oft direkt störend und einer Diskussion wenig förderlich, wenn ein jeder seine Meinung einfach unreflektiert einbringt, selbst dann, wenn sie nachweislich gegen jedwede Fakten sprechen. In einem Thema über den Erdradius ist es sicherlich total toll, wenn jemand daher kommt und wieder aller Beweise permanent bestreitet, die Erde sei eine Kugel.
Wenn alle Themenbereiche so einfach zu diskutieren wären wie die simple Vermessung eines gemoetrischen Körpers, hätten wir viele Probleme gar nicht. Aber auch nochmal an dich die Frage: Wer ist denn dann die Kontrollinstanz, die über "entspricht Fakten oder nicht" und damit über das Recht entscheidet, an einer Diskussion teilnehmen zu dürfen?

Die Grenze von Twitter mit der scheinbar willkürlich gesetzten Grenze von 200 Tweets erscheint mir dafür z.B. denkbar ungeeignet.

edit:
Corros1on schrieb:
Ich vermute es werden jetzt schon Ausreden gesucht worauf man das kommende Bundestagswahlergebnis begründen will.
Es wird irgendwie gerade alles als "Wahlbeeinflussung" angesehen. Irgendwie witzig aber andererseits beunruhigende Entwicklung.
Du bist zu spät dran, der BND ist schon am Start:
ZEIT Online: BND-Chef warnt vor Störaktionen aus Russland

Und spätestens jetzt kann man froh sein, dass die Geschichte mit Wahlautomaten in Deutschland damals so geendet ist und nicht anders. Dann beschränkt sich die Diskussion hoffentlich weitestgehend auf (soziale) Medien.
 
Zuletzt bearbeitet:
Solange strafrechtlich nicht betroffen ist die Kontrollinstanz immer der Plattformbetreiber. Deswegen ist in Zusammenhang mit Social Bots auch eine wissenschaftliche Untersuchung zu deren Auswirkungen wichtig um darauf basierend Richtlinien und/oder Gesetze zu formulieren, um negative Aspekte zu mildern oder zu verhindern. Wie schon einmal erwähnt ist Löschung nur ein Mittel von vielen und auch eher ein Ultima Ratio, das es zu umgehen gilt. So könnte auch eine verpflichtende Kennzeichnung durch den Seitenbetreiber Vorschrift werden, so dass jeder sieht, das ist ein Bot mit automatisch generierten Tweets/Nachrichten. Der Staat soll ja nicht zensieren, aber er kann und soll Richtlinien und Gesetze erlassen und er hat definitiv auch einen Schutzauftrag gegenüber seinen Bürgern. Also auch Schutz vor Manipulation z.B.

PS: Wenn du das so meinst, okay. Die Frage ist aber eine klassische Suggestivfrage. Daher mein Post.
 
Mustis schrieb:
Was sollen den solche Suggestivfragen eines CB Moderators?

[...] Und Es ist oft direkt störend und einer Diskussion wenig förderlich, wenn ein jeder seine Meinung einfach unreflektiert einbringt, selbst dann, wenn sie nachweislich gegen jedwede Fakten sprechen.

Nummer eins: Suggestivfragen sind vor Gericht ein Problem. Hier ist es je nach Lesart eine rethorische oder eine geschlossene Frage.

Nummer zwei: Gegen unreflektierte Beiträge hilft nur nachdenken -> Posten, keine Gesetze. Ansonsten forder der nächste "erst denken sonst verboten" bis der Betroffene seine Meinung an den Einforderer angepasst hat. "Zensur" live, Widerstand zwecklos, wer widerspricht ist dumm oder unreflektiert - sofort verbieten. Wenn Dummheit so einfach zu verbieten wäre...

Nach der Wahl von Trump gab es einige treffende Analysen davon, was Medien, Aktivisten und Parteien falsch gemacht haben. Das ist komplett zur Seite geschoben worden zugunsten von "Fakenews", "SocialBots", "Manipulation von aussen!" und "Trolle!".
Realitätsverweigerung live.
Als wären es nur die "Fake News" die Trump eine Plattform geboten hätten und nicht täglich dieses Gesicht in sämtlichen Onlinemedien ganz oben zu sehen gewesen ist.
Oder dass Russland alleine die Meinungen manipuliert und es Zeit wäre, ein Zeitalter des postfaktischen auszurufen. Als wäre das nicht schon durch den Vorwand für den ersten und zweiten Golfkrieg ausgebrochen.
 
Eine rhetorische Frage ist eine rhetorische Frage und eine Suggestiv- eine Suggestivfrage. 2 Paar Schuhe und das nicht nur vor Gericht. Es sind definierte Techniken der Sprachführung. Und eine geschlossene Frage ist jede, die man nur mit ja oder nein beantworten kann...

Es ging auch nicht um unreflektierte Beiträge, zumindest nicht in dem Teil, wo ich von Gesetzen und Richtlinien sprach, sondern es ging um Social Bots. Bei deinem Zitat sprach ich lediglich über das Hausrecht bzw. was Calluna (meiner Meinung nach) meinte. Um Verbote auf gesetzlicher Basis hab ich mich dabei nirgends bezogen oder dafür ausgesprochen.
 
B.XP schrieb:
Ich mein, du sprichst davon, dass nicht alles was geäußert wird tatsächlich eine Meinung ist. Nur was denn sonst?

Das folgende Zitat finde ich zutreffend:

Wikipedia_Meinung schrieb:
Nach einer verbreiteten philosophischen Begriffsverwendung ist das Meinen ein Fürwahrhalten, dem sowohl subjektiv als auch objektiv eine hinreichende Begründung fehlt. Dadurch unterscheidet sich das Meinen vom Glauben und vom Wissen.

Wovon kann man demnach sinnvollerweise eine Meinung haben, ohne eine Meinung nur deswegen zu haben, weil es einem an Wissen mangelt oder an Unkenntnis der Diskurse zu einem Thema, an denen man sich beteiligen könnte?

Worum es mir geht ist das Folgende: wenn ich bei Spektrum der Wissenschaft einen Kommentar verfasse, dann wird dieser vorher geprüft, bevor er öffentlich ist, z.B. auf Sachlichkeit. Ohne so ein System finden sich schnell Kommentare von Personen, welche die Evolutionstheorie anzweifeln, die Relativitätstheorie - ohne dafür irgendwie überzeugend argumentieren zu können. Es gibt einfach immer Menschen, die meinen, ohne irgendwelche Vorbildung und Anstrengung sich eine Meinung bilden und mitreden zu können. Es kann immer passieren, dass sich jemand irrt, aber das lässt sich nur feststellen, wenn sich jemand auch einer rationalen Diskussion stellt.

(Mir ist bewusst, dass so ein System bei wissenschaftlichen Themen etwas einfacher ist als bei politischen. Dennoch muss es nicht sein, dass unter einem Artikel steht, der von einem abgeschossenem Linienflugzeug über der Ukraine handelt und den Ergebnissen der zweijährigen Untersuchung, dass das alles nur westliche Propaganda wäre - und dass in unzähligen Kommentaren, ohne Begründungen. Ich sehe das wie Mustis, es gibt da nicht nur Rechte, es gibt auch Pflichten.)

Gute Kommentare gehen meist schnell in der Kakophonie, die sich ohne Moderation und gewisse Qualitätsstandards ergibt, unter.

Heutzutage landet das, was früher lediglich in kleiner Runde am Stammtisch besprochen wurde, als Kommentar unter gut recherchierten Artikeln auf egal welcher Plattform. Ich behaupte nicht, dass jeder meiner Kommentare es Wert ist veröffentlicht zu werden.

B.XP schrieb:
Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist im Grundgesetz tief verankert. Jeder hat eine subjektive Meinung. Und die wird im Zugestanden. Ebenso diese Meinung frei kundtun. Das ist ein wichtiger Teil der Demokratie. Wohin das führt, wenn nur noch wenige Meinungen es "wert" sind veröffentlicht zu werden sieht man derzeit sehr plakativ in der Türkei.

Interessant, wie du versuchst, meine Einstellung zu diesem Thema zu entwerten, indem du solche Vergleiche wie dem mit der Türkei ziehst - obwohl das Problem in der Türkei eher darin besteht, dass Intellektuelle und kritisch denkende Menschen mundtot gemacht werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
DrToxic schrieb:
Wenn alle Themenbereiche so einfach zu diskutieren wären wie die simple Vermessung eines gemoetrischen Körpers, hätten wir viele Probleme gar nicht. Aber auch nochmal an dich die Frage: Wer ist denn dann die Kontrollinstanz, die über "entspricht Fakten oder nicht" und damit über das Recht entscheidet, an einer Diskussion teilnehmen zu dürfen?
Wenn ich hier noch ein paar ergänzende Gedanken beitragen dürfte....

Ich denke worauf Mustis hinaus möchte ist ersichtlich, auch ohne sich allzu stark am Beispiel des geometrischen Körpers aufzuhalten. Diese Kontrollinstanz in altehrwürdigen Zeiten einer Prä-Internetära war zu aller erst einmal die Gemeinschaft bzw. der Begriff der herrschenden Meinung. Das ist zwar eher ein Begriff aus den Rechtswissenschaften beschreibt aber den Punkt in meinen Augen dennoch sehr gut. Bei offenen Fragen, Themengebieten die sich nicht abschließend mit Ja oder Nein beantworten lassen, hat sich der Konsens der mehrheitlichen Ansichten als Standard etabliert.

Auf einer anonymen Diskussionsplattform, ob es nun CB oder welches Forum auch immer sein sollte, gerät die Meinung, also auch die offensichtlich falsche "Die Erde ist flach", "Die Politiker sind alles Marionetten der Wirtschaft" etc pp. ganz gleich wie hanebüchen sie sein sollte, zum unumstößlichen Fakt des Autors. Trotz Hinweisen, Beweisen oder Antithesen gibt es keine Gewissheit, dass er seinen Irrtum einsieht geschweige denn nicht weiterverbreitet. Das Internet bietet zu jeder These genügend "Quellen" um sich in seiner Meinung bestätigt zu sehen und dabei genügt oft allein der Link zur Quelle als Beweis der Seriosität. "Es steht im Internet geschrieben, also muss es wahr sein".

Und hier liegt das Problem: Wenn aus einem "Ich denke, es gibt viele Politiker die korrupt sind" ein "Alle Politiker sind korrupt" wird und man dies nur oft genug wiederholt, ist dies für jedes Diskussion tödlich. Denn entweder lässt man die ständigen Zwischenrufe zu und riskiert, dass das Niveau der Debatte in populistische abgleitet oder man beschäftigt sich mit den "Störern" und verheddert sich im Kleinklein der Basics, die es zu klären gilt um auf einem gemeinsamen Verständnisniveau weiter machen zu können. So oder so, gerät die Diskussion ins Stocken oder verliert sich in Gänze.

Und da setzt die Kritik an Social Bots an. Social Bots täuschen die Illusion einer etablierten Meinung vor, in dem - durch die Anonymität des Internets - nicht mehr zweifelsfrei festzustellen ist, ob hier ein Algorithmus Meinungsmache betreibt oder ein Individuum seine Meinung verbreitet. Hier wird aus Quantität Qualität generiert und am einfachsten geschieht kann das mit Populismus umgesetzt werden. Je größer und komplexer das Problem, desto einfacher die Lösung. Und das ist schlicht nicht möglich.

Und ja, daher befürworte ich in sehr engen Grenzen, eine Eindämmung allzu populistischer Diskussionen. Und hier steht einfach der US-Wahlkampf Pate, denn der Begriff postfaktisch erklärt sehr schön, womit wir es in den nächsten Jahren zu tun haben werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Einerseits gibt es das Hausrecht was der Betreiber gerne durchsetzen möchte. Auf der anderen Seite gibt es die Meinungsfreiheit die über das GG geschützt wird.
Der Betreiber ist hoffentlich bestrebt einen Gleichgewicht zwischen Hausrecht und freie Meinung zu finden, da sich das geschriebene Wort nicht anhand einer Formel beurteilt werden kann und jedes mal von Fall zu Fall unterschieden werden sollte. Leider sind Facebook und Co. zu groß und unübersichtlich geworden, dass eine flächendeckende Überprüfung des Hausrechts und freien Meinung nur unter großen Aufwand und Personal möglich ist, da können schon mal schnell welche durch das Raster fallen.
Nun mein der Gesetzgeber mitmischen zu wollen, was in Anbetracht der aktuellen Lage hier in D zu einem Pulverfass entwickeln und sehr gefährlich werden kann.
Momentan machen sich die meisten noch über die Sozialen Medien Luft über ihren Unmut alles noch Virtuell der kann sich durch das großflächige Löschen oder zu starken eingreifen der staatlichen Organe in reale Gewalt umschlagen.

Idioten (Entschuldigung für den Ausdruck) und anders denkende gab und gibt es schon immer und das gesülzte von denen werden auch nicht durch sämtliche Maßnahmen komplett verschwinden.
Es ist immer noch die Entscheidung von jedem, die Informationen selber zu beurteilen zu dürfen und nach eigenem ermessen reagieren.
 
Corros1on schrieb:
Einerseits gibt es das Hausrecht was der Betreiber gerne durchsetzen möchte. Auf der anderen Seite gibt es die Meinungsfreiheit die über das GG geschützt wird.
Dazu passend hatte ich vor einiger Zeit mal einen Comicstrip zu Thema gelesen. Ja, du hast das Recht deine Meinung in Wort und Schrift jederzeit zu äußern. Tust es in meinem Haus und ich bitte dich erfolglos damit aufzuhören, dann zeige ich dir die Tür.

Corros1on schrieb:
Der Betreiber ist hoffentlich bestrebt einen Gleichgewicht zwischen Hausrecht und freie Meinung zu finden, da sich das geschriebene Wort nicht anhand einer Formel beurteilt werden kann und jedes mal von Fall zu Fall unterschieden werden sollte. Leider sind Facebook und Co. zu groß und unübersichtlich geworden, dass eine flächendeckende Überprüfung des Hausrechts und freien Meinung nur unter großen Aufwand und Personal möglich ist, da können schon mal schnell welche durch das Raster fallen.
Oder es scheitert bereits am Desinteresse des Forenbetreibers bzw. sozialen Netzwerkes überhaupt einzugreifen.

Corros1on schrieb:
Nun mein der Gesetzgeber mitmischen zu wollen, was in Anbetracht der aktuellen Lage hier in D zu einem Pulverfass entwickeln und sehr gefährlich werden kann.
Momentan machen sich die meisten noch über die Sozialen Medien Luft über ihren Unmut alles noch Virtuell der kann sich durch das großflächige Löschen oder zu starken eingreifen der staatlichen Organe in reale Gewalt umschlagen.
Und das machst du woran fest?
Und was bedeutet für dich "sich Luft verschaffen"? Ich gehe stark davon aus, dass wir hier grundlegend andere Dinge meinen. Wenn wir also die Lethargie betrachten, in die sich FB mit Hinweis auf die Herkunft als US Unternehmen bisher zurückgezogen hat, dann sehe ich schon Bedarf an gesetzlicher Normung. Hier holt das digitale Zeitalter mal wieder die analoge Rechtsprechung ein. Das StGB bzw. Gesetze im Allgemeinen kannten bis dato das Internet noch nicht in diesem Ausmaß ---> Stichwort Neuland.

Corros1on schrieb:
Idioten (Entschuldigung für den Ausdruck) und anders denkende gab und gibt es schon immer und das gesülzte von denen werden auch nicht durch sämtliche Maßnahmen komplett verschwinden.
In der guten alten Zeit, übernahm die Funktion" Idioten einzudämmen", die Gemeinschaft auf dem Dorfplatz. Schwadronierte der alte Jeremia mal wieder davon, dass der Büttel vom Teufel besessen war, durfte er bei der nächsten Versammlung ganz hinten stehen. Damit hat man Jeremia vielleicht noch vom Gegenteil überzeugen können, aber zumindest hat er die anderen nicht mehr mit seinen Thesen genervt bzw. konnte man endlich über den Ausbau der Dorfstraße reden.
 
calluna schrieb:
Worum es mir geht ist das Folgende: wenn ich bei Spektrum der Wissenschaft einen Kommentar verfasse, dann wird dieser vorher geprüft, bevor er öffentlich ist, z.B. auf Sachlichkeit. Ohne so ein System finden sich schnell Kommentare von Personen, welche die Evolutionstheorie anzweifeln, die Relativitätstheorie - ohne dafür irgendwie überzeugend argumentieren zu können. Es gibt einfach immer Menschen, die meinen, ohne irgendwelche Vorbildung und Anstrengung sich eine Meinung bilden und mitreden zu können. Es kann immer passieren, dass sich jemand irrt, aber das lässt sich nur feststellen, wenn sich jemand auch einer rationalen Diskussion stellt.

Das ist aus dieser Sicht auch alles andere als Verkehrt. Die Gefahr besteht eben, dass von der Moderation tatsächlich gut fundierte und recherchierte Kommentare nicht freigegeben werden, weil ihr Ansatz der Moderation schlicht nicht passt.
Gerade die Historie der Wissenschaft ist voll von Beispielen, bei denen dies passiert ist. Das prominenteste Beispiel dürfte wohl Galileo Galilei sein, dessen Bücher nicht nur von der Kirche als oberste Instanz der Deutungshoheit verboten wurden, sondern auch von den etablierten Wissenschaftlern seiner Zeit. Und das obwohl alles gut fundiert und beweisbar war.
Wer die gesellschaftliche Deutungshoheit erlangt hat, verliert diese ungern. Das tat weder die Kirche gern, noch tun es die Journalisten.

calluna schrieb:
(Mir ist bewusst, dass so ein System bei wissenschaftlichen Themen etwas einfacher ist als bei politischen. Dennoch muss es nicht sein, dass unter einem Artikel steht, der von einem abgeschossenem Linienflugzeug über der Ukraine handelt und den Ergebnissen der zweijährigen Untersuchung, dass das alles nur westliche Propaganda wäre - und dass in unzähligen Kommentaren, ohne Begründungen. Ich sehe das wie Mustis, es gibt da nicht nur Rechte, es gibt auch Pflichten.)

Der politische Kommentar hat eine weit zurückreichende Tradition, er gibt die Meinung eines Journalisten wieder und explizit nicht die Meinung der Redaktion. Ebenfalls ist die politische Rede auch nicht gerade eine Plattform für nachprüfbare Aussagen mit Quellenangaben. Obwohl hier meistens Mehrere kontrollieren, sind politische Reden nicht unbedingt die beste Informationsquelle, geschweige denn stets qualifiziert und Emotionslos.
Das fordert aber interessanterweise keiner ein. Nur, dass vor ein paar Jahren, besonders plakativ an besagtem abgeschossenen Flugzeug, große Teile der Medienlandschaft dazu übergegangen sind, die Thesen aus Kommentaren in Artikeln als gegebene Fakten darzustellen und sehr eindeutige Darstellungen zu wählen, was denn jetzt erwünschte und was unerwünschte Deutungen von Konflikten oder Themen sind. Der Punkt ist eben, dass Meinungen als gesicherte Gewissheit bzw. Wissen dargestellt wurden und werden - wenn die Nutzer Kommentare abgeben, unterliegen sie aber nicht einer gewissen journalistischen Sorgfaltspflicht. Wer von Kommentatoren tatsächlich journalistische Arbeit erwartet, der hat sie doch nicht mehr alle (Sorry an die, die sich angesprochen fühlen :) )

calluna schrieb:
Gute Kommentare gehen meist schnell in der Kakophonie, die sich ohne Moderation und gewisse Qualitätsstandards ergibt, unter.

Heutzutage landet das, was früher lediglich in kleiner Runde am Stammtisch besprochen wurde, als Kommentar unter gut recherchierten Artikeln auf egal welcher Plattform. Ich behaupte nicht, dass jeder meiner Kommentare es Wert ist veröffentlicht zu werden.

Aber woran machst du die Qualitätsstandards fest? Ich denke auch, dass jeder in sich gehen sollte, bevor er einen Kommentar verfasst und nochmal vor dem Absenden. Der durchschnittliche Ein- oder Zweizeiler erfüllt solche Kriterien selten. Im Gegenzug dazu gleicht ein staatlich verordnetes Verfahren dafür eben der Zensur, die laut GG nicht stattfindet.

Die aktuelle Kampagne seitens Politik als Stichwortgeber und Medien als Verstärker spricht Bände. FakeNews und SocialBots haben aber sicher nicht jeden Tag Trump auf die Startseite jedes Onlineportals gesetzt, und waren im ganzen US-Wahlkampf kein Thema, mit dem sich irgendein hiesiger Journalist beschäftigt hätte.

calluna schrieb:
Interessant, wie du versuchst, meine Einstellung zu diesem Thema zu entwerten, indem du solche Vergleiche wie dem mit der Türkei ziehst - obwohl das Problem in der Türkei eher darin besteht, dass Intellektuelle und kritisch denkende Menschen mundtot gemacht werden.

Ich hätte auch "China" schreiben können, aber da ist es der akzeptierte Zustand. Mein Hinweis mag zwar verkürzt sein, aber jetzt schau dir mal den Kontext an.

calluna schrieb:
Ich finde es auch nicht gut, dass durch das Internet jeder Mensch die Gelegenheit bekommt seine "Meinung" zu verbreiten, egal wie dumm sie ist!
Ich halte die Mehrheit der Leute für intelligent genug, eine Dummheit als solche zu erkennen. Ein guter Teil der Brexit-Befürworter war mit Sicherheit auch der Auffassung, es wäre keine sonderlich intelligente Wahl, aber man kann ja mal protestieren...

Vor dem Gesetz sind alle gleich (sollten sie zumindest sein), von daher gibt es keine "qualifizierten" und "unqualifizierten" Kommentare. Ich meine dass man an der Entwicklung der freien Meinungsäußerung in der Türkei sehr wohl sieht, wohin staatliche Bestrebungen zur Kommentar- und Meinungskontrolle führen. Und wie du bemerkt hast: Es werden Intellektuelle und kritische Menschen eingesperrt. Weil sie sich nicht der Qualität "fördert das Ansehen des Präsidenten" bzw. "fördert das Ansehen der Nation" oder ähnlichem Schund unterworfen haben oder dies wollen. Oder ein Blick zurück in die Geschichte Deutschlands: Im Zweifelsfall kann man jedes unpolitische Kinderbuch immer noch als "faschistische/kommunistische Propaganda" einstufen.
 
B.XP schrieb:
Aber woran machst du die Qualitätsstandards fest?

Das weiß ich nicht. In Bezug auf Wissenschaft gibt es heutzutage akzeptierte Standards, die ich passend finde. Bei anderen Themen könnte es Sachlichkeit sein, keine offensichtlich unwahren Behauptungen, keine Beleidigungen - du hast Recht, Filter, egal welcher Art, beinhalten immer auch ein Risiko. Keine zu verwenden allerdings auch.

Dein Kommentar hat mir gefallen, ich muss darüber noch einmal nachdenken.
 
Zuletzt bearbeitet:
calluna schrieb:
Das weiß ich nicht. In Bezug auf Wissenschaft gibt es heutzutage akzeptierte Standards, die ich passend finde. Bei anderen Themen könnte es Sachlichkeit sein, keine offensichtlich unwahren Behauptungen, keine Beleidigungen - du hast Recht, Filter, egal welcher Art, beinhalten immer auch ein Risiko. Keine zu verwenden allerdings auch.

Der entscheidende Unterschied ist doch, dass die wissenschaftlichen Prinzipien auf Theorie, experimentellem Beweis und Reproduzierbarkeit beruhen. Genau genommen disqualifiziert sich die Homöopathie schon dadurch, aber das wäre eigentlich ein anderes Fass. Aber genau darin zeigt sich auch die Grenze der Methodik: Sie lässt sich auf Meinungen, Emotionen und Empfindungen nicht anwenden.
Was für den einen komplett logisch, einleuchtend oder trivial erscheint, wirkt für den anderen komplett Weltfremd. Das hat nicht nur mit persönlichem Empfinden zu tun, sondern auch mit dem sehr unterschiedlich ausgeprägten Allgemeinwissen und Spezialwissen. Wenn jeder kommentieren kann, zeigt sich ein sehr breites Spektrum davon. Und was halt auch auffällt, ist nicht nur dass die Leute sich gegenseitig "Unwissen" vorwerfen, sondern teilweise entweder nicht gewillt sind sich in andere hinein zu versetzen oder Zeit zu investieren zu lernen und Wissen aufzunehmen. Der Erkenntnis- und Bewertungsstand ist damit sehr unterschiedlich.

Dass hier der ein oder andere Schund dabei ist, ist doch kein Risiko, sondern ein Zeichen einer lebendigen pluralistischen Diskussionskultur. Es ist das, was auf der politischen Ebene zu fehlen scheint. Wichtig an der Stelle ist die Bandbreite, nicht darauf zu hören welche am öftesten und welche am lautesten kund getan wird. Anstelle sich auf eine Seite zu schlagen, könnten Moderation, Medien und Politik hier tatsächlich besser einen Konsens ermitteln, der den Lebenswirklichkeiten gerecht wird.
Das geschieht aber nicht, es ist "Wir gegen Sie" und auf einmal finden sich die Medien und die politische Elite in einem Lager wieder(wo doch die Medien die Politik kontrollieren sollten und sich selbst als vierte Gewalt auf einmal einer quasi-demokratischen Kontrolle ausgesetzt sehen...damit wäre der demokratische Zirkel eigentlich erst komplett).
Wenn der reale Sozialismus im 20. Jhr. eins gezeigt hat, dann ist es nicht nur "die Gedanken sind frei" sondern auch, dass sie immer einen Weg finden. Ob man die Stimmung sieht oder ob man sie verdeckt - sie ist immer noch da. Deswegen ist die nächste Stufe nach der Zensur die (direkte oder indirekte) Repression.

@foofoobar: Es gibt mehr als Schwarz und Weiß auf der Welt...
 
B.XP schrieb:
. Aber genau darin zeigt sich auch die Grenze der Methodik: Sie lässt sich auf Meinungen, Emotionen und Empfindungen nicht anwenden.
Was für den einen komplett logisch, einleuchtend oder trivial erscheint, wirkt für den anderen komplett Weltfremd. Das hat nicht nur mit persönlichem Empfinden zu tun, sondern auch mit dem sehr unterschiedlich ausgeprägten Allgemeinwissen und Spezialwissen. Wenn jeder kommentieren kann, zeigt sich ein sehr breites Spektrum davon. Und was halt auch auffällt, ist nicht nur dass die Leute sich gegenseitig "Unwissen" vorwerfen, sondern teilweise entweder nicht gewillt sind sich in andere hinein zu versetzen oder Zeit zu investieren zu lernen und Wissen aufzunehmen. Der Erkenntnis- und Bewertungsstand ist damit sehr unterschiedlich.

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Ich denke in politischen Fragen kommt da noch etwas anderes hinzu. Es geht eben auch um verschiedene Zielvorstellungen. Deswegen kann man endlos diskutieren und kommt trotzdem nicht auf einen gemeinsamen Nenner. Eine Stark vereinfachte Analogie - 2 Menschen sind gemeinsam in einem Auto in Frankfurt - der eine will nach Hamburg, der andere nach München. Das Benzin reicht nur für eine einfache Fahrt. Was "richtig" für den einen ist, ist falsch für den anderen. Wie sollen die auf einen gemeinsamen Nenner kommen? Politik ist eben nicht Mathemtik, wo es nur "richtig" und "falsch" gibt.
 
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