Ein wenig.
Kommt wohl daher, dass ich mich sehr oft mit dem Thema auseinandersetzen muß. Es ist schlimm, wie immer alles runtergeredet wird, was neue Möglichkeiten schafft. Gerne wird von von irgendwelchen Kultur-Urgesteinen alles Neue runtergeredet. Dabei wird gerne vergessen, dass es auch total beschissene Theaterstücke gab. Selbiges mit dem Film. Sobald ein Massenmarkt erschlossen wird, kommt ein Laster mit einer Wagenladung Geröll und kippt diesen in den Markt hinein. Wer sich dann nicht wirklich damit auseinandersetzt, wird natürlich nur das Geröll und nicht die Perlen bemerken. Schön sieht man das in der Berichterstattung und der außerordentlich Präsenz von Shootern. Der durchschnitts-Nichtzocker bekommt den Eindruck, als ob an allen Ecken nur geschlachtet und geballert werden würde. Das ist als ob die Berichterstattung über neue Filme sich auf Kriegs- und Actionfilme reduzieren würde.
Die Generation ab Ende 80 Anfang 90 stellt sich die Frage schon gar nicht mehr, ob digitale Spiele Kulturgut sind oder nicht. Es ist einfach so. Ein Teil ihres Lebens eben.
Man kann diverse Argumentationsketten auf fast jede technische Neuerung übertragen, die auch einen kulturellen Einfluß mit sich brachte. So z.B. auch das Telefon. Ein Brief ist ja viel toller. Man kann besser formulieren und hat länger Zeit, sich über das Gesagte Gedanken zu machen. Nur ist das immer sinnvoll? Genauso ist es effektiver, sich ein sehr komplexes Thema über ein Fachbuch anzueignen, als sich Dokumentationen zu Gemüte zu führen. Geschriebenes Wort transportiert oft schneller mehr Informationen, als z.B. ein Film. Sicherlich kann man das nicht pauschalisieren, aber was ich generell damit sagen möchte, dürfte rauszulesen sein:
Der Inhalt definiert das zu benutzende Medium, nicht andersrum. Das zäumt das Pferd von hinten auf. Außer man nimmt sich vor "Wir produzieren nun für Medium X, was können wir als Thema nehmen, um dieses Medium am besten auszunutzen?".
Digitale Spiele bieten etwas, dass Film und Theater (um mal bei den Beispielen zu bleiben) nur rudimentär bieten können: Interaktion. Ich denke, dass sich gerade in diesem Bereich noch sehr viel tun kann. Und es gibt auch verschiedene Herangehensweisen und überschnitte der Medien. Spiele wie z.B. Mass Effect und Call of Duty 4 orientieren sich eher an einer klassischen Inszenierung und erinnern an einen gut inszenierten Film. Spiele wie Morrowind und Star Wars Galaxies orientieren sich eher an Freiheit und Selbstinszenierung der Spielwelt.
Man darf auch nicht vergessen, dass digitale Spiele vergleichsweise sehr jung sind und auf einmal explosiv verbreitet wurden. Hier ist noch wenig definiert und viel Raum für Innovationen, vor allem bei der aktuellen Geschwindigkeit der technischen Entwicklung. Man überlege, was hochqualitative 3D-Animation auf einmal für Möglichkeiten für den Film eröffnet hat.
Weiterhin muss man überlegen, wo man die Bewertungskriterien ansetzt. Digitale Spiele werden bisher als reine Unterhaltung über einen Kamm geschert. Würde man sämtliche Filme und Theaterstücke nur nach dem Unterhaltungswert beurteilen, würden einige sehr tiefgründige Klassiker ziemlich mies davonkommen. Ich bin der Ansicht, dass digitale Spiele in den nächsten 10 Jahren enorm an Reife gewinnen werden, da der Altersdurchschnitt der Spielerschaft mit jedem Jahr ansteigt, somit wird langsam ein ganz neues Marktsegment geschaffen. Und damit meine ich nicht Casual Games für die Mittagspause, sondern die Möglichkeit, durchaus Spiele mit einer tiefgreifender Thematik als "Gewinne den Krieg" auf dem Markt platzieren zu können. In diesem Zuge wird auch die kulturelle Akzeptanz langsam wachsen, da man das Medium nicht mehr auf "triviale Freizeitbeschäftigung" als Totschlagargument reduzieren kann.